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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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wäre, dass sein Gesicht auch nur im Geringsten Aufschluss über seine Gedanken gab, hätte dieses Verhalten sie verletzt.
    Würde sie sich auf einem der höchsten Gipfel eines Gebirges befinden, wie es sie in der Schweiz gab, oder den hohen Ausläufern im Osten, wo die Erde in weiter Ferne lag, und sie hätte sich fallen lassen, würde sie das Gefühl haben zu schweben, während der Wind an ihr vorbeirauschte und es so schiene, als würde sie regungslos zwischen Himmel und Erde hängen. Die ganzen langen Minuten während des Falls würde sie glauben, dass der zerstörerische Aufschlag nicht unausweichlich wäre. Sie würde diese Hoffnung bis zum letzten Moment aufrechterhalten, wenn der Aufschlag ganz plötzlich erfolgte und alles zu Ende wäre.
    Das Zusammensein mit Guillaume war so ein Absturz gewesen, und jetzt schlug sie hart auf dem Boden auf. Nie wieder würde sie mit ihm durch die Normandie ziehen. Sie konnte nicht einmal mit ihm in Jeannes kleines Zimmer zurückkehren. Wo es zählte, hatten sie einander bereits Lebewohl gesagt. Sie stand vor der Tür und bemühte sich, nicht daran zu denken, was als Nächstes kam, bemühte sich um einen überlegten Rückzug. Der Nutzen der Philosophie war wahrlich sehr begrenzt.
    »Wir können natürlich auch noch eine Weile hier einfach so herumstehen«, sagte Guillaume. »Es ist ein schöner Tag.«
    »Noch eine Minute. Dann werde ich klopfen.« Ein Stein lag statt eines Herzens in ihrer Brust. »Wirst du meinen Vater bitten, dich zu bezahlen? Wir haben noch nicht ausführlich darüber gesprochen.«
    »Ich werde darauf bestehen.« Mit einem Mal wirkte er seltsam ausdruckslos, als wäre auch seine unerschöpfliche Erfindungsgabe an ihre Grenzen gestoßen. »Es würde merkwürdig aussehen, wenn ich es nicht täte.« Wieder verging eine Minute. »Ich habe dich nicht wegen des Geldes mitgenommen. Das weißt du.«
    »Ich weiß nichts über dich außer einer Menge Lügen.« Sie hatte kein Recht, verstimmt zu sein. Trotzdem gab sie dem Gefühl nach. »Jetzt wirst du auch der kleinen Unannehmlichkeit enthoben, mir dauernd Lügen erzählen zu müssen. Das wird dich freuen.«
    »Stimmt. So bin ich. Ich lache mir schon ins Fäustchen.«
    Seine Stimme würde sie doch nicht vergessen, oder? Als würden Mahlsteine übereinanderreiben. Kein anderer sprach so.
    »Es war schön. Mit dir zusammen zu sein.« Sie wählte jedes Wort sorgfältig. Ihr Intermezzo war vorbei. »Wenn alles anders wäre, würde ich …« Sie presste die Luft aus der Lunge und verstummte, weil es wirklich nichts mehr zu sagen gab. »Aber es ist nun mal so, wie es ist.«
    Er hatte immer noch den Ring, den er ihr abgenommen hatte. Den Ring ihrer Mutter. Sie hatte ihn nicht gebeten, ihn ihr zurückzugeben, und er hatte es auch nicht angeboten. War es falsch von ihr, ihm den Ring zu überlassen und zu glauben, er würde ihn wie einen Schatz bewahren?
    Sie würde sich vorstellen, dass er ihn behielt und ihn von Zeit zu Zeit hervorholte … um ihn zu betrachten … um ihn zu halten. Ihre Dummheit kannte wirklich keine Grenzen.
    »Lass uns das jetzt hinter uns bringen.« Er griff an ihr vorbei, hob die Hand und klopfte an die Tür … laut, hohl und endgültig.
    Ich habe von seinen Händen gekostet, habe mich in seiner Kraft geaalt. Er gehört mir . Das Herz verfügt über keinerlei Verstand.
    Janvier, der Kammerdiener ihres Vaters, war schon wach und öffnete ihnen die Tür. Er trug ein schwarzes Jackett, Kniebundhosen und ein schlichtes weißes Hemd. Keine Livree aus Samt und Seide mehr für die Dienstboten. Das Haus ihres Vaters zeigte eine Fassade revolutionärer Ideale.
    »Mademoi… Bürgerin. Aber …« Sein Mund stand offen. Er sah auf die Straße und ließ den Blick in alle Richtungen streifen. Aber er sah keine Kutsche. Keine Zofe. Keinen Lakaien, der Gepäck ausgeladen hätte. Sein Blick heftete sich auf Guillaumes Narbe. »Was ist passiert? Wo ist die Kutsche? Warum sind Sie so angezogen?«
    Es waren keine Soldaten hier gewesen, um sie festzunehmen. Der Verrat, dessen Auswirkungen in der ganzen Normandie zu spüren gewesen waren, hatte La Flèche in Paris nicht berührt. Und keiner hatte Kunde vom niedergebrannten Château überbracht.
    »Sie haben keine Nachricht geschickt, Mademoiselle. Wir dachten, Sie wären sicher in Voisemont.« Janvier trat zurück, während er das alles hervorsprudelte.
    »Ganz offensichtlich bin ich das nicht. Wo ist mein Vater?« Sie musste ihren Vater über mehrere schlechte

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