Die Drachenflotte (German Edition)
drehte sich auf den Rücken. Das Moskitonetz umhüllte sie schimmernd im dämmrigen Licht und verlieh dem Moment etwas mittelalterlich Theatralisches. Sie massierte seine Brust, Arme und Oberschenkel, dann setzte sie sich auf das Fußende des Betts, hob seinen Fuß und hielt ihn an ihre Brust, um besser an seine Fessel heranzukommen. Er fühlte ihren Busen warm und weich an seiner Sohle. Ihr Hemd rutschte unter dem Druck seines Fußes nach unten und enthüllte schattenhaft eine Brustwarze. Sie warf ihm einen gespielt vorwurfsvollen Blick zu, zog das Hemd hoch und strich mit den Daumen mit solchem Druck seinen Mittelfußknochen hinunter, als wollte sie eine Tube Zahnpasta auspressen. «Gut, ja?», murmelte sie.
«Sehr gut», bestätigte er.
Sie schob ihre Hände an seinem Knie vorbei zum Oberschenkel, einmal, zweimal und ein drittes Mal, immer etwas weiter nach oben. Er spürte, wie diese merkwürdige Betäubung des Geistes von ihm Besitz ergriff, die einen Dinge wie Scham und Konsequenzen vergessen ließ, bis es zu spät war. «Wie alt bist du?», fragte er, und seine Stimme klang, als käme sie aus weiter Ferne.
«Dreiundzwanzig», sagte sie. «Willst du Ausweis sehen?»
«Nein.»
Sie nickte und ließ sein Bein sinken. Dann ging sie zur Tür, um sie zu schließen und zu verriegeln. Als sie zu ihm zurückkam, begann sie schon, sich auszuziehen.
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Kapitel 18
I
R ebecca suchte im Schreibtisch ihres Vaters nach Versicherungsunterlagen, als Zanahary mit dem Mitsubishi und ihren Sachen eintraf. Sie brachten alles ins Haus, packten jeder eine kleine Reisetasche, sperrten ab und brachen nach Toliara auf. Sie fuhr, Daniel saß neben ihr. Zanahary hockte hinten auf der Pritsche, wo er nach Herzenslust rauchen konnte.
«Übrigens», sagte sie, als sie unterwegs waren, «was ich Ihnen in der Nacht erzählt habe, war vertraulich, okay? Sie haben nicht vor, irgendein grässliches Feature über mich zu schreiben, oder?»
«Natürlich nicht», versicherte Daniel.
«Mein Vater ist ein sehr angesehener Mann. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn das herauskäme.»
«Ich habe Ihnen doch schon mein Wort gegeben.» Er suchte eine Kassette aus, schob sie ein und drehte die Musik leise. «Aber mal ehrlich: Wenn mich jemand so behandelt hätte, wäre mir sein guter Ruf ziemlich schnuppe.»
«Er ist ja erst nach dem Tod meiner Mutter so geworden. Sie war sein Ein und Alles.»
«Kein Grund, Sie dafür büßen zu lassen.»
«Nein.»
«Und Sie waren diejenige, die alles abbekommen hat, richtig? Ihre Schwester nicht?»
«Nein, Emilia nicht. Er hat sie vergöttert. Mit Pierre hat er sich allerdings schwer zerstritten, das weiß ich noch. Aber irgendwann haben die beiden sich ausgesöhnt.»
«Und wie war es, nachdem Sie nach England gegangen waren?»
«Da war es vorbei. Er wurde ja immer nur so wütend, wenn er betrunken war, aber als ich weg war, hat er keinen Tropfen mehr angerührt.»
«Und Sie glauben das?»
«Emilia hat es bestätigt. Sie hätte mich nicht belogen.»
«Sind Sie deshalb nie wieder zurückgekehrt? Weil Sie Angst hatten, dass er dann wieder zu trinken anfangen würde?»
«Ich habe ihn unglücklich gemacht», entgegnete sie. «Es ist schrecklich, wenn man einen Menschen, den man liebt, unglücklich macht.»
«Aber warum sollten Sie ihn unglücklich machen?»
«Ich weiß es nicht. Jedenfalls nicht mit Sicherheit.» Sie überquerten einen schmalen Fluss. Zwei Madagassinnen holten am anderen Ufer trockene Wäsche von der Leine. Sie trugen gelbe Masken auf den Gesichtern, um ihren hellen Teint zu schützen. «Ich kann mir nur denken, dass ich ihn sehr stark an meine Mutter erinnerte. Was er mir manchmal ins Gesicht gebrüllt hat, klang, als gelte es ihr.»
«Er war wütend auf sie, weil sie einfach gestorben war, und hat seine Wut an Ihnen ausgelassen?»
«Schmerz muss nicht immer logisch sein», sagte sie. «Außerdem war ich ein gemeines kleines Biest. Ich wusste genau, welche Knöpfe ich bei ihm drücken musste.»
«Sie waren vierzehn Jahre alt.»
Tränen schossen ihr in die Augen, und sie wandte sich ab, um sie wegzuwischen. «Wir haben uns ständig gestritten», sagte sie. «Er hat mich gezwungen, in die Kirche zu gehen. Ich habe diese Gottesdienste gehasst . Ich glaubte nicht an Gott, aber selbst wenn ich geglaubt hätte, wäre ich nicht bereit gewesen, zu ihm zu beten, nachdem er mir meine Mutter genommen hatte. Ich habe es als Affront empfunden, dass mein Vater es tat. Er
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