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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Truppentransporters oder im Ruhelager. Doch sooft man sie auch fragte, wie das mit den eigentlichen Kampfhandlungen gewesen war, bei Gasala und Benghasi und Tobruk und El Alamein, man erhielt immer nur vage, ausweichende Antworten. Nach Kriegsende machten die Frauen diese Erfahrung immer wieder. Männer, die wirklich an Schlachten teilgenommen und härteste Kämpfe miterlebt hatten, sprachen nie darüber, und es fiel ihnen auch nicht ein, sich den Clubs und Vereinen ehemaliger Soldaten anzuschließen. Sie wollten nichts mit Gruppen oder Institutionen zu tun haben, durch welche die Erinnerung an den Krieg verewigt wurde.
    Drogheda gab für sie eine Party. Alastair MacQueen war gleichfalls in der Neunten und jetzt auf Heimaturlaub, also wurde natürlich auch auf Rudna Hunish eine Party gegeben. Die beiden jüngsten Söhne von Dominic O’Rourke befanden sich bei der Sechsten auf Neuguinea. Obwohl sie also nicht anwesend sein konnten, ließ man es sich auf Dibban-Dibban nicht nehmen, ebenfalls eine Party zu geben. Auf jeder Station im Distrikt, wo man selber einen Sohn in Uniform hatte, wollte man die gesunde Rückkehr der drei »Neuner«-Jungens feiern. Frauen und Mädchen umdrängten sie, doch die beiden Cleary- Helden ergriffen nach Möglichkeit schleunigst die Flucht, erfaßt von einer Panik, wie sie sie im Krieg nie empfunden hatten.
    Es schien, daß sie mit Frauen überhaupt nichts weiter zu tun haben wollten. Eng schlossen sie sich an Bob, Jack und Hughie an, und mit ihnen saßen sie dann, wenn die Frauen zu Bett gegangen waren, bis spät in die Nacht zusammen. Am Tage ritten sie mit auf die versengten Koppeln von Drogheda, das nun bereits das siebte Dürrejahr erlebte, und waren froh, endlich wieder einmal »Zivilklamotten« zu tragen.
    Das knochentrockene, von der Glut der Sonne und dem Mangel an Regen gequälte und gemarterte Land, für sie besaß es dennoch eine unvergleichliche Schönheit. Die späten Rosen im Garten verbreiteten einen Duft, der dem Himmel zu entströmen schien. Tief, ganz tief mußten sie alles in sich aufnehmen, in sich hineintrinken, so daß sie nichts mehr davon würden vergessen können. Als sie das erste Mal von Drogheda fortgegangen waren, hatten sie keinen Gedanken daran verschwendet, was das eigentlich bedeutete. Jetzt wußten sie es, und sie nahmen jede noch so kleine und doch so kostbare Erinnerung mit, und dazu auch gepreßte Drogheda-Rosen und ein paar Halme vom spärlichen Drogheda-Gras. Fee gegenüber verhielten sie sich freundlich und aufmerksam, doch bei Meggie, Mrs. Smith, Minnie und Cat waren sie voll Wärme und Zartgefühl. In ihnen sahen sie ihre eigentlichen Mütter.
    Besonders glücklich war Meggie darüber, daß sie sich in Dane geradezu vernarrt zeigten. Stundenlang spielten sie mit ihm, nahmen ihn dann und wann auch ein Stück auf einem Ritt mit oder wälzten sich mit ihm auf dem Rasen. Vor Justine schienen sie irgendwie zurückzuscheuen, was ganz zu ihrer Reserviertheit in bezug auf alle weiblichen Wesen paßte, wenn man einmal von den altvertrauten auf Drogheda absah. Was Justine betraf, so war sie vor Eifersucht geradezu wild, weil die Zwillinge Dane so für sich beanspruchten und weil sie jetzt niemanden zum Spielen hatte. »Ist schon ein Pfundskerlchen«, sagte Jims eines Tages zu Meggie, als sie auf die Veranda kam. Er saß in einem Rohrsessel und beobachtete Patsy und Dane, die auf dem Rasen spielten. »Ja, er ist bildhübsch, nicht?« Sie lächelte und setzte sich in den freien Sessel neben ihrem Bruder. In ihren Augen war ein sehr weicher und teilnahmsvoller Ausdruck. Die Zwillinge waren auch Meggies Babys gewesen. »Was ist es, das euch beide bedrückt?« fragte sie unvermittelt. »Kannst du mir das nicht sagen, Jims?« Er sah sie an, und für ein oder zwei Sekunden schien es in der Tiefe seiner Augen ganz deutlich sichtbar: ein qualvoller Schmerz. »Nein, Meggie«, sagte Jims und schüttelte langsam, doch mit eigentümlichem Nachdruck den Kopf. »Das ist nichts, worüber ich je zu einer Frau sprechen könnte.«
    »Auch nicht, wenn alles vorbei ist und du heiratest? Würdest du nicht zu deiner Frau darüber sprechen wollen?« »Heiraten? Wir? Solche Gedanken schlägt einem der Krieg aus dem Kopf. Ja, damals konnten wir gar nicht schnell genug hinkommen. Inzwischen haben wir unsere Erfahrungen. Was wäre, wenn wir heiraten? Wir würden sicher Söhne haben. Wozu? Um sie aufwachsen zu sehen, bis sie eines Tages losziehen wie wir? Um zu tun, was wir getan

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