Die Drachenflotte (German Edition)
unten frei rumschwimmen lassen? Für wie blöd halten Sie mich eigentlich?»
Er stieg in seinen Anzug, wählte eine Tarierweste und eine Flasche, Bleigurt, Maske und Flossen und knotete dann das andere Ende der Angelschnur um sein linkes Handgelenk, sodass er Knox wie einen Hund an der Leine hatte. Wenn der Bursche jetzt versuchte abzuhauen, brauchte er nur einmal schön kräftig an der Leine zu reißen, um seinen Unternehmungsgeist abzuwürgen und ihn in Reichweite seines Messers zu holen. Er nahm die Heckler & Koch wieder zur Hand, bevor er Knox die Handschellen abnahm, damit der sich fertig ausrüsten konnte. Da es nicht möglich war, ihm die Hände auf dem Rücken zu fesseln, als er die Flasche umgeschnallt hatte, band er sie ihm vor dem Körper.
«Okay», sagte er. «Ab ins Wasser.» Er wartete, bis Knox unten war, und zog leicht an der Angelschnur, um ihn daran zu erinnern, wer der Chef war. Sinnlos, die Heckler & Koch mit hinunterzunehmen. Sie war unter Wasser nicht zu gebrauchen und nur eine unnötige Belastung. Er wollte sie aber auch nicht einfach an Bord liegen lassen, Knox könnte sie sich schnappen, falls er es irgendwie vor ihm wieder hier herauf schaffen sollte. Er entfernte deshalb das Magazin und verstaute es in der wasserdichten Tasche seines Taucheranzugs. Die Waffe versteckte er in einem Seitenfach von Knox’ Tauchertasche, dort würde er sie vermutlich als Letztes suchen. Dann nahm er sein Messer in die rechte Hand, kletterte die Heckleiter hinunter und tauchte unter.
II
Rebecca überlegte fieberhaft, was sie tun könnte, während sie Ahdaf durch ein riesiges Atrium folgte und dann mit ihr eine Marmortreppe hinaufging. Ahdaf war vielleicht eitel genug, um ihr schönes Märchen zu glauben, aber ihr Vater würde niemals darauf hereinfallen. Er würde bald zurückkommen. Sie musste ihren Beweis finden und dann schleunigst verschwinden.
Ahdafs Zimmer war pastellrosa und bot einen überwältigenden Blick auf den Strand und die Lagune. Sie führte Rebecca in einen begehbaren Schrank, links Garderobenstangen voller Kleider und Blusen, rechts Regale mit Stapeln gefalteter Seide. Ideal war es nicht, aber die Gelegenheit war zu günstig, um sie vorbeigehen zu lassen. Rebecca trat hinaus, schloss die Schranktür, während Ahdaf noch drinnen war, und stellte die Klinke fest, indem sie die Lehne eines schräg gestellten Stuhls darunterklemmte.
«Rebecca?», rief Ahdaf fragend, als vermutete sie einen seltsamen Scherz. «Was tun Sie da?»
«Gleich», sagte Rebecca. Sie ergriff eine Fernbedienung, die herumlag, und drückte wahllos auf verschiedene Knöpfe. Der Bildschirm eines Flachbildfernsehers wurde hell. Sie zappte weiter, bis sie einen Musiksender fand, drehte ihn so weit auf, dass Ahdafs zunehmend panische Beteuerungen, sie leide an Platzangst, von der Musik übertönt wurden, und rannte dann durch das Atrium zurück zu Mustafas Arbeitszimmer.
Die Tür war abgeschlossen. Sie versuchte es mit Gewalt, aber das bewirkte gar nichts. Als sie Schritte hörte, rannte sie in der entgegengesetzten Richtung davon und gelangte in ein luxuriöses Wohnzimmer. Die Schritte näherten sich. Sie stellte sich vor ein riesiges Acrylporträt der Familie Habib, um den Anschein zu erwecken, dass sie hierhergehörte. Es gab mehr Habibs, als sie gewusst hatte. Beherrscht wurde das Gemälde natürlich von Mustafa. Ernst und gütig saß er in einem roten Lehnstuhl. Seine Frau, in einem großblumigen Kleid, stand neben ihm und brachte es trotz ihrer niedrigen Standposition irgendwie fertig, auf den Künstler herabzublicken. Auf Mustafas anderer Seite stand Ahdaf, das Gesicht teilweise von ihrem Schal beschattet. Und eingerahmt wurde die kleine Gruppe von zwei jungen Männern, einer rechts, einer links, vermutlich Mustafas Söhne. Der eine, athletisch und gut aussehend, wirkte ziemlich arrogant. Der andere, schmal und dünn, mit hohen Wangenknochen und welligem Haar, stand mit etwas nach vorn gewölbten Hüften wie ein Model am Ende des Laufstegs.
«Was tun Sie hier?»
Rebecca drehte sich um. An der Tür stand einer von Mustafas Wachleuten. «Ahdaf hat mich gebeten, hier zu warten», sagte sie. «Sie wollte etwas aus ihrem Zimmer holen.» Er blieb noch ein paar Sekunden, dann ging er. Sie hoffte, er würde wieder vor dem Haus Posten beziehen, aber sie hörte seine Schritte auf der Treppe. Verdammt . Sie schlüpfte durch die Verandatür hinaus und lief um das Haus herum zu Mustafas Arbeitszimmer. Es hatte keine
Weitere Kostenlose Bücher