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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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überhaupt keine Nachrichtenverbindung mehr möglich ist. Befindet sich Ihre Mutter bei Ihnen? Darf ich sie bitte sprechen?« »Meine Mutter ist nicht hier. Sie ist in Australien.« »In Australien? Guter Gott, das wird ja immer schlimmer! Jetzt werden wir erst nach Australien telegrafieren müssen; noch mehr Verzögerung. Wenn Sie nicht die nächste Angehörige des Ertrunkenen sind, Miß O’Neill, warum steht das dann im Paß Ihres Bruders?«
    »Das weiß ich nicht«, erwiderte sie.
    »Geben Sie mir die Adresse Ihrer Mutter in Australien. Wir werden ihr sofort telegrafieren. Wir müssen wissen, was mit der Leiche geschehen soll! Bis wir das Antworttelegramm erhalten, vergehen rund zwölf Stunden. Ich hoffe, Sie sind sich darüber im klaren.« »Dann vergeuden Sie doch nicht die Zeit mit Telegrafieren. Rufen Sie sie an.«
    »Bedauerlicherweise ist es uns unmöglich, die Kosten für Telefonanrufe dieser Art zu tragen«, sagte die steife Stimme. »Wenn Sie jetzt die Freundlichkeit hätten, mir den Namen und die Adresse Ihrer Mutter zu nennen ... «
    »Mrs. Meggie O’Neill, Drogheda, Gillanbone, Neusüdwales, Australien.« Die unvertrauten Namen buchstabierte sie. »Noch einmal, Miß O’Neill - mein aufrichtiges Beileid.« Es klickte in der Leitung, und Justine starrte auf den Hörer in ihrer Hand. Sie saß noch auf dem Fußboden, den Rücken gegen die Wand gestützt. Es war ein Irrtum, natürlich war es ein Irrtum, es konnte gar nicht anders sein. Dane ertrunken? Er, der ein so hervorragender Schwimmer war? Nein, nein, niemals. Alles würde sich aufklären. Nur ein Irrtum, nichts als ein Irrtum.
    Aber du weißt, daß es kein Irrtum ist, Justine, nicht wahr? Du hättest ihn begleiten müssen und beschützen. Beschützt hast du ihn von klein auf. Er hatte dich gebeten, nach Griechenland mitzufahren. Du hättest also bei ihm sein müssen, dann wäre es vielleicht nicht geschehen. Du hättest verhindern müssen, daß er sich einer Gefahr aussetzt. Oder aber du wärst gemeinsam mit ihm umgekommen. Statt ihn zu begleiten, bist du nach London zurückgekehrt. Weil du so sehr wolltest, daß Rain zu dir kommt. Weil du dich nach seiner Liebe gesehnt hast. O Gott!
    Jeder Gedanke fiel schwer, so unendlich schwer. Sie versuchte aufzustehen und konnte es nicht, war noch immer wie gelähmt. Unaufhörlich wirbelte es ihr durch den Kopf.
    Dane. Ertrunken. Dane. Tot. Dane. Ertrunken. Dane. Tot. Schließlich fiel ihr ihre Mutter ein und all die anderen auf Drogheda. Gott, wie würde sich das wohl abspielen? Wie würde man ihnen die Mitteilung machen, wie ihnen die furchtbare Nachricht überbringen. Einen Augenblick schien ihr, als könnte sie die Szene vor sich sehen. Der alte Sergeant Ern von der Gillanbone-Polizei soll das Telegramm sofort nach Drogheda bringen. Er setzt sich ins Auto, fährt Kilometer um Kilometer. Ist so plump in seiner Art, versteht es halt nicht besser. Sagt: Mrs. O’Neill, mein herzliches Beileid auch, Ihr Sohn ist tot ... Plumpe, leere Worte ... Nein! Ich kann nicht zulassen, daß ihr das geschieht, sie ist auch meine Mutter! Ich will nicht, daß sie es auf ähnliche Weise erfährt wie ich. Sie hob die Hand zum Telefonapparat und nahm ihn vom Tisch und stellte ihn sich auf den Schoß. Wenig später sprach sie mit der Telefonistin. »Eine Fernverbindung mit Australien. Ja, Australien. Gillanbone eins-zwei-eins-zwei. Und beeilen Sie sich, bitte - bitte.«
    Es war Meggie selbst, die den Anruf entgegennahm. Fee lag um diese späte Stunde längst im Bett. Meggie hingegen blieb in letzter Zeit gern noch länger auf. Ein Buch in der Hand, saß sie dann, ohne eigentlich zu lesen, lauschte gern den Grillen und den Fröschen, ließ sich Erinnerungen durch den Kopf gehen.
    »Hallo?«
    »Anruf aus London, Mrs. O’Neill«, sagte Hazel in Gilly.
    »Hallo, Justine.« Meggie war nicht im geringsten beunruhigt. In größeren Zeitabständen rief Jussy in Drogheda an, um sich zu erkundigen, wie es allen ging.
    »Mum? Bist du das, Mum?«
    »Ja, ich bin’s.« Irgend etwas stimmte nicht. Selbst über die riesige Entfernung hinweg blieb Justines Erregung deutlich spürbar. »Oh, Mum! Oh, Mum!« Es klang wie ein Keuchen
    oder ein Schluchzen. »Mum, Dane ist tot. Dane ist tot!«
    Unter Meggies Füßen klaffte es auf. Eine Höhlung, in der sie hilflos versank. Die sich über ihr schloß und der sie nie wieder entrinnen würde. Was können mir die Götter denn noch antun? So hatte sie gefragt, so unendlich töricht. Als ob sie es

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