Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Er fuhr auf, als Agga im Türrahmen erschien. » Wie geht es ihm?«
Das Mädchen wischte sich über die Stirn. » Wir brauchen einen Zauberer. Mora hat die Wunden gesäubert – die hätten sich sonst schwer entzündet, sagt sie. Dreck und Rost und was weiß ich noch. Aber sein hübsches Gesicht … das war kein Mordanschlag. Was wollten sie bloß von ihm wissen?«
» Er trug einen Knebel«, sagte Nival. » Sie haben ihn überhaupt nichts gefragt.«
» Nun, wenn Linnia hier wäre … Frau Mora versucht, ihn zu behandeln, aber ihre Kräfte reichen nicht aus. Ich soll Euch fragen, Herr Rinek, ob Ihr zaubern könnt.«
» Wie bitte?«, fragte der Briner.
» Wenn Euer Freund diese Narben loswerden soll, dann kommt. Was sie mit seinen Händen angestellt haben, es ist ein Jammer! Also, könnt Ihr ihm helfen?«
» Ich?«, japste Rinek. » Warum sollte ich zaubern können?«
» Ihr seid immerhin Linnias Bruder. Wenn sie die Gabe hat, könntet Ihr sie doch auch besitzen.«
» Linnia ist keine Zauberin!«, wehrte Rinek empört ab. » Sie hatte nie echte Visionen, es waren nur Erinnerungen.«
Nival hob den Kopf. Wenn Mora Agga so viel anvertraut hatte, konnte er offen sprechen.
» Eure Schwester hat magisches Blut«, sagte er. » Herausragendes Talent. Sie kann heilen. Mora verdankt Linnia ihr Leben. Was ist mit Euch? Ich weiß, Ihr seid nur ihr Stiefbruder, aber auf dem Land kommt dieses Erbe noch recht häufig vor. Könnt Ihr Caness ?«
» Caness?«, fragte Rinek verwirrt.
» Lässt Eure Stiefmutter Euch das Essen würzen?«
» Ich koche nicht!«
» Also habt Ihr es noch nie ausprobiert?« Nival seufzte. » Kommt.« Er stand auf und musste sich an der Tischkante abstützen, doch rasch fing er sich wieder. » Wir verlieren nichts, wenn Ihr es versucht.«
Mora hob die Brauen, als die beiden in die Krankenstube polterten, Rinek unüberhörbar mit seinem Holzbein, Nival zu wackelig auf den Beinen, um geradeaus zu gehen. Wie ein Toter lag Yaro auf dem Bett. Die Verbände an seinen Händen waren blutdurchtränkt, die Kerbe auf der Wange klaffte weit auf.
» Oh Arajas«, stöhnte Rinek und ließ sich auf der Bettkante nieder.
» Du hast ja doch noch Salbe da?«, fragte Nival, da Mora in einer kleinen Schüssel rührte. Schweiß stand ihr auf der Stirn, und sie sah aus, als würde sie gleich umkippen.
» Ein bisschen Caness «, sagte sie, » nebst ein paar anderen Zutaten. Damit dieses schwache Zeug wirkt, brauchen wir allerdings einen starken Zauberer. Ich habe angefangen, aber meine Kraft reicht nicht, dazu bin ich selbst noch nicht gesund genug. Könnt Ihr zaubern, junger Mann?«
Rinek, so direkt angesprochen, zuckte zurück. » Ich könnte es versuchen«, sagte er trotzig.
Mora zögerte. » Diese Worte sind eigentlich streng geheim. Wenn Ihr gar kein Zauberer seid …«
» Tante Mora!«, rügte Nival. » Sag es ihm. Wenn nicht für Yaro, dann für mich. Ich brauche auch eine Behandlung, falls du das vergessen hast.«
Die Zauberin wirkte alles andere als erfreut, als er Rinek die Schüssel in die Hand drückte. » Streicht Eurem Freund das hier auf die Wunde. Das Wort lautet … Wintika .«
» Er kann damit nichts anfangen«, behauptete Mora. » Du verschleuderst unsere teuer bezahlten Geheimnisse für nichts!«
Der Briner tauchte den Finger in die Salbe. Sie roch anders als sonst, bemerkte Nival, und sah auch anders aus.
» Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas jemals versuchen würde«, sagte Rinek leise. » Dass ich nicht voller Abscheu weglaufe, sobald jemand auch nur von Zauberei spricht. Früher hätte ich Euch ins Gesicht geschlagen, als Ihr behauptet habt, meine Schwester sei eine Zauberin … aber mittlerweile weiß ich, dass diese Welt völlig anders ist, als ich gedacht habe. Hier liegt Yaro, und ich habe keine Ahnung, warum. Aber ich habe versprochen, ihn zurückzubringen, heil und in einem Stück. Ich bin ein anderer Mann als früher, auch ein anderer als der, den Linnia Euch möglicherweise beschrieben hat. Wenn man ein paar Mal im Kerker gesessen hat, lernt man, dass die Gesetze, die ein König irgendwo im fernen Lanhannat erlässt, nicht immer und überall Gültigkeit haben.«
» Ihr wart im Gefängnis?«, fragte Agga entsetzt. » Weswegen?«
» Wegen unverschämten Betragens gegenüber der Obrigkeit«, sagte Rinek bitter, » aus unterschiedlichen Gründen. Von überhöhten Forderungen der Heiler im Dienst des Vogts bis zu einer angeregten Diskussion über die Steuerlast unseres
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