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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Bett und blickte grübelnd zur Zimmerdecke empor. Nun, eines stand jedenfalls fest: An Lukes Küssen war nichts, das sie an Ralphs Küsse erinnerte. Als Luke sie auf den Hals geküßt und dann so an ihr herumgefingert hatte, da war eine Art widerstrebender - und entsetzter - Erregung in ihr gewesen. Aber Luke mit Ralph gleichzusetzen, das hatte wirklich keinen Sinn, und das beste wär’s, sie dachte nicht mehr an Ralph. Er konnte nicht ihr Mann werden, Luke konnte es. Als er sie das nächste Mal küßte, reagierte sie ganz anders. Sie waren auf einer wundervollen Party auf Rudna Hunish gewesen, so ziemlich das äußerste an Entfernung, was Bob den beiden zugestand, und Luke hatte schon während der Hinfahrt so vor guter Laune und lustigen Einfallen gesprüht, daß Meggie aus dem Lachen kaum herauskam. Auf der Party war er ihr gegenüber dann voll zärtlicher Herzlichkeit und Aufmerksamkeit. Und Miß Carmichael zeigte sich so fest entschlossen, ihn Meggie auszuspannen! Ganz ungeniert flirtete sie mit ihm, und wenn er keinen gesellschaftlichen Mißklang aufkommen lassen wollte, so blieb ihm gar nichts anderes übrig, als sie, der Form halber, zum Tanz aufzufordern. Nun, er tat es, tanzte mit ihr einen Langsamen Walzer. Anschließend kam er sofort zu Meggie zurück, sagte weiter kein Wort, rollte jedoch die Augen himmelwärts. Zu Tode hatte sie ihn gelangweilt, diese Miß Carmichael, sollte das unverkennbar heißen. Und Meggie liebte ihn dafür, denn sie konnte diese Lady nun einmal nicht ausstehen, seit jenem Tage nicht, an dem Miß Carmichael auf dem Showground in Gilly Pater Ralph und der kleinen Meggie so unversehens in die Quere gekommen war. Und nie hatte sie vergessen, wie Pater Ralph die Lady schlicht ignorierte, um ein kleines Mädchen über eine Pfütze hinwegzutragen.
    An diesem Abend nun bewies Luke, daß er offenbar aus dem gleichen, oder doch einem ganz ähnlichen Holz geschnitzt war. Oh, bravo! Luke, du bist großartig!
    Es war ein sehr langer Rückweg, und es war kalt. Dem alten Angus MacQueen hatte Luke noch Proviant abgeschwatzt: ein Paket Sandwiches und eine Flasche Champagner. Sie mochten etwa zwei Drittel der Strecke zurückgelegt haben, als Luke den Rolls zum Stehen brachte. Damals wie heute gehörten Autos mit Heizung zu den Ausnahmen, und der Rolls war zum Glück eine solche Ausnähme, besonders willkommen in dieser Nacht, wo der Boden fünf Zentimeter tief gefroren war.
    »Oh, ist es nicht schön, in einer solchen Nacht ohne Mantel sitzen zu können?« fragte Meggie mit einem Lächeln, während sie den kleinen Becher voll Champagner entgegennahm. Sie biß in ein Sandwich. »Ja, das ist es. Du siehst heute nacht so hübsch aus, Meghann.« Was war das nur mit ihrer Augenfarbe? Grau gefiel ihm sonst nicht besonders, irgendwie zu ausgebleicht, zu blutleer, hätte man fast sagen können. Aber diesmal wirkte das bei ihr ganz anders als sonst. Da schien ein Blau zu sein, in verschiedenen Abstufungen, auch ein tiefes Grün, selbst ein bräunliches Gelb. Wie sanfte, halbopake Edelsteine schimmerten ihre Augen, und die langen, gebogenen Wimpern glitzerten wie goldüberkrustet.
    Er streckte die Hand aus, fuhr mit der Kuppe eines Fingers sacht über die Wimperhärchen, betrachtete seine Fingerspitze sodann aufmerksam.
    »Aber Luke! Was ist denn?«
    »Ich wollte nur mal sehen, ob das etwa Goldpuder ist oder so was, das du dir da auf die Wimpern gemacht hast. Aber du bist das einzige Mädchen von allen, die ich je gekannt habe, das echtes Gold auf den Wimpern hat, weißt du?«
    »Oh!« Unwillkürlich tastete sie selbst nach ihren Wimpern, blickte dann auf ihren Finger, lachte. »Tatsächlich! Geht auch nicht ab.« Der Champagner prickelte ihr in der Nase, machte
    ihren Kopf wunderbar leicht. Sie fühlte sich herrlich.
    »Und echt goldene Augenbrauen, die so gewölbt sind wie Kirchendächer, und das schönste echt goldene Haar. Ich habe immer gemeint, es würde sich so hart anfühlen wie Metall, aber es ist so sanft und so fein wie bei einem Baby. Und sogar deine Haut schimmert so, als ob du Goldpulver drauftun würdest. Und den schönsten Mund hast du, direkt zum Küssen gemacht ...« Sie starrte ihn nur an, die zart-roten oder eher zart-rötlichen Lippen leicht geöffnet. Er nahm ihr den leeren Becher aus der Hand. »Ich glaube, du brauchst noch ein bißchen Champagner«, sagte er und füllte nach.
    »So eine kleine Pause unterwegs, das ist wirklich hübsch, Luke. Und wie gut, daß du dir von Mr. MacQueen

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