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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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mit geradezu skrupulöser Aufmerksamkeit.
    Im August 1941 trat Premierminister Robert Gordon Menzies zurück, und zwar mit dem Eingeständnis, es sei ihm unmöglich, die Lage zu meistern. Auf Drogheda jubelte man. Wie kaum anders zu erwarten, fühlte man sich gleichsam von Haus aus der Labor-Party, der Arbeiterpartei, viel stärker verbunden als jener Partei, deren Hauptrepräsentant Robert Gordon Menzies war und die sich zwar liberal nannte, doch als konservativ gelten mußte. Als am 3. Oktober der Labor-Führer John Curtin mit der Regierungsbildung beauftragt wurde, war das die beste Nachricht, die man auf Drogheda seit Jahren gehört hatte.
    Schon 1940 war man Japans wegen besorgt gewesen. 1941 stieg die Unruhe noch. Roosevelt und Churchill hatten dafür gesorgt, daß Erdöllieferungen nach Japan unterbunden wurden, für Australien nicht unbedingt ein tröstlicher Gedanke. Hitler und seine Truppen waren weit entfernt, sie brauchte man hier nicht zu fürchten. Japan hingegen war Asien, also ein Teil der
    Gelben Gefahr, die ständig wie ein Damoklesschwert über den Australiern und ihrem unterbevölkerten Kontinent zu schweben schien, und in Australien war denn auch niemand überrascht, als die Japaner am 7. Dezember 1941 Pearl Harbor angriffen: Mit einem solchen Überfall hatte man rechnen müssen. Plötzlich war der Krieg gar nicht mehr so unendlich weit entfernt. Es schien sogar, als könne er sich nach und nach gleichsam bis zum australischen Hinterhof ausdehnen. Zwischen Japan und Australien lagen keine gewaltigen Ozeane, sondern nur große Inseln und kleine Meere.
    Weihnachten 1941 fiel Hongkong. Nun gut, versuchte man sich zu trösten, den Japanern würde es sicher nie gelingen, Singapur einzunehmen. Aber dann kamen die Nachrichten, daß die Japaner auf Malaya und auf den Philippinen gelandet waren; im großen Marinestützpunkt ganz unten auf der Malaiischen Halbinsel hielt man die Rohre der gewaltigen Geschütze aufs Meer gerichtet, die Schiffe lagen zum Auslaufen bereit. Doch die Japaner dampften am 8. Februar 1942 in die wenige hundert Meter breite Straße von Jahore und landeten auf der Nordseite der Insel Singapur. Dagegen waren die Geschütze auf der Seeseite machtlos. So fiel Singapur praktisch ohne Kampf.
    Und dann die große Neuigkeit! Alle in Nordafrika stationierten australischen Truppen sollten heimkehren. Ungerührt nahm Premierminister Curtin das Zornesgrollen von Winston Churchill in Kauf. In erster Linie, so beharrte er, habe Australien ein Recht auf australische Soldaten. Die Sechste und Siebte Australische Division wurden sehr schnell in Alexandrien eingeschifft. Die Neunte, die sich in Kairo noch von den harten Kämpfen bei Tobruk erholte, sollte folgen, sobald man genügend Transporter zur Verfügung hatte. Fee lächelte, Meggie war vor Freude außer sich. Jims und Patsy würden nach Hause kommen.
    Doch sie kamen nicht. Während die Neunte auf ihre
    Truppentransporter wartete, kippte die Wippschaukel wieder zur anderen Seite: Die Achte Armee befand sich im vollen Rückzug von Benghasi. Premierminister Churchill schloß mit Premierminister Curtin einen Handel. Die Neunte Australische Division sollte in Nordafrika bleiben, während eine amerikanische Division zur Verteidigung Australiens abgestellt wurde. Arme Soldaten: mit ihnen, so hätte man meinen können, trieben Krämer eine Art Schachergeschäft, bei dem hier ein bißchen abgezwackt, dort ein bißchen hinzugetan wurde.
    Für Australien war es ein harter Schlag: die Entdeckung nämlich, daß das Mutterland England all seine fernöstlichen Hühnchen wie überflüssigen Ballast aus dem Nest stieß, selbst ein so fettes und vielversprechendes wie Australien.
    In der Nacht des 23. Oktober 1942 war es in der Wüste sehr ruhig.
    Patsy rückte ein kleines Stück und lehnte dann in der Dunkelheit seinen Kopf gegen die Schulter seines Bruders. Jims legte seinen Arm um Patsy, und so saßen beide, schweigend, eng verbunden.
    Sergeant Bob Malloy gab Private Col Stuart einen kleinen Stoß. Er grinste. »Sieh dir mal unser verqueres Sandwich an.«
    »Scheiß auf dich«, sagte Jims.
    »Komm, Harpo, sag du doch auch mal was«, murmelte Col.
    Patsy bedachte ihn mit einem engelhaften Lächeln, von dem in der Dunkelheit nicht allzuviel zu sehen war, und tat dann das, womit er Harpo Marx am besten imitieren konnte: er gab ein Blasgeräusch von sich. Ringsum zischten alle, er solle gefälligst still sein. Es bestand Alarmbereitschaft, und absolute Ruhe war

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