Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
letzten Feinde in die Flucht schlug.
» Gunya!« Linn stolperte vorwärts, auf die Ritterin zu. » Gebt mir die Kette, schnell! Gebt sie mir zurück!«
Die Ritterin ächzte. Linn rollte sie rasch auf den Rücken und sah einen roten Anhänger aus einer Tasche herausblitzen. Hastig nahm sie die Kette an sich und band sie sich um – der feine Verschluss war zerrissen, sodass sie die Glieder mit bebenden Fingern verknoten musste. Ihre Haut war klebrig von all dem Blut, was die Sache erschwerte, doch schließlich richtete sie sich auf, blieb neben Gunya stehen und rief ihre Herausforderung in die Höhe: » Dann komm, Gah Ran! Komm nur, wenn du dich traust!«
Der Himmel über ihr war leer. Etwas Schweres krachte unweit durch die Baumwipfel, der Boden unter ihren Füßen wurde wie von einem Erdbeben durchgeschüttelt. Das Rauschen von Flügeln. Ein Schatten vor den Sternen, eine Silhouette vor dem Mond.
Stille.
Die Welt war wieder, was sie immer gewesen war, und Linn fühlte sich auf eine merkwürdige Weise taub und blind.
» Verzeiht mir.« Gunya umklammerte Linns Arm. » Bitte, verzeiht mir.«
Nachdenklich saß Linn am Bett der verletzten Drachenjägerin. Eine Kralle hatte ihr das Bein aufgerissen, eine Schwinge ihr ein paar Rippen gebrochen. Dabei hatte sie noch Glück gehabt; Dorwit hatte den Kampf der Drachen nicht überlebt. Okanion versuchte mit der Schwertklinge ein Grab zu schaufeln, scheiterte jedoch an dem steinigen, durchwurzelten Waldboden.
» Wir müssen ihn verbrennen«, sagte er schließlich. » Ich will nicht, dass die Wölfe seinen Leichnam zerreißen.« Trübsinnig starrte er auf ihr kleines Lagerfeuer, in dessen Wärme Gunya schwer atmete.
» Wartet.« Die Ritterin klammerte sich an Linn fest, als diese sich aufrichten wollte, um Okanion bei seiner traurigen Arbeit zu helfen. » Wartet, bitte. Ich wollte nicht … ich wusste nicht … Verzeiht mir«, wiederholte sie. » Ich sollte herausfinden, ob Ihr eine Zauberin seid. Der König selbst gab mir den Befehl dazu. Ich dachte, wenn ich Euch diese geheimnisvolle Kette abnehme, wird sich zeigen, wer Ihr wirklich seid.«
» Ich wäre tot«, sagte Linn langsam, und ihre Hand schloss sich um den größten der roten Steine, » wenn es die Kette gewesen wäre, die mich vor dem Feuer beschützt. Ihr hättet mich dem Drachen ausgeliefert, während er angriff!«
» Es tut mir leid«, flüsterte Gunya und stöhnte, als sie versuchte, sich zu bewegen. » Aber wie …? Ihr standet mitten im Feuer.«
Linn streckte die Hand aus und berührte die Ritterin vorsichtig an der Wange. » So viele Blutspritzer … auch auf Eurer Haut. Wir sind durch Blut und Feuer gerannt. Es ist das Blut, glaube ich. Es hat auf meiner Haut gebrannt, es ist wie eine Hülle … deshalb bin ich noch hier.«
Nur mit einem magischen Schwert konnte man einen Drachen zum Bluten bringen. Nat Kyah war verletzt gewesen, und sie hatte so viel Blut abbekommen, dass sie nicht nur gegen sein Feuer, sondern auch bei den nächsten Kämpfen geschützt gewesen war. Der mondfarbene Drache hatte sie jedoch von hinten erwischt, wo der Schutz offenbar nicht vollständig gewesen war, daher die Verbrennung in ihrem Nacken. Jetzt ergab alles einen Sinn – aber wozu diente dann die Kette?
Okanion kam näher, das Gesicht dunkel vor Gram und Kummer. » Ihr wart eingehüllt in Flammen. In dem Moment dachte ich, Ihr seid ganz sicher eine Zauberin. Doch wie es aussieht …« Er schaute auf seine rotverschmierten Hände und drehte sie vor seinen Augen. » Es ist tatsächlich das Drachenblut. Nicht Ihr habt magische Fähigkeiten, sondern die Ungeheuer.« Sehr ernst sah er auf Linn und Gunya herab. » Verzeiht mir, dass ich das jetzt noch frage, aber was ist mit Eurem Schwert?«
Linn hob müde die Hände. » Probiert es aus.«
Okanion machte prüfend ein paar Schlenker durch die Luft, wirbelte herum und stach mit der Klinge auf den toten Drachen, der am nächsten lag. Funken sprühten auf, der Ritter taumelte zurück.
» Damit kommt man nicht durch den Panzer. Nicht besser als mit meinem.«
» So ist es«, bestätigte Linn. » An diesem Schwert ist nichts Besonderes.« Nichts Besonderes mehr, dachte sie. Es ist keine Lüge. Mit dieser Klinge kann man keinen Drachen mehr töten.
» Dann seid Ihr die Beste«, sagte Gunya und hustete; ihr schmerzverzerrtes Gesicht verriet, wie es ihr dabei ging. » Ihr habt die Belohnung verdient, verdammt noch mal.«
» Nein, das habe ich nicht«, widersprach Linn. Sie
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