Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
Bierhumpen zu.
» Keiner mehr?« Enttäuscht kehrte Rinek an ihren Tisch zurück, auf dem der Wirt inzwischen die bestellten Krüge abgestellt hatte. » Drei Kupferlinge.«
» Sei nicht traurig, immerhin hast du den Einsatz verdoppelt, nicht?« Yaro stieß ihn freundlich an. » Versuch es mal bei dem da. Der kennt dich noch nicht.«
Rinek drehte sich um und schaute in die angezeigte Richtung. » Ein fahrender Händler?«
Der große, hagere Mann, der sich in die hinterste Ecke zurückgezogen hatte, wirkte eher wie ein Soldat als wie ein Kaufmann.
» Er sieht stark aus. Nicht einer dieser kleinen, wabbeligen Typen aus Yan, die auf ihrem Wagen sitzen und die halbe Ladung auffuttern.«
» Es ist bestimmt praktisch, stark zu sein, wenn man einen Wagen voller Waren hat und sie ständig auf- und abladen muss«, meinte Linn.
» Nicht zu vergessen die Räuber, gegen die man sein Hab und Gut verteidigen muss.« Yaro musterte den Händler verstohlen. » Der Mann hat Kampferfahrung, wetten? Er wird glauben, dass er dich mit Leichtigkeit besiegen kann. Los, versuch’s bei ihm.«
Der Fremde löffelte gerade seine Suppe aus und schien nichts von dem, was um ihn herum vorging, wahrzunehmen.
» Er verkauft Schmuck und Kleider für junge Mädchen, hab ich gehört«, meinte Ivar, der sich gerade wieder mit einem Tablett beladen durch die Bankreihe drängte.
Rinek leerte seinen Krug mit einem Zug und sprang auf. Yaro und die Geschwister folgten ihm, um nur ja nichts zu verpassen.
» Lust auf ein Spielchen?«
Der Händler hob den Kopf und betrachtete den breitschultrigen jungen Mann. » Aber ja. Immer.« Er sprach mit einem merkwürdigen Akzent, der seiner Stimme einen heiseren Unterton verlieh.
Ermutigt ließ Rinek sich ihm gegenüber nieder und stützte den Ellbogen auf. In Windeseile spulte er das Ritual ab – Spucken, Grüßen, das Glück anrufen – und war bereit. » Dann mal los.«
» Warte, warte. Beginnt ein Duell nicht üblicherweise mit der Vorstellung der Kontrahenten? Ich bin Akir Isenon, gebürtig aus Tijoa. Und du bist …?«
» Rinek Lester. Hier aus Brina.« Rinek zögerte. » Tijoa?«
» Vergiss die alten Geschichten«, meinte Akir rasch. » Der Große Krieg ist viele Jahre her. Mittlerweile könnte man fast sagen, dass der Norden und der Süden auf dem besten Weg sind, einander die Hand zu reichen. Und Händler sind sowieso überall willkommen. Wir kommen weit herum in der Welt.«
Trotzdem hatte sich die Stimmung in der Gaststube mit einem Mal verändert. Die uralte Feindschaft beider Länder spiegelte sich in den Gesichtern der Bauern wider.
Der Händler tat Linn fast leid – was konnte er denn dafür? » Bitte, erzählt weiter«, forderte sie ihn laut auf, bevor er dachte, dass sie alle griesgrämige Hinterwäldler waren, die sich von verstaubten Gerüchten daran hindern ließen, Neuigkeiten anzuhören und interessante Dinge zu kaufen. Tijoa – wie herrlich das klang, wie aufregend, wie fremd. Aber außer den Legenden vom edlen Brahan und dem bitterbösen Bor-Chain wusste sie selbst ebenfalls nichts über dieses Land. Sie stieß Yaro an. » Wo liegt denn Tijoa?«, flüsterte sie.
» Weit oben im Nordosten«, flüsterte er zurück, » noch hinter Yan und Samaja, glaube ich. Am Meer.«
» Kaufleute aus Tijoa mögen hier noch selten sein«, sprach Akir weiter, das Stirnrunzeln der Briner schien ihn nicht zu beeindrucken. » Aber dafür sind unsere Waren exotisch und kostbar. Seide, feiner als die Stoffe von den südlichen Inseln. Drachenseide nennt man sie, möchtet ihr hören, warum? Weil wir an der Grenze zu Berat die Ferrans züchten, die besten Seidenraupen der Welt, die nirgends sonst vorkommen und die aussehen wie kleine Drachen. Nun ja, mit etwas Fantasie. Nur bei uns gibt es die weißen Bergmarder, die im Eismond von eigens ausgebildeten Jägern über den Beringer Pass heruntergetrieben werden, bevor sie ihr Winterfell verlieren – ihre Pelze sind dichter und weicher als eure hübschesten Kaninchen. Perlen und Korallen, von Tauchern aus Ghenai geborgen – aber vermutlich wisst ihr nicht einmal, was Korallen sind. Magische Amulette aus unserer Hauptstadt Quint …«
» Bleibt uns weg mit Eurer Zauberei«, knurrte einer der Bauern. » Oder Ihr landet schneller in einem Verlies, als Ihr blinzeln könnt.«
» Oh, ich hörte davon«, sagte Akir. » Zauberei ist in Schenn nicht gestattet. Wie merkwürdig, wenn man bedenkt, dass dieses Königreich die rücksichtslose Ausdehnung seiner
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