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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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befohlen.
    »Himmel, dieses Warten bringt mich um«, seufzte Bob.
    Plötzlich rief Patsy laut: »Und mich bringt die Stille um!«
    »Ja, verdammt noch mal, Ruhe!« fluchte der Hauptmann flüsternd.
    »Welcher Idiot schreit denn da so?«
    »Patsy«, erwiderte ein halbes Dutzend Stimmen.
    Gelächter brandete auf, flutete über die Minenfelder dahin und erstarb unter den gezischten Flüchen des Hauptmanns. Sergeant Malloy warf einen Blick auf seine Armbanduhr. In eben diesem Augenblick zeigte sie 21.40.
    Mit einem Schlag setzte jetzt die Artillerievorbereitung für den Angriff von Panzern und Infanterie ein. Auf einer Frontbreite von sechzig Kilometern feuerten rund anderthalbtausend britische Geschütze und Werfer, darunter über ein Drittel von großem Kaliber. Himmel und Erde schienen zu schwanken, aufzuklaffen - und kamen nicht mehr zur Ruhe, denn ununterbrochen hielt der Beschuß an. Der Lärm war so ungeheuer, daß er nicht nur das Trommelfell, sondern sogar das Gehirn zu zerfetzen schien. Sich die Finger in die Ohren zu stecken, hatte kaum Sinn, weil sich das gewaltige Dröhnen auch durch den Erdboden fortpflanzte und dann weiter durch den Körper der Männer - durch die Knochen direkt ins Gehirn, wie es schien. Welche Wirkung der geballte Feuerüberfall auf Rommels Leute hatte, konnten die Männer der Neunten in ihren Gräben nur ahnen. Normalerweise ließen sich die Geschütztypen nach dem Hall beim Abschuß recht deutlich voneinander unterscheiden. Diesmal jedoch klang es aus ihren eisernen Kehlen wie ein einziges gigantisches Gebrüll.
    Die Wüste schien taghell zu sein und mehr als das: unmittelbar eingetaucht in den Glutball der Sonne selbst. Sand wirbelte Hunderte von Metern in die Höhe, riesige graue Wolken, grell zuckten explodierende Geschosse und Minen auf, die hervorschießenden Flammen der einschlagenden und detonierenden Granaten entzündeten die Sprengladungen in
    den Minen.
    Sämtliche Geschütze und Werfer, über die Montgomery verfügte, waren auf den deutschen Minengürtel gerichtet, und die schwitzenden Bedienungsmannschaften luden und schossen und luden und Schossen und luden und schossen in einem Rhythmus, der von Minute zu Minute schneller zu werden schien. Die Männer an den Kanonen schienen einen rituellen Tanz aufzuführen, immer wilder, immer besessener, und dennoch von alleräußerster Präzision. Es war wunderbar, es war unvergleichlich - jener Höhepunkt im Leben eines Artilleristen, den er später in der Erinnerung wie auch im Traum auskostete und nach dem er sich zurücksehnte: jene fünfzehn Minuten mit Montgomerys Geschützen. Stille, absolute Stille. Wie in dumpfen Brandungswogen schien sie auf wunde Trommelfelle zu treffen, Stille, die wirklich kaum zu ertragen war. Die Zeit: genau fünf Minuten vor zehn. Die Männer von der Neunten stiegen aus ihren Gräben und bewegten sich voran ins Niemandsland. Bajonette wurden aufgepflanzt, und noch einmal überprüfte man alles, was einem wichtig schien: die Feldflasche, die eisernen Rationen, die Armbanduhren, die Stahlhelme, ob man die Stiefel ordentlich geschnürt, ob man die Gewehre gesichert hatte. Bei der Feuersglut an vielen Stellen konnte man alles recht deutlich erkennen. Dennoch waren die Männer im Augenblick für den Gegner unsichtbar. Zwischen der britischen und der deutschen Seite hing ein riesiger Staubvorhang. Unmittelbar am Rand des Minengürtels blieben die Männer stehen, warteten.
    Zehn Uhr, auf den Punkt. Sergeant Malloy steckte seine Trillerpfeife zwischen die Lippen. Schrill erklang das Signal. Der Hauptmann gab den Befehl zum Vorrücken. Auf einer Frontbreite von drei Kilometern drangen die Männer der Neunten in die Minenfelder vor. Gleichzeitig begannen hinter ihnen wieder die Geschütze zu feuern, Gebrüll, das gleichsam über sie hinwegjagte. Sie konnten das vor ihnen liegende
    Gelände so deutlich sehen wie am hellen Tag. Die Haubitzen, die auf die kürzeste Entfernung eingestellt waren, ließen ihre Geschosse im knappsten denkbaren Abstand vor den vorrückenden Soldaten einschlagen, und alle drei Minuten wurde dieser Riegel weitere hundert Meter nach vorn verlegt - die Methode der Feuerwalze, wie man sie bereits im Ersten Weltkrieg angewandt hatte. Die Männer rückten vor, alle drei Minuten hundert Meter, und hofften inbrünstig, daß die Geschosse aus Montgomerys Geschützen im vor ihnen liegenden Geländestreifen höchstens noch Panzerminen übriggelassen hatten, jedoch keine Schützenminen, die einen

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