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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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nicht. Ich hatte ja viel zuviel damit zu tun, ihn mit Pakeha zu vergleichen. Oh, ich war ihm durchaus dankbar, und es konnte mir ja auch einfach nicht verborgen bleiben, was für ein feiner Mann er war ...« Sie zuckte die Achseln. »Nun, das ist alles Vergangenheit. Wenn ich etwas sagen wollte, Meggie, dann dies: Es ist verkehrt, es
    ist falsch. Das weißt du doch, nicht wahr?«
    »Nein, das weiß ich nicht. So wie ich das sehe, ist die Kirche im Unrecht, wenn sie erwartet, daß ihre Priester ihr auch das geben.« »Sonderbar eigentlich, daß es die Kirche heißt, daß sie also weiblichen Geschlechts ist, nicht wahr? Du hast einer Frau den Mann gestohlen, Meggie, genau wie ich damals.«
    »Ralph hatte nie eine Verbindung oder ein Verhältnis mit einer Frau außer mit mir, Mum. Die Kirche ist keine Frau. Sie ist ein Ding, eine Institution.«
    »Versuche nicht, dich vor mir zu rechtfertigen. Das ist völlig überflüssig. So wie du jetzt denkst, habe ich damals auch gedacht. Doch eine Scheidung konnte für ihn nicht in Frage kommen. Er war einer der ersten Männer seiner Rasse, der politische Bedeutung erlangte. Er mußte wählen zwischen seinem Volk und mir. Und welcher Mann könnte wohl einer solchen Gelegenheit widerstehen, sich von besonderem Wert zu erweisen? Genauso hat ja auch Ralph die Kirche gewählt, nicht wahr? Und so dachte ich: Soll’s mir doch gleichgültig sein, ich nehme, was ich von ihm bekommen kann. Dann bleibt mir zum Lieben wenigstens sein Kind.«
    Plötzlich haßte Meggie ihre Mutter. Sie haßte sie, weil ihr der Vorwurf, der implizite Vorwurf, sie habe so etwas wie ein heilloses Chaos angerichtet, ungerechtfertigt und unerträglich schien. Und so sagte sie: »Allerdings habe ich’s weit geschickter angestellt als du, Mum. Mein Sohn hat einen Namen, den ihm niemand nehmen kann, nicht einmal Luke.«
    Fees Atemstoß war so heftig, daß es wie ein Zischen klang. »Gemein! O ja, man täuscht sich in dir! Du bist doch so sanftmütig, so lammfromm, nicht wahr? Fast so etwas wie die verkörperte edle Einfalt. Nun, mein Vater hat mir damals einen Mann gekauft, um Frank einen Namen zu geben und mich loszuwerden. Das hast du wohl nicht gewußt, aber woher wußtest du überhaupt?« »Das ist meine Sache.«
    »Du wirst bezahlen, Meggie. Glaub’ mir, du wirst bezahlen. Irgendwann kommt für dich genauso die Quittung, wie sie für mich gekommen ist. Ich habe Frank auf eine Weise verloren, die ... für eine Mutter kann es nichts Schlimmeres geben. Ich sehne mich danach, ihn wiederzusehen, und darf es doch nicht... Warte nur! Auch du wirst deinen Sohn verlieren.«
    »Nicht, solange ich etwas dagegen tun kann. Du hast Frank verloren, weil er und Daddy sich nicht miteinander verstanden. Ich habe dafür gesorgt, daß bei Dane kein Daddy da ist, der ihm Fesseln anlegt. Statt dessen werde ich ihn an Drogheda fesseln. Weshalb wohl mache ich schon jetzt so etwas wie einen kleinen Viehtreiber aus ihm? Auf Drogheda wird er sicher sein.«
    »War Daddy hier sicher? Oder Stuart? Wirkliche Sicherheit, das gibt es nirgendwo. Und wenn Dane einmal von hier fortwill, wirst du ihn nicht zurückhalten können. Daddy hat Frank keine Fesseln angelegt, wie du das nennst. Das war es ja gerade. Frank ließ sich nicht anbinden, ließ sich an nichts fesseln. Und wenn du meinst, dir, einer Frau, könnte das bei Ralph de Bricassarts Sohn gelingen, so irrst du dich gewaltig. Das liegt doch auf der Hand, nicht wahr? Wenn keine von uns beiden den Vater halten konnte, wie können wir dann hoffen, den Sohn zu halten?«
    »Ich kann Dane nur auf eine Weise verlieren: wenn du nicht für dich behältst, was du weißt, Mum. Aber ich warne dich, ich würde dich umbringen.«
    »Keine Sorge. Soviel Mühe bin ich gar nicht wert, und außerdem ist dein Geheimnis bei mir gut aufgehoben. Ich bin nur eine interessierte Zuschauerin. Ja, in der Tat, das ist alles, was ich bin. Eine Zuschauerin.«
    »Oh, Mum! Was hat dich nur so werden lassen? Warum bist du nur so - so gar nicht bereit, zu geben?«
    Fee seufzte. »Da waren Ereignisse, die lange vor deiner
    Geburt liegen«, sagte sie in einem Ton, der aus ihrem Mund überraschend pathetisch klang.
    Meggie ballte unwillkürlich die Hände. »Hör schon auf damit! Komm mir nicht so, nach allem, was du mir gerade erzählt hast. Du prügelst auf einem toten Gaul herum, ich kann’s einfach nicht mehr hören. Es ist Unsinn, Unsinn, Unsinn! Verstehst du, Mum? Den größten Teil deines Lebens hast du dich darin

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