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Die Drachenflotte (German Edition)

Die Drachenflotte (German Edition)

Titel: Die Drachenflotte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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Einzige, was sie wirklich gekauft hatte, war noch mehr Leere.
    Sie schaltete die Lichter im Wintergarten an und blickte in ihr kleines Gärtchen hinaus. In der ersten Nacht hatte sie ein Baby weinen hören. Ihr war fast das Herz stehengeblieben. Im ersten Moment hatte sie geglaubt, die früheren Eigentümer hätten eines ihrer Kinder zurückgelassen. Aber als sie hinausgelaufen war, hatte sie gesehen, dass es nur eine schwarze Katze war. Ihr Schreien hatte sich so sehr nach dem Klagen eines hilflosen Kindes angehört, dass Rebecca sich gefragt hatte, ob es ganz gezielt ihr mütterliches Herz rühren sollte. Die Natur war höchst raffiniert im Aufspüren solcher Schwächen, die sich ausbeuten ließen. Sie hatte einmal eine Dokumentation zu diesem Thema gemacht, in der sie ähnliche Fälle vorgestellt hatte, wie zum Beispiel den des Kuckucks, dieses Brutschmarotzers, der seine Eier einzeln in den Nestern anderer Vögel ablegt, um sich den Aufwand der Futtersuche und der Aufzucht der Jungvögel zu sparen. Er nutzt dabei eine Schwachstelle in der Verhaltensprogrammierung gewisser Singvögel, die bewirkt, dass sie die größten und aggressivsten ihrer Nestlinge füttern, um keine Nahrung an kränkliche Nachkommen zu verschwenden. Sie tun dies, ohne auf das Aussehen ihrer Nachkommen zu achten, und ziehen so Kuckucksjunge auf, die größer sind als sie selbst, während ihre eigenen Jungen verhungern.
    Rebecca befasste sich begeistert mit solchen unbequemen Wahrheiten. Sie liebte es, andere aus ihrer Beschaulichkeit zu reißen und ihnen den Spiegel vorzuhalten, der ihre dunklere Seite zeigte. Die Erforschung solcher Verhaltensmuster interessierte sie nicht nur beruflich, sie hatte auch ihr Verständnis der Welt um sie herum geprägt. Sie konnte Menschen bei den banalsten Tätigkeiten beobachten, wie sie an der Supermarktkasse anstanden, einem anderen die Tür aufhielten, ihren Hund spazieren führten, und sofort war sie bereit zu fragen, warum sie es taten und was sie davon hatten. Je tiefer sie in die evolutionäre Psychologie eingetaucht war, desto kompromissloser war sie in ihrer Sicht auf die Welt geworden. Die Menschen waren nichts weiter als Fortpflanzungsmaschinen auf Kohlenstoffbasis. Ihr Bewusstsein war lediglich das Summen und Flimmern organischer Computer bei der Arbeit. Denken und Fühlen waren chemisch induzierte Prozesse. Tugend und Laster waren Überlebensstrategien, der freie Wille eine Illusion. Ihre Arbeit hatte schleichend auf ihr persönliches Leben übergegriffen, als wäre ein psychologisches Unbestimmtheitsprinzip am Werk, das ihr erlaubte, eine bestimmte Gefühlsregung entweder zu empfinden oder zu verstehen, aber nicht beides gleichzeitig. Immer, wenn eine ungewöhnliche Emotion sie ergriff, untersuchte sie sie wie ein mikroskopisches Präparat. Ist das Neid? , fragte sie sich. Ist das Gier? Empfinden andere auch so? Bin ich abartig? Und immer, wenn ein neuer Mann sich ihr zu nähern versuchte, nahm sie ihn mit nahezu wissenschaftlicher Akribie unter die Lupe, prüfte Gespräche und Verhalten bis ins kleinste Detail, provozierte ihn manchmal sogar ganz bewusst mit skandalösen Kommentaren und Handlungen, nur um seine Reaktion zu sehen, bis sie ihn am Ende unweigerlich verscheucht hatte. Sie tat das alles, obwohl sie sich ein Haus gekauft hatte, das groß genug für eine Familie war.
    Lautes Klopfen an der Haustür. «Alles in Ordnung bei Ihnen, junge Frau?», rief der Taxifahrer. «Ich meine, wenn Sie Ihre Maschine erwischen wollen –»
    «Ich komme.» Sie schaltete die Lichter im Wintergarten aus und wandte sich zum Gehen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 6
I
    W ir haben die Maritsa für sechs Wochen gechartert, richtig?», fragte Knox. «Ebenso die gesamte Ausrüstung?»
    Ricky kippte seinen Whisky hinunter und zog ein saures Gesicht. «Und?»
    «Das heißt, dass wir Ihren chinesischen Freunden praktisch nichts sparen, wenn wir das Unternehmen jetzt abblasen.»
    Miles schüttelte den Kopf. «Du kennst diese Leute nicht. Wenn die rauskriegen, dass wir von der Pleite wussten und es ihnen verschwiegen haben –»
    «Aber wir wissen ja noch gar nicht, ob es wirklich eine Pleite ist», unterbrach Knox. «Jedenfalls nicht mit Sicherheit. Wir können immerhin ein Stück Meeresgrund voller chinesischer Artefakte vorweisen, vergiss das nicht, und dazu sehr überzeugende Sonarmessungen.»
    «Die von neueren widerlegt worden sind», warf Miles ein. «Und von den Ergebnissen der magnetischen

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