Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Abstieg machte und zwischen kleineren Felsbrocken hindurch auf das schlafende Ungeheuer zuging. Es gab hier kaum Deckung. Dort, wo Dorwit und Gunya sich anschlichen, waren die Sträucher und Gräser fast einen Gildrek hoch, aber von dieser Seite war sie völlig ungeschützt. Der Drache musste nur die Augen aufreißen und würde sie erblicken, eine Kriegerin mit einem goldenen Schwert, das er nicht eher fühlen konnte, als bis es zwischen seine Schuppen fuhr.
» Für das Königreich«, murmelte sie und rannte mit einem wilden Schrei den Abhang hinunter. » Der Siebte!«
Den Sechsten hatte sie am Bach erwischt, als er verhindern wollte, dass die Yaner nach Honau entkamen; an der Stelle hatten keine schennischen Soldaten aufgepasst. Die vier Drachenjäger waren durch brennende Lager gekommen und durch zerstörte Dörfer; manchmal war es kaum zu unterscheiden, ob Drachen oder tijoanische Soldaten hier gewütet hatten.
Der Siebte hatte ebenfalls keine Chance gehabt.
Sieben hatte Linn erledigt auf dem Weg durch die yanischen Wälder. Sieben Drachen hatten die Schärfe ihres Schwertes zu schmecken bekommen, manche davon waren gerade dabei gewesen, sich über die Flüchtlinge herzumachen. Nun ging es um den achten.
Die Drachenjägerin duckte sich hinter die Wurzel eines vom Sturm gefällten Baumes. Der Drache flog ziemlich hoch. Nachdem er das Lager verwüstet hatte – die Jäger waren zu spät gekommen, um es zu verhindern –, wandte er sich nach Osten. Sie verfolgten ihn jetzt schon seit Tagen und warteten auf eine günstige Gelegenheit zum Kampf.
Am glücklichsten war Linn, wenn sie kämpfte und die zitternden Flüchtlinge hinter sich wusste, wenn sie Unglück verhindern konnte, statt es nur zu rächen, doch dieser Drache war schlau. Er hatte mehrere Stellen im Wald heimgesucht, kurz bevor die Drachenjäger gekommen waren, und flog dann gemächlich weiter. Linn fragte sich, ob das Ungeheuer wusste, dass sie hinter ihm her waren, denn statt einfach zu verschwinden, sorgte es dafür, dass sie ihm stets auf der Spur bleiben konnten.
Sie winkte die anderen näher. » Er geht dort hinten runter. Wenn wir uns beeilen, können wir ihn nachts erwischen.«
» Oh ihr Götter«, jammerte Kesim. » Sollten wir nicht lieber an ihm vorbeischleichen?«
Linn bedachte ihn mit einem strafenden Blick. » Er tötet Eure Landsleute, Herr Kesim. Es geht nicht nur darum, dass Ihr ihm entkommt.«
Solche Leute wie er waren immer nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht, und es brachte nichts, ihnen das übelzunehmen. Wenn es wirklich darauf ankam, war Kesim durchaus hilfsbereit und uneigennützig. Diese Raupen brachten ihn um den Verstand, was die Tiere nicht gerade sympathischer machte. Wenigstens krabbelten sie nicht mehr; nach ihrer ekelhaften Blutmahlzeit hatten sie sich eingesponnen. Der Händler behütete ihren Schlaf, als seien sie kleine Kinder, die das geringste Geräusch stören könnte.
Zähneknirschend halfen Okanion und Dorwit ihm mit seinem Karren, damit sie überhaupt vorankamen. Es wurde zunehmend dunkel, aber sie schlugen kein Lager auf. Der Drache war ganz in der Nähe; keiner von ihnen wollte riskieren, frühzeitig bemerkt zu werden. Bisher hatten sie unwahrscheinliches Glück gehabt, aber sie ließen sich davon nicht zu Sorglosigkeit verleiten.
» Ich brauche jedenfalls kein Feuer«, sagte Kesim mit klappernden Zähnen. » Geht ruhig weiter und kümmert Euch nicht um mich. Ich passe auf die Pferde auf.«
Linn hatte den Verdacht, dass er sich ungestört seinen Ferran-Puppen widmen wollte, aber ihr war das nur recht. Sie nickte den anderen zu. Nebeneinander zogen sie los, zum nächsten Kampf.
Es war noch nicht völlig dunkel. Obwohl die Sonne gerade erst in den Abgrund der Nacht gestürzt war, hing bereits der Mond wie ein silbernes Ei über dem Wald, und die Äste und Baumstämme, über die Linn hinwegkletterte, wirkten merkwürdig gestreift. Sie spähte nach oben, wartete auf den dunklen Schatten, der die Sterne beim Vorbeifliegen für einen Atemzug auslöschte, doch alles schien friedlich.
Nun, dachte sie, nicht von der Abwesenheit des roten Drachen überzeugt, genauso friedlich wie dieses Land hier, still und schläfrig unter dem Mond. Trau dem Anschein nicht.
Allen, die das Elend der Flüchtlinge erlebt hatten, kam das Funkeln der Sterne vor, als würden die Götter dort oben lächeln, fremd und unbeteiligt.
Das Gelände stieg leicht an, und Linn hielt nach den bevorzugten Ruheplätzen der Drachen Ausschau:
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