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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Schlacht von El Alamein war für die Neunte Australische Division, wenn man es so nennen wollte, der Schwanengesang in Nordafrika. Sie sollte heimkehren, um auf Neuguinea gegen die Japaner eingesetzt zu werden. Seit März 1941 hatten sich die Männer fast ununterbrochen an der Front befunden, wo sie schlecht ausgebildet und schlecht ausgerüstet eingetroffen waren. Doch das Ansehen, mit dem sie zurückkehrten, wurde nur übertroffen von jenem, welches die Vierte Indische Division genoß. Und bei der Neunten befanden
    sich, bislang gesund und unversehrt, auch Jims und Patsy.
    Natürlich erhielten sie Heimaturlaub. Bob holte sie mit dem Auto in Gillanbone ab, und zwar vom Goondiwindi-Zug, denn die Neunte war in Brisbane stationiert und sollte nach der Ausbildung für den Dschungelkampf nach Neuguinea eingeschifft werden. Als der Rolls in den Fahrweg vor dem großen Haus einbog, erschienen die Frauen sofort im Eingang und warteten dann auf dem Rasen. Jack und Hughie hielten sich ein kleines Stück abseits, doch sie waren natürlich genauso begierig, ihre jüngeren Brüder zu sehen. Dieser Tag war ein besonderer Tag, an dem nichts weiter wichtig schien, nicht die Schafe, nicht die Rinder, überhaupt nichts. Das Auto hielt, die Zwillinge stiegen aus, doch von den anderen rührte sich keiner von der Stelle. Sie waren einfach nicht wiederzuerkennen, Jims und Patsy. Dschungelgrüne Uniformen trugen sie jetzt, und sie wirkten so völlig verändert, sahen aus wie Fremde. Es hatte den Anschein, daß sie mehrere Zentimeter größer waren als früher, was tatsächlich stimmte, und dann fand sich an ihnen nichts mehr von den jungen Burschen, als die man sie noch in Erinnerung hatte. Sie waren Männer, doch nicht Männer wie Bob oder Jack oder Hughie. Strapazen, Kämpfe, vielfach erlebter Tod, auch Triumphe - all dies hatte aus ihnen etwas gemacht, das sie auf Drogheda nie geworden wären. Gleichsam Schicht um Schicht schien die nordafrikanische Sonne von ihnen alle Spuren von Jungenhaftigkeit abgeschält zu haben. Ja, es war durchaus denkbar, daß diese beiden Männer in ihren schlichten Uniformen und mit dem AIF-Abzeichen der aufgehenden Sonne am Slouch-Hut andere Menschen getötet hatten. In ihren Augen sah man es, Augen, die genauso blau waren wie einst die ihres Vaters, doch trauriger, ohne deren Sanftheit.
    »Meine Jungem, meine Jungens!« rief Mrs. Smith und lief auf die Zwillinge zu, während Tränen über ihr Gesicht strömten. Was auch immer geschehen sein mochte, und wie sehr Jims und Patsy sich inzwischen auch verändert hatten, für Mrs. Smith waren sie noch immer die kleinen hilfsbedürftigen Babys von damals, winzige Wesen, die man badete, in Windeln legte und fütterte, deren kleine Wunden man mit Küssen heilte oder sonstwie pflegte. Doch die Verletzungen, die sie diesmal davongetragen hatten, saßen tiefer, sie ließen sich nicht mehr fortzaubern durch Küsse oder was auch immer.
    Und plötzlich umdrängten alle die Zwillinge, nichts blieb mehr von britischer Reserviertheit, man lauschte, man weinte, man umarmte sich, und natürlich mußte geküßt werden. Nach Mrs. Smith kam Meggie, und schon wartete Minnie, schon wartete Cat. Mum drückten die Zwillinge eher scheu an sich, und Jack und Hughie schüttelten sie wortlos die Hand. Wie sehr hatten sich die Menschen von Drogheda auf diesen Augenblick gefreut, wie sehr hatten sie sich andererseits aber auch vor ihm gefürchtet!
    Zum Glück brachten die Zwillinge einen Appetit mit, wie man ihn sich besser nicht wünschen konnte. Natürlich hielt man für sie die besten Leckerbissen bereit, rosa und weiße Fairy Cakes, Lamingtons in Schokoladenguß mit Kokosstreuseln, gefleckten Dog-Pudding, Passionsfrucht mit Sahne. Besorgt beobachtete Mrs. Smith ihre ehemaligen Schützlinge, wußte sie doch noch sehr gut, was für empfindliche Mägen die beiden stets gehabt hatten. Jetzt jedoch schienen ihnen die Riesenmengen, die sie da sozusagen stehenden Fußes verdrückten, nicht das geringste auszumachen, solange nur genügend Tee da war, um die Bissen hinunterzuspülen. »Ist doch was anderes als die Armeeverpflegung, Patsy, nicht?« sagte Jims. »Ja.«
    »Auch gar kein Vergleich mit so einem arabischen Fladenbrot, wie?« »Jaha«, erwiderte Patsy, der sich damit fast schon gesprächig zeigte. Es war sonderbar. Stundenlang sprachen die Zwillinge, oder doch zumindest Jims, über Nordafrika: über die Städte, die Menschen, das Essen, das
    Museum in Kairo, das Leben an Bord eines

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