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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Jahre alt gewesen war: laut und schrill. Und nur die Vögel und die Krabben hörten es, niemand sonst.
    Anne Müller hatte Matlock Island sehr bewußt als Urlaubsziel für Meggie gewählt. Ihre Absicht war es, auch Luke hinzuschicken, sobald es irgend ging. Nach Meggies Abreise sandte sie ihm sofort ein Telegramm: Seine Frau brauche ihn ganz, ganz dringend, bitte umgehend zu kommen. An sich entsprach es keineswegs ihrer Art, in das Leben anderer Menschen einzugreifen, doch sie liebte und bemitleidete Meggie, und außerdem hing sie sehr an jenem kleinen Wesen, das unter so schwierigen Umständen zur Welt gekommen war. Justine mußte unbedingt ein richtiges Elternhaus haben, im doppelten Sinn des Wortes - sie brauchte ihre Eltern, also Meggie und Luke, und sie brauchte ein eigenes Zuhause. Zwei Tage später traf Luke ein. Er wollte ohnehin nach Sydney, zu den CSR, und da er also keinen großen Umweg in Kauf nehmen mußte, konnte er ja mal bei den Müllers vorbeischauen und nach Frau und Kind sehen. Wurde auch langsam Zeit, daß er mal einen Blick auf das Baby warf. Hätte es sich um einen Jungen gehandelt, wäre er längst schon mal gekommen, aber die Nachricht, daß es ein Mädchen war, hatte ihn doch enttäuscht. Wenn Meggie schon unbedingt Kinder haben wollte, dann sollte sie wenigstens welche zur Welt bringen, die eines Tages die Station bei Kynuna betreiben konnten. Mädchen waren ohne irgendeinen Nutzen. Es kostete nur einen Haufen Geld, sie großzuziehen, und wenn sie dann erwachsen waren, verließen sie das Vaterhaus, um für einen anderen zu arbeiten, während Jungen blieben und ihrem Vater im Alter zur Seite standen.
    »Wie geht’s Meg?« fragte er, als er die Treppe zur Vorderveranda heraufkam. »Nicht krank geworden, hoffe ich.« Anne maß ihn mit einem scharfen Blick. »Nein, sie ist nicht krank. Ich erzähle Ihnen gleich. Aber jetzt kommen Sie erst einmal und sehen Sie sich Ihr bildhübsches Töchterchen an.« Er betrachtete das Baby interessiert, zeigte jedoch nicht die geringste persönliche Regung, wie Anne fand.
    »Sie hat die merkwürdigsten Augen, die ich je gesehen habe«, sagte er. »Möchte nur mal wissen, von wem sie die hat.« »Meggie hat mir erzählt, daß es, soweit sie weiß, in ihrer Familie solche Augen noch nicht gegeben hat.«
    »Na, in meiner auch nicht. Scheint eher so etwas wie ein spätes Erbe zu sein, dieses komische kleine Ding. Sehr glücklich sieht sie jedenfalls nicht aus, oder?«
    »Wie kann sie denn glücklich aussehen?« fauchte Anne ihn an. »Ihr Vater kümmert sich nicht um sie, und sie hat kein richtiges Elternhaus und wird auch keines haben, bis sie erwachsen ist - falls Sie so weitermachen wie bisher!«
    »Ich muß noch Geld sparen, Anne!« protestierte er. »Unfug! Ich weiß, wieviel Geld Sie haben. Im übrigen schicken mir Freunde aus Charters Towers hin und wieder die dortige Lokalzeitung, und aus den Anzeigen darin habe ich mich über die Angebote an Grundbesitz informieren können, der weit günstiger als das Gebiet bei Kynuna liegt und zudem wesentlich fruchtbarere Böden hat. Wem, Luke, wollen Sie da also etwas weismachen? Wir haben eine Depression, und Sie könnten sich eine wahre Perle von Besitz aussuchen und ihn für weit weniger bekommen, als Sie auf der Bank haben. Und
    das wissen Sie auch!«
    »Aber das ist es ja gerade! Wir haben eine Depression, und von Junee bis zur Isa herrscht eine furchtbare Dürre, jetzt schon im zweiten Jahr. Nirgends auch nur ein Tropfen Regen. Ich möchte wetten, daß das inzwischen auch auf Drogheda böse zu spüren ist. Wie sieht’s dann erst um Winton und Blackall aus. Nein, ich glaube, es ist das beste, wenn ich noch warte.«
    »Worauf denn warten!? Daß der Preis für Land in einem Regenjahr wieder in die Höhe schnellt? Nun hören Sie aber auf, Luke! Jetzt müssen Sie kaufen! Mit den zweitausend Pfund, die Meggie pro Jahr sicher sind, können Sie zur Not eine zehnjährige Dürreperiode überstehen! Das Entscheidende dabei ist, daß Sie sich erst dann Vieh kaufen, wenn Regen kommt, und nicht etwa schon vorher - das ist der ganze Witz.«
    Er starrte seiner Tochter in die so fremdartigen hellen Augen. »Ich bin noch nicht bereit, das Zuckerrohr im Stich zu lassen«, sagte er fast trotzig.
    »Na, endlich sind wir der Wahrheit auf der Spur, Luke. Sie möchten nicht verheiratet sein, das ist es doch. Sie möchten lieber so leben, wie Sie jetzt leben, unter Männern, in spartanischer Einfachheit, sich halb zu Tode rackernd. Es

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