Die Dornen der Rose (German Edition)
Sie mag ihn nicht.«
Seite an Seite gingen sie weiter, und die Esel bildeten so etwas wie eine provisorische Nachhut. Eine Weile stellte der Junge keine Fragen. Nach zweihundert Schritten gab er nach. »Interessant, nicht wahr?«
»Ja, die Anzahl der Männer, die er umgebracht hat.« Für deine Neugier könnte ich dich durch halb Paris schleifen . »Hat was von einem Denker, der an Utopia glaubt, dieser Victor de Fleurignac, was heutzutage bedeutet, dass jedem, der anderer Meinung ist, der Kopf abgehackt wird. Ungefähr ein Dutzend bisher. Er dachte darüber nach, auch meinen Kopf rollen zu lassen. Er hätte es auch getan, hätte Maggie nicht direkt danebengestanden. Ein Mann, der mich auf finstere Weise und zu Recht verdächtigt.«
Er bog nach rechts in die Rue Riquier ein, hielt an und überprüfte die Riemen der Tragekörbe bei beiden Eseln. Wahrscheinlich wurden sie nicht verfolgt, doch das war in diesem Teil der Stadt schwer zu sagen.
Hawker stand wütend daneben. »Sie haben sie bei einem Cousin gelassen, der Menschen umbringt.«
»Nicht mit seinen lilienweißen Händen. Das läuft alles ganz sauber und legal ab. Auf Befehl des Komitees für Öffentliche Sicherheit.«
»Sie gehen einfach davon und lassen sie zurück, weil Sie glauben, ihr Vater könnte auftauchen.«
»Oder sie ihn aufspüren. Das eine oder das andere.« Er klopfte auf die Riemen und schnalzte den Eseln zu. »So was wie sie nennt man einen Lockvogel.«
»Und das tun Sie ihr an. Erst nehmen Sie sie mit nach oben und dann tun Sie ihr das an.« Stapf. Stapf. Oh, der Junge war richtig wütend. »Ich hab Sie beide riechen können, als Sie wieder nach unten gekommen sind. Wie zwei Straßenkatzen. Sie haben gegrinst und sie hat geschnurrt und sich gereckt.«
Es war ein schönes Gefühl gewesen, neben ihr herzulaufen und zu wissen, dass sie nach ihm roch. »Ich hoffe, dass ihr Cousin nicht deine umfangreiche Erfahrung besitzt. Was offensichtlich nicht der Fall ist, denn dann wäre ich längst auf dem Weg zur Kurzmacherin.«
»Schön. Sehr schön. Was ist mit den beiden hier?« Hawker knuffte einem der Esel den Ellbogen in den Bauch. »Die brauchen wir doch nicht mehr, oder? Warum verkaufen wir sie nicht auch? Die haben viel leckeres Fleisch auf den Knochen. Eselfrikassee.«
»Ich dachte, du hättest selbst Appetit darauf.«
»Man isst doch nicht seinen eigenen Esel. Und man benutzt die eigene Frau auch nicht als …« Hawker trat nach einem losen Stein im Pflaster. Er kullerte über die Straße und schlug gegen eine Mauer. »Lockvogel. Das ist eine dieser feinen Unterscheidungen, die Gentlemen machen.«
Eine Kutsche fuhr an ihnen vorbei. »Was den Geschmack betrifft, ist Maultierfleisch besser als Eselfleisch. Ich nehme dich in ein Bistro mit, wo du beides probieren kannst. Es gibt eins am linken Ufer der Seine.«
»Jetzt noch nicht, wenn es recht ist. Sie hätten eine Möglichkeit finden können, sie nicht dort zu lassen, wenn Sie gewollt hätten.«
»Ich habe viel Mühen auf mich genommen, sie genau da abzusetzen, wo sie jetzt ist.«
»Zum Teufel damit«, stieß Hawker zwischen zusammengebissenen weißen Zähnen hervor.
»Wenn sie mit ihrem Vater unter einer Decke steckt und die Ermordung von Offizieren plant, verdient sie, was sie bekommt. Und wenn nicht, ist sie trotzdem unsere einzige Verbindung, die zu ihm führt.« Es war helllichter Tag. Im Hauptquartier im Marais würden schon alle wach sein. »De Fleurignac weiß, wer sterben soll. Wenn ich ihn in die Finger bekomme, wird er es mir sagen. Jetzt hör zu. Du weißt, wo wir hier sind?«
»Da drüben ist Notre-Dame.« Hawker zeigte in die Richtung. »Das Hôtel de Fleurignac dort.« Augen, messerscharf wie Klingen, musterten ihn durchdringend. »Es hat Ihnen nicht gefallen, sie zurückzulassen.«
»Mir muss nicht alles gefallen, was ich tue.«
»Wann werden wir sie dort rausholen?«
»Wenn der richtige Moment gekommen ist. Ich werde mich jetzt in dieser Richtung entfernen – durch die Rue Cairel. Du wirst mich jetzt ein bisschen verfolgen und versuchen, mich nicht aus den Augen zu verlieren. Nur um es mal zu üben.« Mit speziellen Gesten seiner Hände und Finger gab er den gleichen Befehl. »Wenn wir voneinander getrennt werden, findest du mich am rechten Ufer der Seine, flussabwärts der Pont Neuf.«
Mit einer Handbewegung gab Hawker zu verstehen, dass er verstanden hatte.
Dann wollen wir doch mal sehen, ob wir dich abhängen können, Junge . Er ging mit den Eseln davon,
Weitere Kostenlose Bücher