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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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ihm das Ei. Die Flügel des Hubschraubers drehten sich bereits nicht mehr ganz sogemächlich, als ob das sprungbereit dahockende große Monster erwachte.
    Stillman schaute in den Rucksack. »Gut«, sagte er. »So, einsteigen bitte.«
    Colin wartete darauf, dass Modesto und die Leibwächter seines Kunden der Anweisung ihres Bosses gehorchten. Da merkte er, dass der Milliardär in den Khakishorts ihn ansah. Das Lächeln war immer noch da, aber es ging nicht über die Lippen hinaus.
    »Einsteigen, habe ich gesagt.«
    »Was soll das?« Colin wich ein paar Schritte zurück, doch eine große Hand schloss sich um seinen Oberarm. Einer der Bodyguards war hinter ihn getreten. »Was wird das, wenn’s fertig ist?«
    »Ein kleiner Ausflug«, sagte der Milliardär. »Und du kommst mit. Ich will wissen, was dein Freund Gideon Goldring die ganzen Jahre über hier am Ende der Welt getrieben hat – und du wirst es mir erzählen.« Stillman lachte stillvergnügt und tätschelte die Verkleidung des Hubschraubers. »Außerdem, würdest du nicht gern einmal mit diesem Schmuckstück fliegen, mein Junge? Es ist ein LePage S-99, weißt du, absolute Spitze. Praktisch dasselbe Modell, das fürs Militär gebaut wird. Der Name ›Thunderbird‹ wird dir sicher was sagen, nicht wahr, der Kampfhubschrauber?«
    »Aber Sie haben gesagt, keine Tricks!«
    Der Milliardär verdrehte die Augen. »Ach komm, du bist doch ein großer Junge! Was ist das für ein Quatsch: ›keine Tricks.‹ Seit wann sind Leute, die mit illegal geschmuggelten Dinosauriereiern handeln – und auch noch von einem völlig unbekannten Saurier! –, seit wann sind solche Leute so vertrauensselig? Das glaubst du doch selbst nicht! Kennst du nicht das alte Sprichwort: ›Diebe haben keine Ehre‹?«
    »Aber Sie sind doch Geschäftsmann!«
    »Ich nehme zurück, was ich vorhin gesagt habe, du erinnerst mich doch nicht an mich. Ich glaube, so naiv war ich nicht einmal in der Grundschule.«
    Jude Modesto trat dazu. Die Schweißperlen auf seinem Gesicht glänzten in dem Licht, das aus dem Innern des Hubschraubers fiel. »Sir, davon haben Sie aber nichts gesagt. Das … das ist Kidnapping.«
    »Nur wenn unser Freund hier Anzeige erstatten möchte. Aber ich wette, das wird er bleiben lassen, so oder so. Entweder das Geschäft gefällt ihm, das ich ihm vorschlagen möchte – und es ist ein gutes Geschäft, bei dem mindestens diese halbe Million für ihn herausspringt –, oder ihm wird etwas zustoßen und niemand wird je erfahren, wo er geblieben ist. Klar?« Er nickte dem Mann hinter Colin zu. »Auf geht’s.«
    Der Aktenkoffer wurde ihm dezent abgenommen, dann wurde Colin Needle auf die offene Tür des Hubschraubers zugeschoben.

28
    FLUG WIDER WILLEN
    U nter anderen Umständen hätte es ein faszinierender Anblick sein können, wie die wellenartig gefältelten Hügel am Rand des Standard Valley grau im Mondschein schimmerten und unter ihr dahinbrausten wie ein reißender Fluss. Jedoch kopfunter mit dem Fuß an zerrissenen Drachenfesseln hängend und vom Flugwind gepeitscht wie eine Spinne im Sturm, war Lucinda zu sehr mit Schreien beschäftigt, um die Aussicht zu genießen.
    »Geh runter! Geh runter! Meseret, setz mich ab!«
    Doch das einzige, was von der Drachin zurückkam, war ein Wirrwarr überhitzter dunkler Gedanken, blitzenden Gewitterwolken gleich, in denen es von Zorn und Furcht gärte und von etwas Tieferem, das Lucinda nicht benennen konnte,schon gar nicht, wenn sie hundert Meter über dem sicheren Tod in der Luft kreiselte und schwang.
    Die Drachin ging tiefer und strich so dicht über eine Baumgruppe hinweg, dass Lucinda die obersten Äste an ihrem Kopf vorbeipeitschen fühlte, hielt dann aber die Höhe und flog auf die andere Seite des Tales zu. Falls sie hinter Colin her war – falls dieser wirklich ihr Ei hatte –, war der Junge so gut wie tot. Ein tonnenschwerer Drache würde auf ihn niederstoßen wie ein Adler auf eine Feldmaus, sofern Meseret ihn vorher nicht einfach zu Asche verbrannte.
    Jetzt, da sie gleichmäßiger flogen, hörte Lucinda endlich auf, wie ein Jo-Jo zu hüpfen und schwingen. Sie fasste den Riemen um ihr Fußgelenk und versuchte sich hochzuziehen, doch sie kam nicht einmal mit dem Kopf bis zum Knie. Diese ganzen grässlichen Übungen im Sportunterricht, Seilklettern und Hindernisrennen, warum hatte sie sich dabei nicht mehr angestrengt? Immer hatte sie sofort aufgegeben und war nach ein, zwei Metern wieder heruntergerutscht, ohne sich um

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