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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Leistung. Viehzüchten galt ganz einfach als »in«. Die Leute sprachen viel von Haddon Rig bei Warren, und viele traten in aktiven Wettbewerb mit dessen Besitzer Max Falkiner, wozu sich Gelegenheit ergab auf der Royal Easter Show in Sydney, wo es unter anderem auch darum ging, wer den besten Schafbock und das beste Mutterschaf gezüchtet hatte. Der Preis für Wolle kletterte und kletterte, bis er dann wie eine Rakete in die Höhe schoß. Europa, die USA und Japan waren gierig auf jeden Fetzen guter Wolle, den Australien produzieren konnte. Was in anderen Ländern an Wolle erzeugt wurde, war gröber und fand auch seine Verwendung, für schwere Gewebe wie Teppiche oder Filze. Doch für hochklassige Wolltextilien gab es nichts Besseres als die langen, seidigen Fasern von den australischen Merino-Schafen. Und die absolute Spitze dieser Faser wurde draußen auf den Schwarzerdebenen des nordwestlichen Neusüdwales und des südwestlichen Queensland erzielt. Nach den vielen unglaublich harten Dürrejahren schien es jetzt so etwas wie einen gerechten Ausgleich zu geben. Die Gewinne, die Drogheda machte, überstiegen alle Vorstellungen: Millionen Pfund pro Jahr. Fee, an ihrem Schreibtisch, strahlte Zufriedenheit aus. Bob stellte weitere zwei Viehtreiber ein. Wären die Kaninchen nicht gewesen, so hätte man die Weideverhältnisse ideal nennen müssen. Doch mit den Kaninchen war es die gleiche Plage wie eh und je. In der Homestead war das Leben auf einmal überaus angenehm. Die engmaschigen Drahtnetze schützten das Innere der Häuser vor der urewigen Fliegenpest, und man begann sich zu fragen, wie man es denn nur so lange ohne diese Netze ausgehalten hatte. Mochten die Fassaden auch in gewisser Weise »verschandelt« sein, es gab so manches, was einen darüber hinwegtröstete: zum Beispiel, daß man jetzt bei großer Hitze auf der Veranda unter den rankenden Wistarien essen konnte, al fresco, wie man es nannte - nun, zumindest quasi im Freien.
    Bei diesen Mahlzeiten hatte man dann regelmäßig, wenn man so wollte, die Frösche zu Gast. Klein waren sie, geradezu winzig, glitzergrüne Leiber mit einem zarten Goldschimmer. Und sie hockten da, einfach so, unendlich träge. Bis dann urplötzlich Bewegung in sie kam. Sie schnappten zu, hatten jetzt irgendein Insekt im Maul, so eine Art Nachtfalter, fast größer als sie selbst, und dann saßen sie, wieder so träge wie zuvor, während zwei Drittel ihrer Beute ihnen wie besessen zum Maul herausflappten. Es war ein Schauspiel, das Dane und Justine immer wieder fesselte. Wie lange würde es dauern, bis so ein Frosch sein Opfer ganz verschlungen hatte? Sehr ernst und sehr würdig hockten sie da, die Herren oder auch Damen Frösche, und etwa alle zehn Minuten rutschte ihnen ihre Beute ein Stückchen tiefer in den Schlund. Bis das Insekt ganz verschwunden war, verging meist sehr viel Zeit, und noch bis zum allerletzten Augenblick sah man in der Regel die zuckende Flügelspitze eines Falters.
    »Iui!« rief Dane mit einem leisen Lachen. »Also ich weiß nicht - muß schon ein komisches Gefühl sein, wenn man zur einen Hälfte noch lebt und zur anderen längst verschlungen ist.« Beide Kinder verfügten über einen für ihr Alter bemerkenswerten Wortschatz, eine Folge der nun schon traditionellen Cleary-Leidenschaft fürs Lesen. Sie waren intelligent, zeigten sich an allem interessiert und kannten das Leben eigentlich nur von seiner angenehmen Seite. Sie hatten ihre Ponys, deren Größe dem Alter der Kinder entsprechend zunahm, und an Mrs. Smiths grünem Küchentisch machten sie
    - wohl oder übel - brav die Aufgaben, die sie per Fernunterricht zu erledigen hatten. Im übrigen besaßen sie ihre Schoßtiere, Katzen, Hunde und anderes mehr, und den allerersten Rang dabei nahm ein rosa Schweinchen ein, das mindestens so intelligent war wie ein Hund und das die Kinder Iggle-Piggle tauften. Krank waren die Kinder selten, eine Erkältung oder eine Grippe hatten sie nie, was sicher auch daran lag, daß sie hier, fernab von allen Städten, kaum einer Ansteckungsgefahr ausgesetzt waren. Meggie fürchtete für beide Kinderlähmung, Diphterie, vieles mehr, und so ließ sie Dane und Justine gegen alles impfen, wogegen Kinder nur geimpft werden konnten. Es war ein wunderschönes, ein geradezu ideales Leben für die beiden jungen O’Neills. Sie konnten sich nach Herzenslust austoben, ohne daß ihre geistige Entwicklung vernachlässigt worden wäre.
    Als Dane zehn war und Justine elf, wurden sie nach

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