Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
hintun. Und jetzt Ruhe. Ich will kein Wort mehr hören.«
Als Lester zurückkam, hockte die ganze Familie schweigend um den großen Esstisch.
» Hier.« Er überreichte Merok feierlich das Geld. » Und dass ihr mir ja nicht betrunken heimkommt!«
Der Junge betrachtete die kleine Kupfermünze mit einem Seufzen. » Bestimmt nicht, Vater. Ich glaube, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
Die drei Geschwister hatten es nicht weit bis zur Wirtschaft. Lärm und Licht wiesen ihnen den Weg; das halbe Dorf war hier versammelt.
» Kein Wunder«, sagte Linn, » dass unsere Nachbarn nie genug sparen können, um dem Vogt das Land abzukaufen.«
» Da sind wir schon.« Vor der Tür blieb Merok stehen. » Du kannst eigentlich gleich wieder nach Hause gehen, Linni«, meinte er. » Das hier reicht höchstens für einen halben Krug Bier – falls Ivar die Preise gesenkt hat.«
» Für jeden einen Schluck«, sagte sie. » Das ist gerecht.«
» Gar nichts ist gerecht«, murrte er.
Rinek grinste nur. » Macht euch keine Sorgen. Wir werden einen schönen Abend haben, wetten?«
» Was hast du vor?«, fragte Linn misstrauisch.
Dass sein Lächeln noch breiter wurde, beruhigte sie keineswegs.
Die drei öffneten die Tür. Ein Schwall aus Rauch, Hitze, Essensgerüchen, Lärm und Schweiß schlug ihnen entgegen. Merok duckte sich und tauchte als Erster in die Dorfgemeinschaft ein. Er lotste seine Geschwister an einen Tisch, an dem bereits mehrere Jugendliche saßen. Linn rutschte neben Yaro auf die Bank.
Er trug immer noch das blaue Band ums Handgelenk, da aber ausgerechnet in dem Moment mehrere Nachbarn neugierig zu ihnen hinschauten, tat er so, als würde er sie kaum kennen, und wandte sich ihren Brüdern zu.
» He, wer kommt denn da? Hat der gute Lester euch tatsächlich gehen lassen, damit ihr zuseht, wie wir uns amüsieren?«
» Wir haben Geld mit«, betonte Merok.
» Ja, kann das denn wahr sein?« Ivar selbst war hinter ihnen aufgetaucht, das vor Schweiß triefende Gesicht zu einem breiten Lächeln verzogen. » Ist nicht bei euch sonst das ganze Jahr über Drachenmond? Hat der alte Lester etwa herausgefunden, dass junge Leute nicht nur arbeiten wollen, sondern auch die Früchte ihrer Plackerei genießen möchten? Oder«, er wandte sich an den jüngeren Bruder, » willst du dich wieder durchschnorren, wie sonst?«
» Ach?«, meinte Linn.
» Gar nicht wahr.« Merok wurde rot. Er hielt die kostbare Münze zwischen Daumen und Zeigefinger. » Ein Bier, bitte.«
» Kommt sofort.«
» Drei«, sagte Rinek und legte zwei weitere Kupferlinge auf den Tisch.
» Wo hast du die denn her?«, wollte Linn wissen, sobald der Wirt den Tisch verlassen hatte. » Geklaut? Aus Lesters geheimer Kiste? Bist du denn von allen guten Göttern verlassen? Mutter bringt dich um!«
Rinek versuchte nicht einmal, schuldbewusst dreinzublicken. » Reg dich nicht auf. Alles in Ordnung. Schau mal.« Er ließ sie in den Beutel lugen, der an seinem Gürtel hing. » Hier hab ich noch mehr.«
Linn schnappte nach Luft. » Es ist in Ordnung, weil du noch mehr hast? Ich kann dir nicht ganz folgen.«
Statt einer Antwort stand Rinek auf und ging zum Nebentisch hinüber, wo die Bauern saßen. Er schob sich auf einen freien Platz, legte drei Münzen vor sich hin und stellte seinen Ellbogen auf der Platte ab, die Hand griffbereit nach vorne. » Wer will? Wer traut sich?«
» Mit dir werde ich locker fertig, Müllerbürschchen«, sagte einer und legte seine Hand hinein.
» Erst das Geld auf den Tisch«, rief jemand.
» Hier, kannst du haben.« Der Bauer kramte eine Handvoll Kupferlinge aus seiner Weste und häufte sie neben Rineks Einsatz auf. » Dann mal los.«
Sie spuckten beide auf den Boden, nickten einander zu, die Hand auf der Brust, murmelten » Hay, hay, hay« und fingen an.
Kopfschüttelnd sah Linn zu, wie die beiden ihr Duell ausfochten.
» Wenn er sich da nicht mal verschätzt hat«, murmelte Merok, als der Bauer die Oberhand gewann und sich Rineks Hand bedrohlich der Tischplatte näherte.
» Hat er nicht.« Linn war sich ziemlich sicher, dass ihr Stiefbruder gewinnen würde. Er liebte es, die Sache ein bisschen spannender zu machen. » Jetzt, siehst du?« Mit zusammengebissenen Zähnen drückte Rinek den Arm des Bauern nach unten.
» Der arme Junge hat mir bloß leidgetan.« Lachend schob der Bauer Rinek das gewonnene Geld zu.
» Noch jemand? Du vielleicht?«
Doch die anderen hatten genug gesehen und wandten sich lieber wieder ihren
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