Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Er setzte sich eine klingelnde Mütze auf. Spiegel und Töpfchen mit verschiedenfarbiger Schminke mussten ausreichen, um ihn in den Narren zu verwandeln. Als er aus dem Zelt stürzte, sah er Chamija auf sich zumarschieren, ärgerlich wehrte sie die Kinder ab, die sich aufdringlich an ihren Arm gehängt hatten. Ein scharfer Stich der Angst durchfuhr ihn, als er die Tensi-Kinder so nah bei der gefährlichen Zauberin sah, doch er grinste bloß frech und ließ sich nichts anmerken.
» Suchst du mich bei den Meinen?«
Die Kinder starrten ihn kurz an, aber sie waren zu gut erzogen, um sich zu seiner Verwandlung zu äußern. Tensi verkleideten sich andauernd, wenn auch nicht jeder von ihnen das perfekte Spiel beherrschte. Siedend heiß fiel ihm ein, dass die gelben Narrenschuhe noch in dem leeren Haus warteten, dass er im Moment die schlichten Schuhe des jugendlichen Diebs trug, darin die tödliche Drachenschuppe. Auf keinen Fall durfte sie nach unten sehen, auf seine Füße.
» Der Prinz ließ dich gehen«, sagte Chamija kühl, » aber das bedeutet nicht, dass ich dich ebenfalls gehen lasse. Es ist bereits spät. Was tust du hier so lange bei dem Wandervolk?«
» Dies und das«, antwortete er keck. » Tanzen und singen, kosten und trinken, küssen und spielen. Möchtet Ihr irgendetwas davon mit mir tun?«
Chamija versenkte ihren dunklen Blick in seine Augen. Jikesch musste sich dazu zwingen, nicht zurückzuzucken, als ihn etwas Kaltes streifte wie mit eisigen Fingern.
» Gibt es Zauberer unter den Spielern?«
Er erschrak – wie konnte sie wissen, wie das Volk sich selbst nannte? » Tensi« bedeutete » Spieler«, doch das wusste niemand, so wenig wie die Sesshaften eine Ahnung davon hatten, wie die Gaukler sich nannten.
» Nein«, antwortete er.
» Wirklich? Niemanden? Niemand, der träumt, den Visionen heimsuchen, der die Wahrheit sieht, wenn sie vor ihm her schreitet in einem fremden Gewand?«
» Alles nur Spielerei«, antwortete Nival freundlich, während das Entsetzen ihm die Kehle zuschnürte. » Alles nur Taschenspielertricks. Sorgfältig einstudiert und mit der Ahnungslosigkeit und dem guten Willen des Publikums garniert.«
» Wie kommt es, dass ich dir das nicht recht glauben kann? Warum bilden sich Schweißperlen auf deiner Stirn, kleiner Narr? Warum zittert dein rechtes Lid, und dein linkes Auge tut, als sei es blind? Wer kann zaubern?«
» Niemand«, flüsterte er.
Aber so wie er seinen Verrat an Linnia nicht hatte verhindern können, war er auch diesmal machtlos. Er konnte nur beten, dass die Zauberin ihn nie, niemals nach Mora fragte.
» Die dort«, wisperte er und nickte zu einer der Tänzerinnen hinüber. » Alasan. Sie kann weiter sehen als andere.«
Chamija betrachtete die Gruppe der tanzenden Frauen. Ihr Gesicht verriet nicht, was sie dachte. Vielleicht, hoffte Jikesch, war es nicht so schlimm, wenn man Wahrträume hatte. Vielleicht war wenigstens das verzeihlich.
» Weiter«, befahl sie unerbittlich.
» Olkis ist ein Priester von Barradas«, brachte er heraus. » Er spricht mit dem Wind und liest in den Blättern.
Aber das ist keine Zauberei«, behauptete er trotzig.
» Zauberei ohne Drachenmagie?« Chamija lächelte versonnen. » Ich dachte, diese Art der Zauberei wäre längst vergessen. Sie war gut und hat ihren Zweck erfüllt, aber gegen das, was inzwischen möglich ist, war sie schwach. Kräuter und Tränke und Gebete … vor achthundert Jahren mochte das noch angehen, aber ich bin überrascht, dass sich diese Dinge gehalten haben, seit ich die Drachen für uns entdeckte.« Chamija nickte ihm huldvoll zu. » Wundert dich das?«
» Ja«, stammelte er. » Ihr wirkt nicht so … alt.«
» Oh, ich bin um einiges älter, als ich aussehe.« Sie zeigte ihre blendend weißen Zähne. » Ich bin nicht einfach irgendeine Zauberin. Ich habe das Talent magischen Blutes und die nutzlose Macht der verdammten Drachen miteinander verwoben. Ich bin die Ahnherrin aller Zauberer, wenn du so willst, denn ich war es, die entdeckte, was man mit der Macht anstellen kann, die den Drachen gehört. Ich war es, die als Erste herausfand, wie man den Mächtigen die Kraft stehlen kann, um stärker zu werden als sie. Ich habe diese Art von Zauberei begründet, und deshalb gehört sie mir.«
Sie lächelte. » Du glaubst mir nicht? Nun, das solltest du aber. Diese kleinen, armen Gaukler, wie Wind und Blätter … das kann nicht schaden, denke ich. Aber Träume … hat diese Alasan Caness ? Drachensteine? Was
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