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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Fee für das Vaterland »das Ihre tat«. Meggie hatte nicht das Recht, eine solche Spange zu tragen. Einen Sohn, der Waffendienste hätte leisten können, besaß sie nicht, und ihr Mann war nicht Soldat geworden. Das wußte sie, weil Luke ihr einen Brief geschrieben hatte: Er wolle ihr nur kurz mitteilen, daß sie sich keine Sorgen zu machen brauche; es sei nicht seine Absicht, die Uniform anzuziehen, er bleibe im Zuckerrohr.
    Was sie an jenem letzten Morgen im Gasthaus in Ingham zu ihm gesagt hatte, schien er völlig vergessen zu haben. Kopfschüttelnd warf sie den Brief in Fees Papierkorb und fragte sich dabei unwillkürlich, ob ihre Mutter sich wohl wegen Jims und Patsy Sorgen machte. Wie dachte sie überhaupt über den Krieg? Fee sagte nie ein Wort, trug die Spange jedoch ausnahmslos jeden Tag. Ab und zu kam ein Brief aus Ägypten. Entfaltete man ihn, so drohte er, völlig in Fetzen zu zerfallen. Die Schere des Zensors hatte nämlich so manches rechteckige Loch hineingeschnitten: überall dort, wo die Namen von Orten, Einheiten und ähnliches mehr gestanden hatten. Das Lesen dieser Briefe glich somit einem Puzzlespiel, das notgedrungen unvollständig blieb. Dennoch erfüllten sie ihren eigentlichen Zweck. Sie waren Lebenszeichen.
    Regen hatte es nicht gegeben. Der Himmel schien sich wirklich gegen das Land und die Menschen verschworen zu haben: Jetzt, 1941, befand man sich bereits im fünften Jahr der furchtbaren Dürreperiode, und Meggie, Bob, Jack, Hughie und Fee waren verzweifelt. Zwar besaß Drogheda genügend Geldreserven, um für alle Schafe ausreichend Futter zu kaufen, nur weigerten sich die meisten, dieses Futter auch zu fressen. Jede Herde hatte ein Leittier, den sogenannten Judas, und nur wenn es gelang, diesen zur Annahme des Futters zu bringen, bestand auch Hoffnung, daß der Rest der Herde davon fraß. Eine sichere Garantie war das allerdings keineswegs. Manchmal weigerten sich die übrigen Tiere, dem Beispiel des Leithammels zu folgen.
    Gras gab es praktisch kaum noch, die Schwarzerde der Koppeln war eine rissige Fläche mit Gruppen grauer und graubrauner Bäume. Außer ihren Gewehren nahmen die Clearys jetzt auch Messer mit. Sahen sie, daß ein Tier zusammengebrochen war, schnitten sie ihm die Kehle durch, um ihm ein langes, qualvolles Sterben zu ersparen. Denn die Krähen pflegten den hilflosen, verendenden Tieren die Augen auszuhacken.
    Bob vermehrte den Rinderbestand. Im Gegensatz zu den Schafen verweigerten die Rinder die Annahme des Futters nicht. Aber ein Gewinn ließ sich dabei nicht erzielen, denn jene Agrarregionen, aus denen man das Futter bezog, waren durch die Dürre genauso hart getroffen wie die Weidewirtschaft hier unten. Die landwirtschaftlichen Erträge schrumpften entsetzlich zusammen, was die Preise natürlich enorm in die Höhe trieb. Doch aus Rom hatten die Clearys ausdrücklich die Anweisung erhalten, keine Kosten zu scheuen. Bob fühlte sich dadurch in seiner Entscheidung bestätigt. Es war nun einmal kriegswichtig, die Produktion allen Umständen zum Trotz möglichst noch zu steigern.
    Von den Viehtreibern hatte nur einer Drogheda nicht verlassen, und auf Ersatz konnte man jetzt kaum hoffen. In Australien herrschte schon in normalen Zeiten ein Mangel an Arbeitskräften. Also ritt Meggie an sieben Tagen in der Woche hinaus auf die Koppeln, es sei denn, Bob fand, sie sei zu abgespannt und zu müde, und gab ihr den Sonntag frei. Das aber hieß, daß er noch mehr arbeiten mußte als sonst schon, und so versuchte sie, sich nach Möglichkeit nichts anmerken zu lassen. Ihre kleinen Kinder als Grund dafür zu nehmen, die Arbeit als Viehtreiber überhaupt abzulehnen, kam ihr nicht m den Sinn. Dane und Justine wurden ja gut versorgt, und Bob brauchte so überaus dringend jede Arbeitskraft. Daß auch ihre Kinder sie brauchten, begriff sie nicht ganz. Da sich beide in so liebevollen und treusorgenden Händen befanden, hatte sie das Gefühl, unter den gegebenen Umständen sei das ununterdrückbare Verlangen, bei Dane und Justine zu sein, reiner Egoismus. Und so kam es, daß sie ihre Kinder manchmal wochenlang erst nach der Arbeit auf den Koppeln sah - wenn beide schon in ihren Bettchen lagen.
    Dane war ein wunderschönes Kind, fand Meggie. Um mütterliche Überschätzung handelte es sich da keineswegs. Denn wenn Fee ihn mitunter nach Gilly mitnahm, ließen dort Wildfremde bewundernde Ausrufe hören. Normalerweise zeigte er ein Lächeln, und in diesem Lächeln schien sich seine ruhige

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