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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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brauchte. Du warst für ihn so wichtig, so notwendig, wie es wohl noch nie eine Frau für ihn gewesen war und wie es sicher nie wieder eine Frau für ihn sein wird. Sonderbar.« Fee schüttelte verwundert den Kopf. »Ich habe mich immer gefragt, was, um alles in der Welt, er nur in dir sah. Aber Mütter sind, was ihre Töchter betrifft, wohl ziemlich blind - bis sie zu alt werden, um auf die Jugend noch länger eifersüchtig zu sein. Du und Justine, das ist in gewisser Weise dasselbe Verhältnis wie früher zwischen mir und dir.« Sie lehnte sich auf ihrem Sessel zurück, schaukelte mit halbgeschlossenen Augen ein wenig hin und her, behielt Meggie jedoch so sorgfältig im Blick wie ein Wissenschaftler sein Präparat. »Was er auch immer in dir gesehen haben mag«, fuhr sie fort, »er sah es gleich beim allerersten Mal, und es hörte nie auf, ihn zu verzaubern. Besonders hart kam es ihn an, als er sich damit abfinden mußte, daß du allmählich erwachsen wurdest. Als er dann vor seiner Abreise nach Athen auf Drogheda erschien, war er bereit, sich damit abzufinden, doch da warst du fort, verheiratet. Armer Ralph! Er mußte ganz einfach nach dir suchen. Und er hat dich ja auch gefunden, nicht wahr? Ich wußte es, als du nach Hause kamst, bevor Dane geboren wurde. Sobald du Ralph gehabt hattest, brauchtest du nicht länger bei Luke zu bleiben.«
    »Ja«, sagte Meggie leise, und es klang wie ein Seufzen. »Ralph hat mich gefunden. Aber gelöst worden ist dadurch für uns nichts. Ich wußte, daß er seinen Gott nie aufgeben würde. Und deshalb war ich entschlossen, von ihm das einzige zu bekommen, was ich von ihm bekommen konnte. Sein Kind. Dane.« »Es ist, als ob ich ein Echo hörte«, sagte Fee und lachte ihr eigentümliches, wie rostiges Lachen. »Das könnte durchaus ich sein, die so spricht.« »Frank?«
    Der Sessel scharrte. Fee stand auf, entfernte sich ein Stück, kehrte wieder um, starrte ihre Tochter an.
    »Sieh mal an«, sagte sie. »Wie du mir, so ich dir, oder? Seit wann weißt du es denn?«
    »Seit ich ein kleines Mädchen war. Seit Frank weggelaufen ist.« »Sein Vater war bereits verheiratet. Er war viel älter als ich, ein bedeutender Politiker. Wenn ich seinen Namen nennen würde, wüßtest du sofort Bescheid. Überall in Neuseeland sind Straßen nach ihm benannt, wohl auch ein oder zwei Städte. Nennen wir ihn jetzt Pakeha. Das bedeutet in der MaoriSprache >weißer Manne, und es mag für diesen Zweck genügen. Er ist inzwischen natürlich tot. Ich habe eine Spur Maori-Blut in mir, doch Franks Vater war zur Hälfte Maori. Bei Frank hat sich das so stark ausgeprägt, weil er von beiden Elternteilen etwas mitbekam. Oh, wie sehr habe ich diesen Mann geliebt! Vielleicht war es der Ruf unseres Blutes, ich weiß es nicht. Er war stattlich. Ein großer Mann mit einem schwarzen Haarschopf und wunderbar glänzenden, lachenden schwarzen Augen. Er war alles, was Paddy nicht war - gebildet, kultiviert, überaus charmant. Ich liebte ihn bis zur Besessenheit. Und ich glaubte, nie wieder einen anderen lieben zu können. Mit diesem Selbstbetrug begnügte ich mich so lange, bis - bis es zu spät war, ja, zu spät!« Ihre Stimme klang plötzlich sehr brüchig. Sie drehte den Kopf, blickte zum Garten. »Da sind viele offene Fragen, die ich zu beantworten hätte, Meggie, glaub’ mir.«
    »Deshalb hast du Frank also mehr geliebt als uns andere«, sagte Meggie.
    »Ich habe geglaubt, ihn mehr zu lieben, weil er Pakehas Sohn war, die übrigen jedoch Paddys Kinder waren.« Fee setzte sich wieder, gab dann einen leisen und sonderbaren Laut von sich, wie ein klagendes Ausatmen. »Alles ist schon einmal dagewesen«, sagte sie dann. »Und wenn ich’s dir offen gestehen soll, Meggie - als ich Dane sah, da mußte ich ganz unwillkürlich für mich lachen.« »Mum, du bist eine außergewöhnliche Frau!«
    »Bin ich das?« Der Sessel ächzte, sie beugte sich vor. »Ich möchte dir ein kleines Geheimnis verraten, Meggie. Ob ich nun eine außergewöhnliche oder eine ganz gewöhnliche Frau bin, ich bin auf jeden Fall eine sehr unglückliche Frau. Aus irgendeinem Grund bin ich unglücklich gewesen seit dem Tag, an dem ich Pakeha kennenlernte, und hauptsächlich ist das meine eigene Schuld. Ich liebte ihn, doch was er mir antat, sollte keiner Frau widerfahren. Und dann war da Frank. Krampfhaft klammerte ich mich an ihn und ignorierte euch übrige. Ignorierte auch Paddy, den besten Menschen, der mir je begegnet war. Nur begriff ich das

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