Die Drachenflotte (German Edition)
Landzunge. Das Deck der Yvette , die direkt an der Hafenmauer ankerte, lag knapp einen Meter unterhalb des Kais. Knox sprang hinunter, Rebecca folgte. Sie verdrehte sich den Fuß, als sie aufkam, und wäre gefallen, hätte er sie nicht am Arm festgehalten. «Vorsichtig», sagte er.
Er nahm sich Zeit, um das Boot zu besichtigen. Sie würden vor Morgengrauen aufbrechen müssen, wenn sie Eden zum Abend erreichen wollten, deshalb musste er sich jetzt mit ihm vertraut machen. Es hatte einen Innenborder, aber es war in erster Linie ein Segelboot, das vom Heck aus geführt werden musste. Er öffnete die Hauptluke und stieg in den Schiffsraum hinunter, sah sich die Maschine an, die Propellerwelle, die Bilgenpumpe, das einziehbare Mittelschwert. Der Sprit reichte für vielleicht zwei Stunden Fahrt, aber nicht, um sie bis nach Eden zu bringen. Auf der Hinterseite des Wassertanks war ein Haken aufgeklebt, an dem ein Schlüsselbund hing, vermutlich Zweitschlüssel für das Haupthaus in Eden. Wieder an Deck, prüfte er den Anker und dann die Backskisten. Orangefarbene Schwimmwesten, Leuchtkugeln und eine Signalpistole; ein Bootshaken, synthetische Seilrollen, ein aufblasbares Rettungsboot. Auch Tauchzeug war da. Schnorchel und Masken, zwei Schachteln mit selbstgegossenen Bleien, eine Druckluftflasche mit einem roten Aufkleber, das Zeichen, dass sie gefüllt war, eine Tarierweste und ein Atemregler. Außerdem war jede Menge Proviant gelagert, Kekse, Konserven, Wasser in Flaschen, Limonaden und Bier. Lauter Dinge von Wert, doch nichts davon entwendet.
Das Cockpit war tief gelegt, bot aber nach allen Seiten gute Sicht, auch wenn das Fensterglas zerkratzt und trübe war. Es war besser ausgestattet, als er erwartet hatte, mit UKW-Funk, GPS und Sonar, einem Kompass in einem Messinghaus und einem Steuerrad aus gefirnisstem Holz. Er schaltete das GPS ein, in der Hoffnung, Angaben über die Bootsbewegung zum Zeitpunkt von Adams und Emilias Verschwinden zu finden, aber es war entweder an dem betreffenden Tag ausgeschaltet gewesen, oder die Daten waren inzwischen gelöscht worden. Das Cockpit war zu eng für einen Kartentisch, deshalb hatte Adam stattdessen ein Korkbrett installiert, das bei Bedarf über Rollen hochgezogen und danach wieder versenkt werden konnte. Gegenwärtig war eine durch Plastikfolie geschützte Karte von Eden darauf festgeklemmt. Auf ihr waren nicht nur die üblichen Tiefenlinien und Gezeitendaten verzeichnet, sondern auch Adams eigene Ergänzungen, lateinische und griechische Schriftzeichen, Tierkreiszeichen und Daten, einige davon mit Ringen, Kästchen oder Dreiecken umgeben. Eine Legende, die die Bedeutung dieser Symbole erklärt hätte, gab es jedoch nicht, und es war zu dunkel, um sie jetzt genauer zu studieren.
Er entrollte das Großsegel, prüfte den Mast und die Takelung, und rollte es wieder ein. Durch eine Luke gelangte man in den Wohnbereich. Er stieg die Leiter hinunter in eine enge Kabine mit zwei Klappbetten an der einen Wand, einer kompakten kleinen Kombüse mit Kühlschrank, Kocher und einem kleinen mit Konserven und Würzmitteln wohlgefüllten Schrank an der anderen. Eine gerahmte Fotografie an der Rückwand zeigte Emilia und ihren Sohn Michel. Die Toilette, das Waschbecken und ein großer Apothekerkasten waren hinter einer Schiebetür verborgen.
«Wie lange brauchen Sie noch?», fragte Rebecca, die die Leiter herunterkam. «Ich frage nur, weil wir uns noch ein Hotel suchen müssen.»
«Ich bin fertig», sagte er. «Wir können los.»
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Kapitel 19
I
B oris musste warten, bis er etwas über das Boot und den Außenbordmotor erfahren konnte. Beides gehörte einem einheimischen Fremdenführer, der unterwegs war. Er traf während des Abendessens ein, schüttelte aber nur bedauernd den Kopf, als Boris ihn aufforderte, ihm einen Preis zu nennen. Boot und Motor seien nicht zu verkaufen, erklärte er. Seine Gäste führen gern mit dem Boot hinaus, um zu fischen, zu wandern und die Inseln zu erkunden. Boris könne es gern zu einem geringen Preis mieten, aber kaufen, nein, das Boot sei schließlich seine Existenz.
Boris war nicht daran interessiert, das Boot zu mieten. Er wusste nicht, wie lange er es brauchen und ob er überhaupt hierher zurückkommen würde. Und es war durchaus möglich, dass es Schaden nehmen, vielleicht sogar in Trümmern enden würde. Außerdem war es nicht sein Geld. Er zog daher sein Bündel heraus und begann, Fünfzig-Euro-Scheine auf den Tisch zu
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