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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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hinab in den Sand. Rasch zog er sich seine Sandalen aus, nahm sie in die Hand und schritt dann auf die Stelle zu, wo er sich, wie auch jetzt, regelmäßig Hemd und Shorts auszog und nur die Badehose anbehielt. In der Nähe bereiteten zwei junge Engländer Hummer zu, zwei Frauen unterhielten sich untereinander auf deutsch.
    Er sah, daß sie die Köpfe drehten und ihn neugierig anstarrten. Befangen zupfte er an seiner Badehose herum. Die Frauen lächelten ihn an. Ihr Gespräch hatten sie abrupt unterbrochen. »Wie geht’s?« fragte er die beiden Engländer, die er für sich immer so nannte, wie Australier Engländer zu nennen pflegen: Pommies. »Ausgezeichnet, alter Junge«, erwiderten sie mit unverkennbarem Oxford-Akzent. »Vorsicht wegen der Strömung - ist zu stark für uns. Sturm irgendwo da draußen.«
    »Danke.« Er lächelte, lief auf das Wasser zu, das nur sanfte Wellen schlug, und tauchte mit einem geübten Hechtsprung hinein. Unglaublich, wie sehr das täuschen konnte. Unter der so ruhig scheinenden Oberfläche war die Strömung sehr stark, und nur weil er ein ausgezeichneter und kraftvoller Schwimmer war, konnte er es sich erlauben, ihr hier standzuhalten. Er glitt durch das Wasser, genoß das Gefühl der Frische, der Freiheit. Als er den Kopf über die Oberfläche hob und zum Strand zurückblickte, sah er, daß die beiden deutschen Frauen sich ihre Badekappen aufsetzten und lachend auf die Wellen zugelaufen kamen.
    Er wölbte seine Hände trichterförmig vor dem Mund und rief ihnen auf deutsch zu, sie sollten sich wegen der Strömung im flachen Wasser halten. Lachend winkten sie zurück, und er nahm an, daß sie ihm bedeuten wollten, sie hätten verstanden. Wieder tauchte er unter und schwamm, glaubte dann, einen Schrei zu hören. Er schwamm noch ein kleines Stück, bis er spürte, daß der Sog nicht mehr ganz so stark war. Dann tauchte er hoch und trat Wasser. Er hatte sich nicht geirrt. Da waren Schreie. Und jetzt sah er auch, wie die beiden Frauen mit verzweifelten, verzerrten Gesichtern dagegen ankämpften, in die Tiefe gezogen zu werden. Die Engländer, durch die Schreie genauso alarmiert wie Dane, waren aufgesprungen. Doch nur zögernd näherten sie sich dem Wasser.
    Er kraulte auf die Frauen zu, erreichte sie schon bald. In panischer Angst streckten sich Hände nach ihm, packten ihn, zogen ihn unter Wasser. Er wußte, wie er sich in einer solchen Situation zu verhalten hatte, und es gelang ihm auch. Eine der Frauen konnte er gerade lange genug um die Taille festhalten, um ihr einen kurzen Hieb gegen das Kinn zu versetzen. Die andere packte er bei den Bändern ihres Badeanzuges. Dann schob, ja, stieß er ihr hart das Knie gegen die Wirbelsäule. Hustend, denn er hatte Wasser geschluckt, drehte er sich auf den Rücken und begann, seine erschlaffende Doppelfracht in Richtung Strand zu ziehen.
    Die beiden Engländer standen schultertief im Wasser, weiter wagten sie sich nicht hinein, wofür Dane durchaus Verständnis hatte. Endlich spürte er unter seinen Zehen Sand. So erschöpft er im Augenblick auch war, mit dem Aufbieten aller körperlichen Reserven schob er die Frauen durch das Wasser, bis sie von den beiden Engländern in Empfang genommen werden konnten. Gerade in diesem Augenblick schienen die Geretteten wieder munter zu werden. Sie kreischten los und schlugen um sich. Dane grinste schwach. Er hatte das Seine getan, mochten die Pommies jetzt das Ihre tun.
    Während er sich von der Anstrengung ausgeruht hatte, war er von der Strömung wieder weiter hinausgeschleppt worden. Wenn er die Füße in die Tiefe streckte, konnte er keinen Grund mehr spüren. Das war eine knappe Sache gewesen, wirklich auf Messers Schneide. Wie gut hatte es sich doch gefügt, daß er zur Stelle war, denn die beiden Engländer hätten nicht die Kraft und nicht die Übung gehabt, um die Frauen zu retten.
    Aber, sagte eine Stimme in ihm, sie wollten ja nur schwimmen, um in deiner Nähe zu sein, erst als sie dich sahen, kamen sie auf diese Idee. Es war deine Schuld, daß sie
    überhaupt in Gefahr gerieten, ja, deine Schuld allein.
    Während er sich mühelos im Wasser treiben ließ, spürte er plötzlich einen furchtbaren Schmerz in der Brust, als stieße mit glühenden Spitzen ein Speer tief hinein. Er schrie auf, streckte die Arme über den Kopf, der ganze Körper war steif, die Muskeln fühlten sich wie im Krampf. Doch der Schmerz wurde noch schlimmer. Er zwang sich dazu, die Fäuste unter die Achselhöhlen zu stecken, und

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