Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
hier, Freundchen.« Erst dann beantwortete er die Frage: » Als ich das Feuer gesehen habe und die Drachen … ich dachte, das Geräusch lockt sie vielleicht her.« Unsicher blickte er zu Merina, die mitten im Raum stand, die Arme verschränkt, als ob sie fröre.
» So«, sagte sie. » Kommen wir nun zu dem Teil, der nur uns etwas angeht. Wie konntest du bloß, Linn!«
» Merina?«, fragte Lester verwirrt. » Dann … dann stimmt es gar nicht? Was du da draußen gesagt hast? Von … von deinem ersten Mann?«
Linn wurde klar, dass ihre Mutter ihn ebenso im Unklaren gelassen hatte wie den Rest der Familie. Kein einziges Mal hatte die stolze Merina über Harlon gesprochen.
Bevor sie es abstreiten konnte – vielleicht hatte sie das vor, ihrem Gesicht nach zu urteilen –, ergriff Linn das Wort. » Ich wusste es«, sagte sie. » Er war ein Ritter. Immer habe ich davon geträumt, wie er herkommt, hoch zu Ross, wie er zu mir spricht. Und dann die Drachen. Wie er zu mir sagt: Kämpfen wir! – Das war nicht gelogen. Nicht wahr, Mutter? Ich verstehe nur nicht, warum du das all die Jahre verheimlicht hast.«
Da warf die Müllerin den Kopf zurück und versetzte Linn einen so heftigen Stoß, dass das Mädchen auf den rauen Holzfußboden stürzte.
» Mutter! Was …«
» Was hast du dir nur dabei gedacht?«, schrie Merina außer sich. » Wieso hast du sie abgenommen? Wie konntest du! Und ob es deine Schuld ist, was uns allen zugestoßen ist. Und ob du sie hergerufen hast! Oh, ich könnte …« Ihre Stimme endete in einem wuterstickten Heulen.
Linn rappelte sich vorsichtig auf, wobei sie darauf achtete, ihrer tobenden Mutter nicht zu nahe zu kommen. » Ich habe doch gar nichts gemacht!«
» Du hast die Kette abgenommen!«, schrie Merina.
» Habe ich nicht!«
Die beiden funkelten sich wütend an. Linn dachte: Das ist falsch. Dass wir hier sind und uns streiten. Was sie mir vorwirft, könnte nicht falscher sein. Wir müssten oben sein, bei Rinek und Binia. Ich sollte längst auf dem Weg zur Festung sein und irgendetwas besorgen, das ihre Schmerzen lindert, statt mich gegen diese absurden Anschuldigungen zur Wehr zu setzen.
» Natürlich hast du das! Nie kannst du gehorchen! Immer musst du deinen Kopf durchsetzen!«
» Merina, Liebes«, warf Lester behutsam dazwischen, » was hat das mit der Kette zu tun?«
» Ich habe sie nicht abgenommen«, beharrte Linn. » Glaub mir doch. Bei was soll ich schwören? Bei Rinek, dem ich versprochen habe, dass ich mich um ihn kümmere?«
» Sie lügt nicht«, sagte Lester. » Nicht, wenn es um Rinek geht. Was ist denn nun mit der Kette?«
Merina brach auf einem Stuhl zusammen und stützte das Gesicht in beide Hände.
Linn zog die Silberkette aus ihrem Ausschnitt. » Hier ist sie. Ich habe sie nicht weggegeben. Dann liegt also wirklich ein Fluch darauf?«
» Ein Fluch?« Ihre Mutter lachte schrill auf. » Das ist dein einziger Schutz, Kind. Wenn du sie abnimmst, wird der Drache kommen. Harlon hat es gesagt. Er hat mich beschworen, dass du sie behältst, dass wir sie nie verkaufen. Er sagte, wenn du sie nicht trägst, wird der Drache dich heimsuchen. Und er ist gekommen, nicht wahr?«
Sie hob den Kopf. Zum ersten Mal in ihrem Leben sah Linn ihre Mutter weinen.
» Das ist dein einziger Schutz gegen die Untiere. Sie suchen dich … Ich hätte nie gedacht, dass sie dich entdecken würden, hier, im äußersten Winkel des Königreichs, hier, wo es keine Drachen gibt. Ich dachte, wir könnten endlich Frieden finden.«
» Warum sollten die Drachen Linn suchen?«, fragte Merok, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte und ein Gesicht machte, als wollte er eigentlich ganz gerne unsichtbar bleiben.
» Linns Vater war ein Mitglied der königlichen Drachengarde«, erklärte Merina. » Ein Drachenjäger. Diese Ungeheuer sind nicht dumm; sie kennen ihre Feinde. Sobald er die Garde verließ, war er Freiwild für sie. Wider alle Vernunft bildete er sich ein, er hätte diesen einen Drachen unter Kontrolle, der ihn vor den anderen beschützen sollte! Ein Drache als Wachhund, fürwahr! Harlon sprach mit ihm, als könnte er alles verstehen, als wäre dieses Vieh kein feuerspeiendes Ungeheuer. Der Ruhm war ihm zu Kopf gestiegen. Als ich einmal miterleben musste, wie er mit dir auf dem Arm direkt vor dieses rote Untier hintrat, dachte ich, mein Herz würde stehenbleiben …«
» Rot?« Linn horchte auf. » Ein roter Drache?«
» Er dachte, er hätte ihn gezähmt … und dieser Drache war sein
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