Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
Nasenspitzen sich fast berührten. » So weit ich zurückdenken kann, hast du hierüber gesprochen«, zischte sie. » Und alle wissen es. Alle. Du kannst dich nicht herausreden.« Lauter sagte sie: » Wir bringen sie ins Dorf. Zeigen wir ihr, was sie angerichtet hat.«
» Ich habe die ganze Nacht geholfen zu löschen!«, protestierte Linn. Sie konnte nicht glauben, dass dies wirklich geschah. Wie konnte irgendjemand denken, sie hätte ihren Geschwistern absichtlich solche Qualen zugefügt?
Die Dörfler zogen das Mädchen mit sich, aus dem Wald heraus. Am Bach kamen ihnen die unverletzten Männer und Frauen entgegen, die sich den Ruß aus den Gesichtern gewaschen hatten und nun ihre Kinder im Lager suchen wollten.
» Linn!«, rief Lester erschrocken. » Lasst sofort meine Tochter los!« Er wollte auf die kleine Gruppe zustürmen, doch ein paar Männer hielten ihn zurück.
» Sie wird der Zauberei angeklagt«, verkündete Tante Taria triumphierend. » Sie hat die Drachen hergerufen. Seht ihr? Die Mühle, um die es ihr geht, wurde von den Drachen verschont. Das ist nur mit Zauberei zu bewerkstelligen.«
Einer der Bauern kratzte sich nachdenklich den Bart. » Es stimmt schon, sie hat es vorausgesagt, die kleine Linni, aber …«
» Danach hat sie dafür gesorgt, dass ihre Prophezeiung sich erfüllt!«
» Ihr Idioten!«, schrie Lester, während Merina mit bleichem Gesicht dastand und sich nicht bewegte, als hätten die ungeheuren Vorwürfe sie gelähmt.
» Glaub ihnen nicht, Mutter!«, beteuerte Linn. » Ich hab sie nicht gerufen! Ich war es nicht! Ich würde nie etwas tun, was Rinek in Gefahr bringt, das weißt du!«
» Lasst sie endlich los!«, verlangte Lester aufgebracht. » Und mich auch!«
Der Dorfmeister trat vor und schüttelte sorgenvoll den Kopf. » Das ist eine sehr ernste Anschuldigung. Wahrsagerei und Zauberei … Wo ist der Priester?«
» Er ist zum Beten unterwegs, zum Kleinen Tempel«, sagte Linn, » um Arajas darum zu bitten, dass …«
» Nimm gefälligst Gottes Namen nicht in den Mund!«, schrie Tante Taria.
Yaro drängte sich durch die Zuschauer. » Was ist denn hier los? Linn?«
» Deine kleine Hure ist eine Zauberin«, teilte ihm Taria mit funkelnden Augen mit. » Geh nach Hause, mein Lieber.«
» Das ist nicht wahr!«, rief Linn. » Glaub ihr nicht. Du weißt, wie sie ist!«
Knurrend wie ein wütender Hund ging Yaro auf seine Tante los. » Was fällt dir ein! Du konntest sie noch nie leiden!«
» Zurück, Junge. Die Beweise sind erdrückend«, sagte der Dorfmeister. » Eine Menge Leute haben gesehen, dass Linnia nicht hier war, als die Drachen angegriffen haben. Sie ist erst später dazugekommen.«
» Aber …«, ging Linn dazwischen, sie wollte alles erklären, dass sie Rinek aus der Festung abgeholt hatte und wie spät es gewesen war und dass sie erst ins Dorf gekommen waren, als die Feuer schon überall brannten. Doch der Meister ließ sie nicht ausreden.
» Des Weiteren: Bei mir haben sich bereits zahlreiche Zeugen gemeldet, die ausgesagt haben, Linnia hätte mit den Drachen geredet. Sie ist ihnen mitten auf der Straße entgegengetreten und hat zu ihnen gesprochen, daraufhin hat einer der Drachen beigedreht und sein zerstörerisches Werk an einer anderen Stelle fortgesetzt.«
» Weil sie mutiger ist als ihr alle!«, rief Lester. » Meine Tochter läuft nicht weg, sondern kämpft!«
» Ich hab’s gesehen«, sagte Merok leise. » Ich hab gesehen, wie sie vor ihm auf die Knie gefallen ist.«
Linn starrte ihren Bruder ungläubig an. Wie konnte er das tun? Wie konnte er ihrem Schwächeanfall eine solche Bedeutung geben?
» Begreift ihr es endlich?«, fragte Tante Taria gefährlich leise. Inzwischen war es so still geworden, dass sie nicht mehr schreien musste, um sich Gehör zu verschaffen. » Sie ist mit den Höllenbestien im Bunde.«
Einige der Umstehenden schüttelten die Köpfe, sprachlos vor Abscheu oder vor Kummer, anderen stand plötzlich die Mordlust ins Gesicht geschrieben.
» Zauberin! Das muss sie büßen!« Die Leute schubsten einander zur Seite bei dem Versuch, sich als Erstes auf Linn zu stürzen und das Leid, das in ihnen brannte, auf diese Weise zu lindern.
Die Männer zogen Lester fort, der wild um sich zu schlagen begann.
» Halt!«, rief der Dorfälteste. » Beruhigt euch! Wenn sie eine Zauberin ist, untersteht sie dem Gericht des Vogts. Wir müssen sie in die Festung bringen.«
» Damit sie ihre Feuerechsen noch einmal rufen kann?«, schrie jemand. »
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