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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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genau das, was mir nottut. Aber sind Sie auch sicher, daß Ihnen Justine nicht zuviel Mühe machen wird?«
    »Aber nein, nur keine Sorge! Luddie hat sich alles genau überlegt. Vor Ihnen hat Anna Maria für mich gearbeitet, und ihre jüngere Schwester Annunziata möchte nach Townsville, als Kinderschwester. Doch sie wird erst im März sechzehn und schließt schon in wenigen Tagen ihre Schule ab. Solange Sie nicht hier sind, wird sie zu uns kommen. Sie ist eine ganz ausgezeichnete Pflegemutter, denn im Tesoriero-Clan gibt es einen Haufen Babys zu versorgen.« »Matlock-Insel. Wo ist das?«
    »Ganz in der Nähe der Whitsunday Passage auf dem Großen Barriereriff. Es ist dort sehr ruhig und sehr abgeschieden, hauptsächlich so ein Flitterwochen-Paradies, nehme ich an. Sie wissen schon - lauter Cottages an Stelle eines zentralen Hotels. Und so bleibt es Ihnen auch erspart, zum Dinner in einen überfüllten Speisesaal gehen oder zu einem Haufen von Leuten höflich sein zu müssen, mit denen Sie lieber kein Wort wechseln möchten. Um diese Jahreszeit ist dort ohnehin kaum jemand, wegen der Gefahr der Sommerzyklone. Die Feuchte ist kein Problem, aber niemand scheint im Sommer je zum Riff zu wollen. Wahrscheinlich liegt das daran, daß die meisten Leute, die sich das Riff als Ziel wählen, aus Sydney oder aus Melbourne kommen, und dort unten ist es im Sommer so schön, daß man gar nicht verreisen muß. Aber im Juni, Juli und August, da geht es dann los, für die Zeit haben die Südländer für drei Jahre im voraus gebucht.«

 
     
    13
     
     
     
    Am letzten Tag des Jahres 1937 fuhr Meggie mit dem Zug nach Townsville. Obwohl ihr Urlaub eben erst begonnen hatte, fühlte sie sich bereits viel besser. Endlich lag Dunny mit seinem ewigen Geruch von widerlich süßer Molasse hinter ihr.
    Townsville, der größte Ort in North Queensland, war eine blühende Stadt von mehreren tausend Einwohnern, die in »Pfahlhäusern« wohnten. Allerdings blieb Meggie zwischen der Ankunft des Zuges und der Abfahrt des Schiffes so wenig Zeit, daß sie sich dort nichts in Ruhe ansehen konnte. Sie bedauerte das jedoch nicht. Es war wohl das beste, wenn sie
    Hals über Kopf zum Hafen mußte, um ihr Schiff zu erreichen. So hatte sie kaum Gelegenheit, sich mit der Erinnerung an jene so furchtbare Seereise vor nunmehr sechzehn Jahren zu beschäftigen, als die Clearys von Neuseeland nach Australien gekommen waren. Nein, verlockend erschienen sie ihr nicht, die bevorstehenden sechsunddreißig Stunden auf einem Schiff, das zu allem auch noch kleiner war als die »Wahine« von damals. Doch ihre Befürchtungen erwiesen sich als grundlos. Schwerelos glitt das Schiff durch die ruhige See, und Meggie, durch die Bahnreise doch etwas ermüdet, legte sich schon frühzeitig in ihre Koje und schlief traumlos bis zum nächsten Morgen um sechs. Auf ihre Bitte brachte ihr der Steward eine Tasse Tee und einfaches süßes Biskuit. Später dann ging sie an Deck und erlebte ein anderes, neues Australien. Eigentümlich farblos wirkte der hohe, klare Himmel, während sich am östlichen Horizont eine zarte, beinahe perlenhafte Röte abzuzeichnen begann. Langsam schob sich der Sonnenball empor, und das zuerst schimmernde, dann glutende Rot wurde zur Tageshelle. Lautlos glitt das Schiff durch Wasser, das so durchsichtig war, daß man metertief hinabblicken konnte: auf purpurfarbene Grotten, auf blitzschnell dahinzuckende Fische. In der Ferne war das Meer ein flächiges Grünblau mit hineingetupften Flecken wie von dunklem Rotwein. Dort befanden sich, unterhalb der Wasseroberfläche, ausgedehnte Korallengebilde. Und überall rundum schienen, gleichsam aus dem Nichts heraus, Inseln mit palmenbewachsenen Stranden zu entstehen. Manche waren so flach, daß sie sich nur knapp aus dem Wasser hoben, auf anderen hingegen sah man Berge und eine dschungelartige Vegetation.
    »Die flachen sind die echten Koralleninseln«, erklärte ein Matrose. »Wenn sie ringförmig sind und eine Lagune umschließen, nennt man sie Atolle. Sonst spricht man ganz einfach von Korallenriff oder auch Cay. Die hügeligen Inseln sind eigentlich nur die Spitzen von Gebirgen, aber rundherum gibt’s auch Korallenriffe, und sie haben Lagunen.«
    »Wo liegt Matlock Island?« fragte Meggie.
    Er musterte sie neugierig. Daß eine Frau allein zu einer Flitterwochen-Insel wie Matlock wollte, reimte sich für ihn einfach nicht zusammen. »Also wir dampfen jetzt die Whitsunday Passage entlang, und dann geht’s hinaus

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