Die Doppelgängerin
mit raschem Griff in sein unglaubliches Gedächtnis Klößchens
Fehler sofort berichtigen konnte. „Die blaue Mauritius stammt aus dem Jahre
1847, wurde im Werte von zwei englischen Pence gedruckt und stellt eine der
größten philatelistischen Kostbarkeiten dar. Sie kostet viel mehr als 400 000.
Bei unseren beiden Marken handelt es sich um nicht ganz so seltene Exemplare.
Sind aber teuer genug. Was mich riesig freut für Inges Familie.“
„Du bleibst also dabei“, wandte Tarzan
sich an das Mädchen: „Erst wenn wir die Marken haben, weihst du deine Eltern
ein.“
Inge nickte. „Es ist besser. Ich kenne
sie. Da gäbe es hundert Wenn und Aber!“
Tarzan griff zu dem Käsebrot, von dem
er erst eine Hälfte gegessen hatte, kaute, striegelte mit der anderen Hand durch
seine dunklen Locken und dachte offensichtlich nach.
„Jemand von uns muß sich einmieten in
die Pension“, sagte er, „muß versuchen, Zimmer 17 zu bekommen. Gelingt das, so
ist alles gelaufen. Dann entdecken wir den Schatz, oder wir haben Pech gehabt.“
„Und wer macht’s?“ fragte Gaby.
„Ich würde es gern übernehmen“, sagte
Tarzan. „Aber als Internatsschüler kriege ich allenfalls zum Wochenende Urlaub
— wenn ich hier bei Karl übernachten wollte oder bei Willis Eltern. Soviel Zeit
haben wir aber nicht. Sonst kommt uns Edwin zuvor.“
„Ich... gehe in die Pension“, sagte
Inge. Sie war blaß. Man sah, daß ihr der Gedanke Herzklopfen machte. „Aber...
ganz allein traue ich mich nicht.“
„Selbstverständlich begleite ich dich!“
erklärte Tarzan. „Als dein Freund, dein Bruder, Cousin oder... was weiß ich,
was wir der Lydia Waberina erzählen. Sobald du gut untergebracht bist, sehe ich
mir das Bad an. Dann weiß ich, was für Werkzeug wir brauchen. Ich zische ab.
Spätabends türme ich aus dem Internat. Ich kreuze bei dir auf, Inge, und du
läßt mich heimlich rein. Ich hebe den Briefmarkenschatz.“
„Vergiß nicht!“ rief Klößchen. „Wir
haben keine Strickleiter mehr. Und um eine neue zu besorgen, ist es heute zu
spät.“
„Wozu brauche ich eine Strickleiter“,
sagte Tarzan. „Mein Nylonseil habe ich noch. Glaubst du, ich hätte das Klettern
verlernt?“
„Hm! Bestimmt nicht. Aber dann kann ich
leider nicht mit“, stellte Klößchen fest. „Vielleicht ist das sogar besser.
Wenn wir zu zahlreich zu nächtlicher Stunde die Pension heimsuchen, könnte es
auffallen.“
„Noch etwas!“ sagte Tarzan. „Das
Einmieten ist nicht umsonst. Wir brauchen Geld für wenigstens eine
Übernachtung.“
Was vom Sparbuch abzuheben, war
unmöglich. Post und Bank hatten längst geschlossen.
Inge besaß keinen Pfennig, hatte auch
das Portemonnaie ihrer Mutter — samt Einkauf — schon zu Hause abgeliefert.
Tarzan hatte sein letztes Geld für den Superklebstoff ausgegeben, und auch
Klößchen bedauerte. Er hatte nur leeres Schokoladenpapier in der Tasche.
„Macht doch nichts“, sagte Karl. „Fünfzig
Mark, Inge, kann ich dir leihen.“
„Ich habe noch zwanzig“, stellte Bärbel
fest, nachdem sie ihren Geldbeutel überprüft hatte. „Das reicht bestimmt. Die
Pension Waberina ist ja schließlich kein Grandhotel.“
„Was werden deine Eltern sagen“, wandte
Tarzan sich an Inge, „wenn du bis spät in die Nacht — oder vielleicht sogar die
ganze Nacht wegbleibst?“
„Himmel!“ Inge legte eine Hand an den
Mund. „Daran habe ich noch gar nicht gedacht.“
„Wir schwindeln!“ wußte Bärbel Rat. „Du
schläfst eben mal wieder bei mir.“
Das war die beste Lösung.
Tarzan sah auf seine Armbanduhr. Dann
entwarf er den Schlachtplan.
„Bärbel, du begleitest Inge heim. Das
sieht dann glaubwürdiger aus. Inge, du packst eine Reisetasche oder was
ähnliches. Ist ja logisch, da du bei Bärbel übernachtest. Wir andern peilen die
Lage in der Bleibetreu-Straße. Um spätestens Viertel vor acht treffen wir uns
dort. Aber nicht vor der Pension, sondern hinter der Eisenbahnbrücke. Klar?“
Inge nickte. Sie war richtig aufgeregt.
„Soll... ich mich umziehen? Vielleicht
macht es einen guten Eindruck, wenn ich ein bißchen geleckt aussehe.“
Tarzan nickte. „Kann nicht schaden.
Aber ich muß in meiner Kluft bleiben. Na ja! es ist ja nicht so, als gehen wir
in die Oper.“
Er trug Jeans, Turnschuhe und einen
roten Pulli mit mächtigem T drauf.
„Leider gibt es schon viele“, sagte
Gaby, „die so gekleidet in die Oper gehen. Oder ins Konzert. Oder ins
Schauspielhaus. Gut finde ich das nicht. Die Typen
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