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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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zwischen uns geführt hat, wie? Schreib mir doch mal, wie es Dir so geht und wie Drogheda die Dürre überstanden hat. Gruß - Luke.«
    Fee kam auf die Veranda, wo Meggie mit dem Brief saß, den Blick abwesend auf das leuchtende Grün des Rasens gerichtet. »Wie geht es Luke?«
    »Wie immer, Mum. Ich meine, er hat sich offenbar überhaupt nicht verändert. Noch ein paar Jahre in dem verdammten Zucker, und eines Tages wird er sich dann bei Kynuna Land kaufen.« »Glaubst du, daß er das jemals wirklich tun wird?« »Ja, schon - irgendwann.« »Und würdest du dann zu ihm gehen, Meggie?« »Nein, nie - niemals!«
    Fee setzte sich zu ihrer Tochter, und zwar so, daß sie sie genau im Auge hatte. Aus einiger Entfernung hörte man Hämmern und rufende Männerstimmen. Überall wurden sogenannte Fliegenfenster angebracht, überaus feinmaschige Drahtnetze. In der Zeit der Dürre war die Fliegenplage von Jahr zu Jahr verheerender geworden. Lange, sehr lange hatte Fee sich gesträubt, die Fassaden der Häuser »verschandeln« zu lassen - bis es mit den Fliegen dann so unerträglich wurde, daß sie schließlich dem scheinbar Unumgänglichen zustimmte. Also hatte sie einen sogenannten Contractor mit seinen Leuten engagiert, die nun überall diese Drahtnetze zum Schutz gegen die Fliegen anbrachten.
    Doch von Elektrizität wollte sie nach wie vor nichts wissen, obwohl die Scherer in ihrer Schurhütte schon seit 1915 durch Generatoren mit Strom versorgt wurden. Anstelle des sanften Lampenscheins, wie man ihn bisher kannte, das grelle elektrische Licht? Nein, das kam gar nicht in Frage. Immerhin gab es auf Drogheda jetzt einen dieser neuen Propangasherde sowie ein rundes Dutzend der nicht weniger neuen KerosinKühlschränke. So ganz hatte sich die australische Industrie noch nicht auf die Friedensproduktion umgestellt, aber das kam schon mit der Zeit.
    »Meggie, warum läßt du dich nicht von Luke scheiden und heiratest wieder?« fragte Fee unvermittelt. »Enoch Davies könntest du sofort haben, er hat nie eine andere angesehen.«
    Meggies schöne Augen richteten sich voll Verwunderung auf ihre Mutter. »Guter Gott, Mum, ich glaube fast, du sprichst zu mir wirklich ganz von Frau zu Frau!«
    Fee lächelte nicht. Fee lächelte selten. »Nun, wenn du inzwischen nicht eine Frau geworden bist, wirst du nie eine werden. Aber ich denke doch, daß man dich als eine ansehen könnte. Ich scheine alt zu werden, ich fühle mich geschwätzig.«
    Meggie lachte vergnügt. Ihre Mutter befand sich offenbar in einer Stimmung, die man bei ihr sonst kaum oder gar nicht gewohnt war. »Das macht der Regen, Mum, wirklich. Ich meine, es ist doch so wunderbar, auf Drogheda wieder das Gras wachsen zu sehen. Da, der grüne Rasen, sieh doch nur! «
    »Ja, sicher. Aber du weichst meiner Frage aus. Warum willst du dich nicht von Luke scheiden lassen und wieder heiraten?« »Das wäre gegen das Gebot der Kirche.«
    »Unsinn!« sagte Fee, doch sie sagte es ohne Schärfe. »Zur Hälfte stammst du von mir, und ich bin keine Katholikin. Versuche nicht, mir etwas vorzumachen, Meggie. Wenn du wirklich wieder heiraten wolltest, würdest du dich schon von Luke scheiden lassen.« »Ja, wahrscheinlich. Aber ich will eben nicht wieder heiraten. Ich bin hier auf Drogheda mit meinen Kindern sehr glücklich.« Aus einem nahen Gebüsch erscholl ein Kichern, unverkennbare Laute.
    »Da, hörst du ihn, Mum?« fragte Meggie. »Das ist Dane. Natürlich, wer sonst könnte es sein? Aber weißt du auch, daß er mit seinen sieben Jahren schon genauso gut zu Pferde sitzt wie ich?« Sie beugte sich vor. »Dane, was treibst du da? Komm sofort heraus!« Er kroch unter dem tiefsten Gezweig hervor, die Hände voll schwarzer Erde und auch den Mund auffallend schwarz verschmiert. »Mum, hast du gewußt, daß Erde gut schmeckt? Tut sie wirklich, Mum, ehrlich!«
    Er kam zu ihr, ein schlankes und anmutiges Kerlchen mit einem Gesicht wie aus Porzellan. Für sein Alter war er ziemlich groß und auch recht kräftig.
    Justine tauchte auf und stellte sich neben ihn. Auch sie war groß, jedoch eher dürr als schlank. Ihr Gesicht mit den sandfarbenen Brauen und Wimpern war in einem solchen Maße von riesigen Sommersprossen übersät, daß sich ihre Züge kaum eindeutig erkennen ließen. Doch ihre Augen wirkten genauso eigentümlich farblos und so beunruhigend, wenn nicht gar verstörend, wie früher. Ein hübsches Kind hätte man sie wirklich nicht nennen können. Wenn dennoch keiner dieses Gesicht

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