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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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noch so sehr zetern. Aber es wird das beste sein, wenn Sie dann in der Cottage sind - und gebührlich bekleidet, wenn ich mal so sagen darf. Könnte ja sein, daß mich meine Frau begleitet.«
    Die sogenannte Cottage bestand aus drei Zimmern und hatte einen eigenen Strandabschnitt: weißer Sand zwischen zwei zangenartigen Ausläufern des Hügels, die ein Stück ins Meer hineinragten. Hier endete auch die Straße. Das Innere der Cottage war einfach, doch komfortabel ausgestattet. Es gab elektrischen Strom und mithin auch elektrisches Licht sowie ein Telefon und sogar ein Radio. Die Toilettenspülung funktionierte, in die Badewanne strömte frisches Wasser, und soviel Luxus kannte man weder auf Drogheda noch auf »Himmelhoch«, wie Meggie nicht ohne Belustigung überlegte. Ja, gar kein Zweifel: Die Gäste aus Sydney oder Melbourne, die hier ihren Urlaub verbrachten, waren die zivilisatorischen Errungenschaften so gewohnt, daß sie auf sie einfach nicht verzichten konnten. Während Rob Walter zu seiner mißtrauischen Frau zurückfuhr, packte Meggie ihre Koffer aus und sah sich in der Cottage um. Eines stand fest: Das große Doppelbett war wesentlich bequemer als jene eher sonderbare Liege, auf der Luke und sie die Hochzeitsnacht nachgeholt hatten. Nun ja - die Gäste in dem sogenannten Hotel in Dunny waren meist viel zu betrunken, um sich etwa über miserable Matratzen zu beklagen, während die Gäste hier ein echtes Flitterwochen-Paradies verlangten. Im Kühl- wie auch im Küchenschrank fand sich ein ausreichender Lebensmittelvorrat, und auf einem Tisch stand ein großer Korb mit Bananen, Ananas, Mango und der sogenannten Eßbaren Passionsblume. Nein, es gab wohl keinen Grund, warum sie hier nicht gut essen und gut schlafen sollte.
    Und nur dies schien sie in der ersten Woche auch zu tun: essen und schlafen. Daß sie so erschöpft war, hatte sie wirklich nicht geahnt, und ebensowenig war ihr bewußt gewesen, daß ihre ständige Appetitlosigkeit das Klima in Dungloe zur Ursache hatte. Kaum daß sie sich in dem wunderbaren Bett ausstreckte, schlief sie auch schon ein und wachte erst nach zehn oder zwölf Stunden wieder auf. Was ihren Appetit anging: Seit Drogheda hatte sie nicht mehr so gern und so viel gegessen. Die Mangopflaumen nahm sie sogar ins Wasser mit, das - von der Badewanne einmal abgesehen - auch der geeignetste Platz dafür war, denn die Früchte schienen aus nichts zu bestehen als aus Saft. Da ihr winziger Strandabschnitt unmittelbar an der Lagune lag, war das Wasser hier sehr flach und sehr ruhig, was ihr nur recht war, denn sie konnte nicht schwimmen. Doch sie versuchte es, probeweise. Das stark salzhaltige Wasser trug sehr gut, und als sie es schaffte, zehn Sekunden oben zu bleiben, fühlte sie sich sehr glücklich. Das Empfinden, aller Erdenschwere enthoben zu sein, war einfach herrlich, und sie wünschte sich, es den Fischen nachtun zu können.
    Und das Alleinsein war dann sogar eine herrliche Sache. Wie sehr hatte Anne doch recht gehabt! Nie in ihrem Leben war
    Meggie allein gewesen, immer hatte es in ihrer Nähe - unter demselben Dach, wenn man so wollte - irgend jemanden gegeben. Und jetzt? Es war alles so überaus friedvoll. Einsam, nein, einsam fühlte sie sich überhaupt nicht. Sie vermißte weder Anne noch Luddie, und auch Justine und Luke fehlten ihr nicht. Und zum ersten Mal seit drei Jahren empfand sie keine Sehnsucht nach Drogheda. Was Rob Walter anging, so störte er sie wirklich nicht in ihrer Ruhe. Jeweils bei Sonnenuntergang kam er mit seinem Auto gerade nahe genug, um das Winksignal, das sie ihm von der Veranda aus gab, als Nicht-Notzeichen zu erkennen. Dann wendete er sofort, während seine - erstaunlich hübsche - Frau die Flinte sozusagen in Bereitschaft hielt. Einmal telefonierte er Meggie an: Er fahre in seinem Glasbodenboot mit dem Pärchen, das hier noch eingemietet sei, aufs Meer hinaus - ob sie nicht Lust habe mitzukommen?
    Sie hatte Lust - und entdeckte bei der Fahrt dann einen völlig neuen Planeten. Durch das Glas spähte sie hinab in eine Welt, in der es vor Leben nur so zu wimmeln schien. Lebendige Korallen, so entdeckte sie, besaßen ganz und gar nicht jene üppigen Farbtöne, wie sie in Souvenirläden die Regel waren. Sie hatten ein zartes Rosa oder Beige oder Blaugrau, und um jede Ausbuchtung, um jede Verästelung schien es regenbogenfarben zu schillern. Mächtige Anemonen mit einem Durchmesser von nicht weniger als dreißig Zentimeter waren rötlich oder bläulich

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