Die Drachenflotte (German Edition)
Bildgebung.»
«Ja. Und auch von den Sedimentbefunden. Aber wäre es nicht denkbar, dass jemand diese Messergebnisse und Proben manipuliert hat?»
«Was?», rief Ricky. «Wer?»
«Nicht so schnell», sagte Knox. «Ich frage ja nur: Wäre es nicht möglich ? Wie schwierig wäre es gewesen, unsere Proben mit Sedimenten aus einem anderen Gebiet zu vertauschen?»
«Aber wozu?»
«Um uns zu veranlassen, den Fundort aufzugeben, natürlich, damit man später selbst herkommen und ihn in aller Ruhe ausplündern kann. Ich meine, wenn wir recht haben und dort unten tatsächlich ein Schatzschiff liegt, dann wäre die Fracht Millionen wert, vielleicht sogar Hunderte von Millionen. Dafür würde es sich doch lohnen, ein paar Proben zu vertauschen.»
«Holm!», giftete Ricky sofort. «Ich hab dem Mistkerl noch nie getraut.»
«Beruhigen Sie sich», sagte Knox. «Ich sage nur, dass es eine Möglichkeit ist. Aber sollten wir uns unter diesen Umständen nicht auf jeden Fall Gewissheit verschaffen, bevor wir die Expedition abblasen? Wäre es nicht geboten, neue Untersuchungen durchzuführen und neue Proben zu entnehmen, diesmal aber unbedingt dafür zu sorgen, dass niemand sich an ihnen zu schaffen machen kann? Vielleicht sollten wir sogar Duplikate zur Prüfung nach Europa schicken? Wer weiß, womöglich erhalten wir andere Ergebnisse. Aber selbst wenn nicht, verschafft uns das Zeit, in der wir anfangen können, Ihre Freunde in China auf die veränderte Situation vorzubereiten. Wir haben Miles und mich und vierzehn weitere Berufstaucher an Bord, wir haben ein Motorboot und zwei Schlauchboote und alles Untersuchungsgerät, das wir uns wünschen können. Vielleicht liegt das Wrack nicht da, wo wir es vermutet haben, vielleicht liegt es fünfhundert Meter westlich oder einen Kilometer weiter südlich. Ich schlage vor, wir nutzen die zusätzliche Zeit, um es zu finden.»
«Du hast recht», sagte Miles. «Wir suchen den ganzen verdammten Meeresgrund ab.»
Knox stand auf und trat zum Fenster. Die See war immer noch zu stürmisch für das Motorboot, und es begann, dunkel zu werden. Keinesfalls würde es heute Abend noch nach Morombe zurückkehren können. Er wandte sich Ricky zu. «Holm ist doch bestimmt noch an Bord», sagte er. «Er könnte uns alles vermasseln, wenn er will. Wär vielleicht ganz gut, wenn Sie versuchen, mit ihm Frieden zu schließen.»
«Keine Sorge. Überlassen Sie ihn mir», sagte Ricky. «Was ist mit Ihnen beiden?»
«Wir müssen die Jungs informieren, einen neuen Plan aufstellen.» Knox sah die beiden anderen fragend an. «Einverstanden?»
«Ja», sagte Miles.
«Ja», sagte auch Ricky.
«Gut, dann los.»
II
Beinahe mit einem Anflug von Euphorie spürte Boris, wie es ihn in seinen Sitz drückte, als sich die Maschine zur ersten Etappe seiner Reise nach Madagaskar in die Lüfte hob. Er hatte seinen Pass schon dreimal zeigen müssen, und alles war gutgegangen. Er war erleichtert. Die Nergadses waren natürlich zu klug, um an solchen Dingen zu knausern, aber er war erfahren genug, um keinem Werkzeug zu trauen, solange er es nicht praktisch ausprobiert hatte. Und es tat einfach gut, wieder zu arbeiten. Er war von Natur aus ein Tatmensch, und diese letzten Monate hatten ihn fast verrückt gemacht. Aber seine Hochstimmung hatte noch einen anderen Grund.
Fünfzehn Monate lang hatte er in seinem elenden Loch im griechischen Knast gesessen, ehe die Nergadses ihn endlich herausgeholt hatten. Fünfzehn Monate . Boris hatte sich immer eingebildet, er wäre ein zäher Kerl, den so leicht nichts umbringen konnte. Aber die Wahrheit sah anders aus. Das Gefängnis hatte ihn zermürbt. Er hatte in einem fremden Land festgesessen, dessen Sprache und Gebräuche ihm nicht zugänglich waren, und sich schon an seinem dritten Tag auf eine handfeste Auseinandersetzung mit dem falschen Gegner eingelassen, wofür er aufs scheußlichste bestraft worden war. Aber das war noch nicht alles. Tatsache war, dass das griechische Fiasko sein ganzes Leben zerstört hatte. Selbst als er sich wieder seiner Freiheit erfreuen konnte, war es nur noch Makulatur gewesen. In seiner Stellung als Sandro Nergadses Sicherheitschef war er ein mächtiger und gefürchteter Mann gewesen. Jetzt war er ein Niemand. Leute, die früher vor ihm gekuscht hatten, übergingen ihn, als wäre er gar nicht vorhanden. In dieser Welt drehte sich alles um Respekt. Den musste er sich zurückholen, um jeden Preis, und das funktionierte am besten, indem man einen anderen
Weitere Kostenlose Bücher