Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
die Welt nicht mehr dieselbe.«
» Nein, aber hat sie sich nicht zum Guten verändert? Selbst in Tijoa wünscht man sich nicht jene Zeiten zurück. Wenn Laran nicht gewesen wäre, würde die Welt immer noch von den Drachen heimgesucht werden, vielleicht sogar noch von denselben. Wir«, er verbeugte sich galant, » sind Schenn immer noch dankbar.«
» Ihr habt uns eure Dankbarkeit gezeigt, indem ihr Laran getötet habt!«
» Das«, widersprach Akir mit einem sanften Lächeln, » ist nicht bewiesen. In unserem Land heißt es, es seien die Drachen gewesen. Der Held tötete den König der Drachen und starb dabei. Andere Geschichten behaupten sogar, dass er überlebte und ohne Gedächtnis durch die Berge wanderte, ein Bettler und Weiser, zu dem sie kamen, um ihn um Rat zu fragen. Manche behaupten, man könnte ihn dort immer noch antreffen, einen Mann in einem grauen Mantel. In einer anderen Fassung lebte er in einer Hütte am Rand des Gebirges, mit einer lieblichen Frau, doch seine Haare hatten ihre Farbe verloren in den Schrecken des Krieges, deshalb erkannten ihn nur wenige.«
» Das ist eine Lüge«, zischte einer der Bauern, heiser vor Wut.
» Wie seltsam, dass ihr jedes Jahr den Laranstag begeht, an dem ihr auf euren verlorengegangenen Helden oder seine Nachkommen wartet – obwohl ihr euch so sicher seid, dass er kinderlos dahingemeuchelt wurde. Und wenn wir die Zuversicht äußern, dass er nicht während des Krieges starb, sondern noch jahrelang fröhlich in den Bergen lebte und Söhne zeugte, seid ihr uns böse? Jedenfalls zerstreuten sich die Ungeheuer in alle Winde, und ich behaupte nach wie vor, das war unser aller Glück, sonst müssten wir hier vermutlich die Köpfe einziehen und uns in Erdhöhlen verstecken. Dann wären sie alle noch hier. Tausend Jahre sind nichts für einen Drachen. Heißt es nicht, sie seien so gut wie unsterblich – es sei denn, die Nachkommen Brahans begeben sich auf die Jagd? Wie dem auch sei, heiliges Blut oder nicht, jedenfalls tun die Ritter nach wie vor ihre Arbeit und halten das Ungeziefer von Lanhannat fern.«
» Sie töten Drachen.« Aus Rineks Augen strahlte die Begeisterung. » Dann bräuchten wir sie hier, wenn die Drachen kommen.«
» Hierher?«, fragte der Händler. Er griff nach seinem Becher und schwenkte ihn langsam hin und her. » Warum sollten sie denn herkommen? Hier gibt es nichts zu holen – weder für Drachen noch für Kaufleute.« Er lachte und wandte sich an Linn. » Wie sah denn der Drache aus, der sich dir angeblich gezeigt hat?«
» Wie er aussah?«
» Ja.« Arik nickte. » Es gibt sie in den unterschiedlichsten Farben, helle und dunkle, glänzende, und manche, so heißt es, sind so matt, dass das Licht auf ihnen erstirbt. Es gibt große, die eine ganze Stadt schlucken können, und kleine, die mit einer Maus zufrieden wären.«
» Wirklich?«, fragte Merok mit weit aufgerissenen Augen.
» Vielleicht. Vielleicht auch nicht.« Arik lächelte geschmeidig. » Deshalb frage ich ja. Wie sah deiner aus?«
» Jetzt bist du dran, Linn«, stöhnte Yaro leise.
Sie zögerte. Wenn sie behauptete, sie wüsste es nicht, machte sie sich lächerlich, aber erst recht, wenn sie einen Drachen beschrieb, den es in dieser Form oder Farbe gar nicht gab.
» Rot«, sagte sie. » Rot wie die Sonne, wenn sie untergeht. Wenn er vorüberfliegt, hat es den Anschein, als wenn der Himmel brennt. Er ist rot wie Blut, und das Licht um ihn herum ist wie ein Strahlen.«
Yaro und ihre Brüder starrten sie überrascht an. Sie hatte ihnen den Drachen nie beschrieben, denn keiner hatte je danach gefragt.
» Rot«, wiederholte Arik. » Nun, das ist … interessant. Die meisten Drachen, von denen ich gehört habe, sind nicht so farbenfroh. Wie groß schätzt du ihn? Eher wie ein Pferd oder wie ein Haus?«
Sie dachte an den riesigen Schatten, der über die Erde glitt, wenn der Drache unter der Sonne hinwegzog, so schnell und flüchtig wie ein Blitzstrahl.
» Jeder Flügel wie ein Dach«, sagte sie. » Er ist so gewaltig, dass er alles vernichten könnte. Alles, was er will.«
» Ach was!« Einer der Bauern, die daneben saßen und dessen Aufmerksamkeit geweckt war, lachte unsicher. » Das ist doch … Unsinn! Gefährlicher Unsinn. Wo sind die Kinder, die du hütest, Linnia, und denen du Angst einjagen willst, damit sie brav sind? Bei uns brauchst du das gar nicht erst zu versuchen!«
Sie senkte den Kopf.
» Gibt es denn solche Drachen?«, fragte Yaro.
Arik zögerte eine Weile.
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