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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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können.«
    »Nun, wärst du in Australien gewesen, so würdest du auch verstehen. Für einen Australier hast du einen magischen Namen. Wenn man ihn so ausspricht, wie ich das getan habe.
    Reiner? Nein. Ramer. Rähner. Rähn. Regen. Leben in der Wüste.«
    Er war so verdutzt, daß er seine Zigarette fallen ließ. »Justine, du verliebst dich doch nicht etwa in mich, oder?«
    »Ihr Männer seid doch wirklich Egoisten! So leid es mir auch tut, dich enttäuschen zu müssen - nein.« Doch wie um ihre harten Worte zu mildern, griff sie nach seiner Hand und drückte sie. »Es ist etwas viel Hübscheres.«
    »Was könnte besser sein, als sich verlieben?«
    »Fast alles, glaube ich. In der Weise möchte ich nie jemanden brauchen.«
    »Vielleicht hast du recht. In gewisser Weise kann das schon ein Handikap sein, jedenfalls wenn man’s zu früh tut. Also - was ist viel hübscher?«
    »Einen guten Freund zu finden.« Ihre Hand strich gegen seine. »Du bist doch mein Freund, nicht wahr?«
    »Ja.« Lächelnd schleuderte er eine Münze in den Brunnen. »Über die Jahre habe ich hier wohl so an die tausend D-Mark hineingeworfen. Um das Gefühl zu haben, daß ich auch weiterhin die Wärme des Südens spüren würde. In meinen Alpträumen fühle ich manchmal immer noch die Kälte.«
    »Na, du solltest mal die Wärme des wirklichen Südens spüren. Über fünfundvierzig Grad im Schatten, falls du irgendwo Schatten finden kannst.«
    »Kein Wunder, daß du die Hitze hier nicht spürst.« Es war seine Eigenart, lautlos zu lachen, ein Überbleibsel aus früheren Tagen, wo ihn ein lautes Lachen hätte verraten können. »Und die Hitze«, fuhr er fort, »erklärt dann wohl auch, warum du so >hartgekocht< bist.« »Ich wundre mich immer wieder über dein Englisch«, sagte sie. »Umgangsenglisch, allerdings amerikanisches. Dabei würde ich eigentlich annehmen, daß du an irgendeiner hochfeudalen britischen Universität studiert
    hast.«
    »Irrtum. In einem belgischen Lager habe ich angefangen, Englisch zu lernen, und zwar von Ur-Londonern, von Schotten und was weiß ich. Alle meinten dasselbe, bloß alle sprachen’s völlig verschieden aus, und so wurde ich schließlich kaum noch draus schlau. Als ich dann wieder in Deutschland war, sah ich mir nach Möglichkeit alle englischen und amerikanischen Filme in der Originalfassung an. Und ich kaufte mir die einzigen Schallplatten, die es in englischer Sprache gab - Aufnahmen von amerikanischen Komikern. Und die spielte ich mir zu Hause dann so oft vor, bis ich eine Grundlage hatte, auf der ich weiter aufbauen konnte.«
    Sie hatte sich die Schuhe ausgezogen, wie gewöhnlich. Kopfschüttelnd beobachtete er, wie sie mit bloßen Füßen über das Pflaster ging, das so heiß war, daß man darauf Eier braten konnte. »Göre! Zieh dir die Schuhe wieder an.«
    »Ich bin eine Aussie, und wir Australier haben nun einmal viel zu breite Füße, als daß wir uns in Schuhen behaglich fühlen könnten. Der Grund dafür ist, daß es bei uns kaum je wirklich kaltes Wetter gibt. Wenn irgend möglich, gehen wir barfuß. Und wenn ich auf einer Koppel bin und auf eine stachlige Klette trete, so spüre ich das kaum«, erklärte sie stolz. »Wahrscheinlich könnte ich über brennende Kohlen gehen.« Abrupt wechselte sie das Thema. »Hast du deine Frau geliebt, Rain?« »Nein.«
    »Hat sie dich geliebt?«
    »Ja. Sie hatte keinen anderen Grund, mich zu heiraten.« »Die Arme! Du hast sie gebraucht und dann weggeworfen.« »Enttäuscht dich das?«
    »Nein, ich glaube nicht. Eigentlich bewundere ich dich deshalb sogar. Aber sie tut mir schon sehr leid. Um so entschlossener bin ich, nicht in der gleichen Tinte zu landen wie sie.« »Du bewunderst mich deshalb?« fragte er verdutzt.
    »Ja, warum nicht? Ich suche bei dir doch nicht nach dem, was sie zweifellos bei dir gesucht hat. Ich mag dich, du bist mein Freund. Sie hat dich geliebt, du warst ihr Mann.«
    »Ich fürchte, Herzchen«, sagte er ein wenig traurig, »daß ehrgeizige Männer zu ihren Frauen nicht gerade übermäßig lieb sind.« »Das liegt daran, daß sie sich meist Frauen nehmen, auf denen sie herumtrampeln können wie auf Fußabtretern. Und die dennoch fortwährend um sie herumscharwenzeln. >Ach, Liebster, was kann ich denn nur noch für dich tun. Bitte, sag’s mir doch!< Einfach zum Kotzen, entschuldige schon. Wäre ich deine Frau gewesen, so hätte ich ganz schlicht zu dir gesagt: >Du kannst mich mal!< Aber ich möchte wetten, daß sie das nie zu dir

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