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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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auf die pazifische Seite des Großen Barriereriffs. Was Matlock betrifft
    - also die Insel liegt mit der einen Seite offen zum Ozean hin, und da rollt vom Pazifik her Brecher auf Brecher herbei und kracht Matlock wie ein Expreßzug in die Flanke. Das ist ein Lärm, daß man nicht mal sein eigenes Wort hören kann. Über hundert Meilen kommt so ein Riesending von Welle herangerollt, können Sie sich das vorstellen? Darauf müßte man mal mitreiten können.« Er seufzte sehnsüchtig. »Wir erreichen Matlock noch vor Sonnenuntergang, Madam.«
    Genauso war es dann auch. Etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang kämpfte sich das kleine Schiff durch die Brandung an der Ostseite der Insel voran, die wie eine himmelhoch stiebende Wand gegen die Küste peitschte, und die Schiffsmaschine arbeitete sich nur mit Mühe durch den entstehenden Rückstau vorwärts. Endlich konnte man an der Anlegestelle beidrehen. Es handelte sich um eine Art Außenpier, einen etwa achthundert Meter langen Steg auf eher schmächtigen Pfählen, der weit über ein wegen der herrschenden Ebbe frei liegendes Riff hinwegreichte. Meggie blickte zur Küstenlinie, deren hoher, zerklüfteter Verlauf sich mit Meggies Vorstellung von tropischer Pracht gar nicht vereinbaren wollte.
    An der Anlegestelle wartete ein älterer Mann auf sie. Er half ihr vom Schiff und ließ sich von einem Matrosen ihre Koffer geben. »Guten Tag, Mrs. O’Neill«, begrüßte er sie. »Ich bin Rob Walter. Hoffentlich kann Ihr Gatte später noch nachkommen. Um diese Jahreszeit findet man auf Matlock nicht allzuviel Gesellschaft. Das ist hier eher was für einen
    Urlaub im Winter.«
    Seite an Seite gingen sie den Steg entlang, der unter ihren Schritten zu schwanken schien. Wie geschmolzenes Metall lag die freiliegende Korallenbank im Schein der untergehenden Sonne, und über dem Meer, furchterregend und faszinierend zugleich, wirbelte und schäumte der scharlachrote, der blutrote Gischt. »Sie haben Glück, daß Ebbe ist«, sagte Rob Walter, »sonst hätten Sie eine etwas rauhere Reise gehabt. Sehen Sie den Dunst dort im Osten? Das ist der Rand des Großen Barriereriffs. Wir hier auf Matlock krallen uns sozusagen mit Klauen und Nägeln ein - Sie werden noch spüren, wie die Insel ununterbrochen unter dem Anprall der Brecher zittert.« Er half ihr in ein Auto. »Dies hier ist die Luvseite von Matlock - sieht ziemlich wild und abschreckend aus, wie? Aber warten Sie mal, bis Sie die Leeseite sehen, ah! Das ist wirklich etwas, das sich lohnt.«
    In zügigem Tempo fuhren sie die schmale Straße entlang, die eine Art Schotterbelag aus Korallenstücken hatte. Zwischen Palmen und dichtem Unterholz fuhren sie etwa sechs bis sieben Kilometer. Auf der einen Seite erhob sich ein hoher Hügel, und dann ... »Oh, wie schön, wie wunderschön!« sagte Meggie. Sie waren in eine andere Straße eingebogen, die zu den Sandstränden auf der Lagunenseite führte. Auch von hier aus konnte man weit draußen, wo sich der Ozean an den Rändern des Lagunenriffs wie an einem Gitterwerk brach, hochstiebenden weißen Gischt sehen. Doch innerhalb des Atolls, in der Lagune also, war das Wasser unglaublich still und ruhig - ein polierter Silberspiegel, hier und dort bronzefarben überhaucht.
    »Die Insel ist gut zwölf Kilometer lang und sechs bis sieben Kilometer breit«, sagte Rob Walter. Sie kamen an einem weißen Gebäude mit tiefer Veranda und großen, ladenähnlichen Fenstern vorbei. »Der General Store«, erklärte er in einer Art Besitzerstolz. »Hier wohne ich mit meiner Frau, und ich kann Ihnen nur sagen, sie ist nicht gerade glücklich darüber, daß eine einzelne Dame herkommt. Sie hat Angst, ich könnte verführt werden. Genau so hat sie’s genannt. Nur gut, daß die vom Reisebüro sagten, daß Sie Ihre absolute Ruhe wollen. Es hat meine Frau ein bißchen beruhigt, als sie hörte, welche Cottage ich Ihnen gebe - die am weitesten entfernte natürlich. Denn da sind Sie völlig ungestört. Die anderen Gäste, ein Pärchen, wohnen ganz auf der entgegengesetzten Seite. Sie können also praktisch ohne einen Faden am Leibe herumhüpfen, niemand wird Sie sehen. Solange Sie hier sind, läßt mich meine Frau doch keine zwei Minuten aus den Augen. Falls Sie irgendwas brauchen - Telefonanruf genügt, schon bringe ich das Verlangte. Und einmal pro Tag, jeweils bei Sonnenuntergang, lasse ich mich sowieso bei Ihnen sehen. Um mich persönlich davon zu überzeugen, daß bei Ihnen alles in Ordnung ist - mag meine Frau auch

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