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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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schon eine
    Blechschere oder eine Metallsäge. Aber jedenfalls - mit meiner langen schwarzen Perücke, der braunen Körperschminke und dem bißchen Schrott am Leib fetze ich jeden.
    Wo war ich stehengeblieben??? Ach, weiß schon. Rain in Rom, wo er sich mit Dane und dessen Kumpels traf. Na, und was soll ich Euch sagen, sie sind allesamt ausgegangen und hübsch miteinander versumpft. Die Rechnung hat dann schließlich Rain beglichen, darauf hat er bestanden. Muß schon eine tolle Nacht gewesen sein. Natürlich keine Frauen, aber ansonsten hat’s an nichts gefehlt. Könnt Ihr Euch Dane in irgend so einer schmuddligen Bar in Rom auf Knien vorstellen, wie er zu sagen versucht: >Narzisse, o wisse, ich tröste fort die Bitternisse. < Zehn Minuten lang hat er versucht, den Satz klar und deutlich herauszubekommen, aber das war einfach nicht mehr drin! Und wißt Ihr, was dann passiert ist? Aus der Blumenvase, die er also angeschwärmt hatte, zog er eine Narzisse heraus, klemmte sie sich zwischen die Zähne und legte einen Tanz hin. Na, könnt ihr euch das vorstellen, Dane und tanzen? Rain sagt, so eine Tour ist ab und zu mal nötig und außerdem harmlos. Wo bleibt für die Jungs denn auch das Vergnügen? Frauen sind es nicht, und das Nächstbeste ist dann, sich einen hinter die Binde gießen. Meint jedenfalls Rain. Aber nicht, daß Ihr denkt, das passiert oft. Ganz und gar nicht. Hauptsächlich wohl, wenn Rain da ist, um den Rädelsführer zu machen. Na ja, er ist mit von der Partie und paßt sehr auf die Jungs auf. Sind auch so fürchterlich grün und naiv. Aber ich muß schon sagen, daß ich mich richtig gekugelt habe bei der Vorstellung, wie sehr Danes Heiligenschein doch ins Rutschen gekommen sein muß bei seinem Flamenco mit Narzisse.« Bis zur Priesterweihe verbrachte Dane acht Jahre in Rom. Zu Anfang hatte niemand geglaubt, daß diese Zeit überhaupt je enden werde. Und dann waren die Jahre auf einmal herum, viel schneller, als es sich die Menschen auf Drogheda vorgestellt hatten. Was Dane nach der Priesterweihe tun wollte, wußten sie zwar nicht, aber sie nahmen als selbstverständlich an, er werde nach Australien zurückkehren. Meggie hatte ihre Zweifel und fürchtete insgeheim, er werde vielleicht in Italien bleiben wollen. Doch er war ja alljährlich in den Ferien nach Hause gekommen, und jedesmal war es seiner Mutter gelungen, ihre Zweifel zu beschwichtigen. Er war ja Australier, er würde bestimmt nach Australien zurückkehren wollen. Bei Justine verhielt sich das anders, das stand fest. Als Schauspielerin konnte sie in Australien nicht die erstrebte Karriere machen, während Dane mit allen möglichen Zukunftsplänen auch hier an keineswegs falschem Orte war.
    Jedenfalls: im achten Jahr wurden keine Pläne gemacht für den Aufenthalt der Kinder auf Drogheda. Statt dessen plante man auf Drogheda die Reise nach Rom, um bei Danes Priesterweihe dabei zu sein.
    »Wir sterben aus«, sagte Meggie. »Wie bitte, Liebes?« fragte Anne.
    Sie saßen in einer warmen Ecke der Veranda und lasen, doch Meggie hatte ihr Buch jetzt auf den Schoß sinken lassen und blickte zum Rasen, wo zwei Willy-Wagtails mit wippenden Sterzen einherstolzierten. Es war ein feuchtes Jahr gewesen, überall gab es Würmer in Massen, und niemand konnte sich erinnern, je so viele, so fette und so glückliche Vögel gesehen zu haben. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend war es ein einziges Singen, Zwitschern, Jubilieren. »Ich habe gesagt, wir sterben aus«, wiederholte Meggie. »Die Familie, meine ich. Weil es doch ganz und gar an Nachkommen fehlt. Das ist ja fast wie ein toter Zweig, der keine Knospen mehr treibt. Wer hätte das 1921 gedacht, als wir nach Drogheda kamen? Wie hoffnungsvoll sah das doch damals aus!« »Wie meinst du das?«
    »Insgesamt sechs Söhne, dazu noch ich. Und ein Jahr später weitere zwei Söhne. Also sollte man doch wohl annehmen, daß da jetzt Dutzende von Kindern wären und wenigstens ein halbes Hundert Enkelkinder. Und wie sieht die Wirklichkeit aus? Hai und Stuart sind tot, und von den Lebenden scheint keiner an Heirat zu denken. Nur ich, durch die der Name Cleary ja nicht erhalten bleiben kann, habe Drogheda sozusagen seine Erben geschenkt. Aber auch darüber schienen die Götter nicht allzu glücklich zu sein. Ein Sohn und eine Tochter. Also sollte man doch auf jeden Fall mit mehreren Enkelkindern rechnen können, nicht wahr? Und was geschieht? Mein Sohn verheiratet sich mit der Kirche und meine Tochter mit ihrer

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