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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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ist immer Platz für Freunde.« »Ja«, erwiderte Anne. »Einmal jedes Jahr, Meggie, solange wir nur irgend können. Wir wollen Justine aufwachsen sehen.«
    Während der Zug in Richtung Ingham schnaufte, drohte Meggie immer wieder den Mut zu verlieren. Und immer wieder war es dieses eine, das sie aufrechthielt und gleichsam vorwärts trieb: der Gedanke an Ralphs Baby. Ihm zuliebe hätte sie tatsächlich mit dem Teufel paktiert, und wenn es also notwendig war, mit Luke zu schlafen, so nahm sie das wohl oder übel in Kauf.
    Dabei würde es nicht einmal leicht sein, das entsprechend zu arrangieren. Allerdings hatte sie ihre Pläne, die sonderbarerweise nicht zuletzt mit Luddies Hilfe zustande gekommen waren. Ohne direkt eingeweiht zu werden, schien er, klug und lebenserfahren wie er war, das meiste wenigstens im Kern erahnt zu haben. »Wenn Luke nach der Arbeit im Zuckerrohr völlig ausgepumpt ist, werden Sie ihm sicher nicht sagen wollen, daß Sie ihn verlassen«, erklärte er behutsam. »Da ist es doch viel besser, wenn Sie ihn in guter Stimmung antreffen, nicht wahr? Am besten suchen Sie ihn am Samstagabend oder am Sonntag auf, und zwar am Ende der Woche, in der er gerade der Koch vom Dienst gewesen ist. Es spricht sich ja so manches rum, und man erzählt sich, daß er der beste Koch in der ganzen Schnittergruppe sein soll - hat’s gelernt, als er bei den Schafscherern von der Pike auf anfing; na, und was das Essen angeht, sind die Scherer viel anspruchsvoller als die Schnitter. In anderen Worten, Meggie, so eine Woche Kochdienst ist für ihn wahrscheinlich ein Kinderspiel, die reine Erholung. Und danach, das dürfte dann der günstige Augenblick sein für alles, was Sie ihm sagen wollen.«
    »Könnten Sie«, sagte sie - und dachte: Herrgott, daß ich mich nicht einmal geniere, ihn das zu fragen! -, »könnten Sie vielleicht herausfinden, in welcher Woche er Kochdienst hat, Luddie?« »Nun, wenn’s weiter nichts ist«, sagte er vergnügt. »Da hab’ ich schon meine Horchposten.«
    Als sich Meggie im besten Gasthaus, das es in Ingham zu geben schien, ein Zimmer nahm, war es Samstagnachmittag. Rasch stellte sie ihren kleinen Koffer in den Raum und ging dann wieder zum schmucklosen Vestibül, um dort nach einem Telefon zu suchen. Im Gasthaus wohnte auch eine RugbyMannschaft, die - man befand sich noch in der Vorsaison - zu einem Freundschaftsspiel nach Ingham gekommen war, und so wimmelte es auf den Korridoren von halbnackten und volltrunkenen Spielern, die Meggies Erscheinen mit lauten Hallo-Rufen und vertraulichen Klapsen auf ihre Schultern und ihr Hinterteil begrüßten. Als sie das Telefon endlich erreichte, zitterte sie vor Angst: Alles an diesem Unternehmen schien zur harten Nervenprobe zu werden. Immerhin klappte bis jetzt alles ausgezeichnet. Bald war eine Verbindung zu Brauns hergestellt, jener Farmer, wo Lukes Gruppe im Augenblick Zuckerrohr schnitt. Sie bat, ihm mitzuteilen, daß seine Frau in Ingham sei und ihn gern sehen würde. Auf dem Rückweg zu ihrem Zimmer hatte sie einen Beschützer. Der Wirt hatte gesehen, wie sehr sie sich fürchtete, und begleitete sie buchstäblich bis zur Türschwelle.
    Erlöst und erschöpft zugleich, lehnte sie sich gegen die Wand. Wenn das so dort draußen war, würde sie wohl darauf verzichten müssen, zum Speiseraum zu gehen, selbst auf die Gefahr hin, daß sie erst wieder in Dungloe etwas zu essen bekam. Nur gut, wenigstens in einem Punkt gesichert zu sein. Das Zimmer, das ihr der Wirt gegeben hatte, lag unmittelbar neben der Damentoilette. Wie diese unausweichliche Geschichte hinter sich bringen? Alles in ihr schrie: Schnell, nur schnell! Nur auf eines kam es jetzt an. Daß sie ihr Ziel erreichte. Und deshalb mußte sie die richtige, die einzig richtige Einstellung dazu besitzen. Sie mußte bereit sein, die Verführerin zu spielen. Nur: Was wußte sie schon von Verführung, von der Kunst der Verführung? In einigen Büchern in Luddies Bibliothek hatte sie andeutungsweise Beschreibungen darüber gelesen, aber das war auch alles.
    Langsam ging sie zu ihrem Bett, entkleidete sich in der schwülen, wie zuckersüßen Luft, streckte sich dann lang aus, versuchte, an nichts zu denken als an Ralphs Baby und die Sicherheit, die sie für dieses Kind erstrebte.
    Abends um neun betrat Luke das Gasthaus. Die RugbySpieler störten ihn nicht. Sofern sie sich überhaupt noch auf den Beinen halten konnten, sahen sie nichts weiter als ihre Biergläser, und auch die nur äußerst

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