Die Dornen der Rose (German Edition)
Innenhofes waren voller Blumen. Jemand, vielleicht auch mehrere dieser Frauen, hatte sie immer wieder gegossen.
Sie hatte immer gedacht, es würde einen Festzug zur Kirche und einen seidenen Baldachin über ihrem Kopf geben. Dass hinterher alle tanzen, viel essen und angeheitert vom Wein sein würden. Und dass sie ein viel hübscheres Kleid tragen würde. Der Priester hielt nicht die ganze Heilige Messe ab, sondern sprach nur den Segen mit Brot und Wein, als müssten sie sich, wie auf einem Schlachtfeld, auf das Notwendigste beschränken.
Wenn der Tod die Klauen nach einem ausstreckte und kurz davor stand, einen am Schlafittchen zu packen, erkannte man erst, was wirklich wichtig und notwendig war. Marguerite de Fleurignac konnte Guillaume tatsächlich heiraten. Sie würde sich dafür entscheiden. Das ist es, was ich will.
Die Frauen am Trog schauten immer wieder auf und warfen ihnen kurze Blicke zu. Sie wollten sich hinsichtlich der Zeremonie, die auf der anderen Seite des Kreuzgangs abgehalten wurde, keine Neugier anmerken lassen, doch hinterher würde man wahrscheinlich in aller Ausgiebigkeit darüber reden.
Guillaume stand ruhig und ernst neben ihr. Im grellen Sonnenlicht trat seine hünenhafte, große Gestalt noch stärker hervor. Die Narbe sei nicht echt, hatte er gesagt, doch sie schien ein Teil von ihm zu sein. Sie würde sie vermissen. Sie hatte ihn nie ohne diese Narbe gesehen. Sie war ein Teil von ihm, wie die Furche, mit der ein Blitz einen Baum zeichnete, ihn dadurch aber zu nichts Geringerem machte. Eines Tages würde sie ihn ohne diese Narbe sehen, und er würde jemand ganz anderes sein. Noch eine weitere Facette von Guillaume, die sie kennenlernen würde.
Sie kniete sich hin, um das kleine Stückchen Brot aus den Händen des Priesters anzunehmen. Guillaume tat das Gleiche, und darauf die Marquise und die Nonne, die vortraten.
Der Wein war eine sehr saure Angelegenheit. Das billige Glas war in seiner Schlichtheit fast schon wieder elegant. Es war ihre Hochzeit, also verteilte der Priester neben Brot auch Wein. Nachdem sie und Guillaume getrunken hatten, wischte der Priester den Rand des Glases mit einem weißen Tuch ab und leerte den Rest gewissenhaft auf einen Zug, obwohl er das Gesicht dabei verzog. Seine Ärmel waren ganz ausgefranst. Er war schon so lange im Gefängnis, dass er mittlerweile zerlumpt aussah.
Vater Jérôme setzte das Glas ab und legte das zusammengefaltete Tuch darüber. »Wieder eine Messe, die verbotenerweise in Paris abgehalten wurde. Ich spucke Robespierre gern ins Gesicht. Wir könnten jeden Moment unterbrochen werden, deshalb erspare ich euch meine Ansprache über den heiligen Bund der Ehe. Sie ist ein wenig langweilig.«
Er öffnete sein Brevier, sodass Guillaume einen goldenen Ring auf die geöffneten Seiten legen konnte.
»Kommen wir jetzt zur Trauung. Guillaume, vis accípere Marguerite hic praeséntem in tuam …«
Guillaume unterbrach ihn.«William. Ich heiße William Doyle Vaudreuil Markham.«
Das ist sein richtiger Name; also wird unsere Ehe rechtskräftig sein. Wenn irgendjemand davon berichtet, spricht er sich damit selber sein Urteil. Er zögert nicht .
Vater Jérôme nickte. Nichts konnte ihn wirklich überraschen. »William, vis accípere Marguerite …«
Guillaume sagte: » Volo .« Ich will .
»Marguerite, nimmst du William …«
Jetzt war es an ihr zu entscheiden, zuzustimmen und damit seine Frau zu werden. Hinter ihr standen schweigend Adrian, die Nonne und Madame la Marquise de Barillon.
Ich sollte Guillaume in Unruhe versetzen … nur ein ganz kleines bisschen. Das hat er verdient .
Aber sie tat es nicht. » Volo .«
»… ihr in allen Dingen treu sein, wie ein Mann seiner Frau treu sein soll. So wie Gott es befiehlt?«
Guillaume antwortete voller Ernst, ohne den Blick vom Priester abzuwenden.
Er ist nicht das, was ich erwartet habe. Nicht das, wovon ich geträumt habe. In vielerlei Hinsicht ist er stärker als jeder Mann, den ich kenne.
Auf Versailles hatte sie mit den großen Männern Frankreichs gelebt; den brillanten, einflussreichen Männern, die die halbe Welt regierten. Männer mit Privilegien und alten Titeln, mit Witz und Verstand. Guillaume dagegen war der Krieger, der den Königssaal in schwarzer Rüstung betrat und den Fehdehandschuh hinwarf. Neben Guillaume wirkten die Männer des Hofes wie bösartige Kinder, die beim Spielen betrogen.
Er war ihr plötzlich fremd und fern, als er den Ring aus der Hand des Priesters nahm und
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