Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
fragte Chamija geradeheraus.
» Es steht mir nicht zu, Euch zu verurteilen«, sagte er leise. » Ausgerechnet ich.«
» Ja«, bestätigte Chamija, » du mit deinem finsteren Wunsch. Kannst du ihn aussprechen? Kannst du dich dazu stellen, zu dem, was du willst? Was dich antreibt, was dich hergebracht hat, was dich aus der Mitte deines Volkes herausgerissen hat – kleiner Tensi?«
Sie lachte über sein Erschrecken. » Ich habe dort unten in der Stadt gesehen, wie sehr du zu ihnen gehörst. Ein Gaukler. Es ist dir nicht angeboren, in einem Haus Wurzeln zu schlagen, und mag es noch so groß sein. Also sprich. Ich will die Welt vor den Drachen retten. Deswegen ist mir auch Linnia so nahe, ihr Zorn und ihr Hass und ihr unbeugsamer Wille, gegen die Ungeheuer zu kämpfen. Dachtest du, meine Freundschaft sei gespielt? Ich habe«, fügte sie leise hinzu, » nur wenige Menschen geliebt in all den langen Jahrhunderten. Wenn ich dieses Mädchen wahrhaft meine Freundin nennen kann, was will ich mehr? Sie und ich, wir fechten denselben Kampf. Und was willst du?«
Nival befeuchtete seine trockenen Lippen. Wenn Chamija darüber sprach, klang es ganz einfach, so selbstverständlich und überhaupt nicht schlimm.
» Er muss sterben«, sagte Jikesch und horchte dem Klang seiner Worte nach. » Der König. Der König muss sterben.«
» Ja«, flüsterte Chamija. » Das muss er. Aber da ist noch mehr, nicht wahr? Sprich, mein kleiner Narr. Du bist kein alberner Hampelmann, der mit Tüchern und Köpfen jongliert, der nichtige Wörter in die Luft wirft und wieder auffängt. Oh nein, deine Wörter bedeuten etwas. Es ist, als könntest du zaubern, nicht mit Drachenworten, sondern mit allem, was einen Menschen ausmacht. Du bist viel mehr als ein Gaukler. Ich habe den Zorn in deinen Augen gesehen, bei jedem frechen Wort, bei jedem Scherz, in jeder deiner Bewegungen. Eine Nacht und einen Schmerz, in die ich dich tiefer hineinführen werde, als du je gehen wolltest, und wenn ich dich wieder heraushebe, wirst du dich fühlen wie neugeboren.«
» Ich will es tun«, wisperte Jikesch, » ich will ihn töten.«
Dank ihres wissenden Lächelns fühlte es sich nicht mehr an, als hätte er vor, ein Verbrechen zu begehen. Es war der Weg, der ihm nicht nur vorherbestimmt war, sondern den er selbst gewählt hatte. Seit er sich durch das Labyrinth getastet hatte, das Weinen der gefolterten Zauberer in den Ohren.
» Ich weiß«, sagte sie. » Es muss geschehen. Nur wenn der Weg frei ist für mich und Arian, kann ich Schenn retten. Der Herr der Drachen verfolgt seine eigenen Pläne, und wir müssen ihm mit so viel List und Heimlichkeit entgegentreten, dass bis zum letzten Augenblick sein Sieg sicher und für uns alles verloren erscheint. Ich muss meine Kraft nutzen können, frei und offen, ich muss meine Macht entfalten wie ein Vogel, der die Flügel ausbreitet, um zu fliegen. Pivellius würde mich daran hindern und uns alle in den Abgrund reißen. Dein Wunsch ist mein Wunsch und erstaunlicherweise fast aus den gleichen Gründen: um der Magie willen muss dieser König abtreten.«
» Der Herr der Drachen?«, fragte Jikesch bang. » Es gibt jemanden, der … ihr Herr ist?«
» Gegen Scharech-Par«, sagte Chamija, » bin ich kaum mehr als ein Milchmädchen. Wir haben nicht viel Zeit, Jikesch. Also, befassen wir uns mit dem Problem, das ich eingangs erwähnt habe.«
21
Mora betrachtete ihn besorgt. » Du siehst nicht gut aus, Nival.«
» Das sagst du immer«, meinte er mürrisch, trotzdem nahm er die Teetasse entgegen und trank gehorsam. » Ich leide an etwas mehr als einem Schnupfen. – Wir müssen die Briner dazu bewegen, die Stadt zu verlassen.«
» Das werden sie aber nicht tun. Sie sind hier, um Linnia zu sehen, hast du das vergessen? Es ist ein weiter Weg von Nelcken hierher. Außerdem war es für junge Männer nie weniger sicher als jetzt. Jeder, den die Soldaten erwischen, wird eingezogen, nur hier in Lanhannat können sie diesem Schicksal entgehen. Nein, ich glaube nicht, dass sie es so eilig haben, sich auf den Rückweg zu machen.«
Nival seufzte. » Sie müssen aber gehen. Ich konnte sie bisher gerade so davon abhalten, zum Schloss hochzumarschieren. Solange Jikesch aufpasst, werden sie keinen zweiten Passierschein bekommen, aber er ist nicht immer zur Stelle.«
Ihn schwindelte, und irgendwie brachte er es nicht fertig, die Tasse zurück auf den Tisch zu stellen. Verwirrt blinzelte er, als sie auf dem Boden zersprang.
» Tante Mora, was
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