Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
mundet?«
Chamija starrte ihn eine Weile an, und er duckte sich unwillkürlich, als sie die Hand ausstreckte und sie ihm an seine weiße Wange legte. » Ja, mein kleiner Vogel, es gibt noch ein paar Körnchen für dich.«
Er hielt still, obwohl ihn plötzlich panische Angst durchzuckte, als sie sein Gesicht nun auch mit der anderen Hand berührte und sich vorbeugte, als wollte sie ihn küssen. Der Schmerz, der ihm durch den Schädel zuckte, schmolz alle Gedanken fort, die sich in seinem Kopf drehten, die ganze Sorge darüber, die Zauberin könnte sehen, was in der vergangenen Nacht geschehen war. Es gab nur noch dieses blendende weißblaue Feuer.
» Was hast du getan?«, fragte sie leise. » Hintergehst du mich? Verrätst du mich?«
» Nein«, flüsterte er. Allein Mora hatte er es zu verdanken, dass er noch fähig war zur Lüge, allein Mora, dass er an Jikesch dachte, an den Narren, der im Stroh schlief, während Chamija ihm in die Augen starrte, als könnte sie dort alle seine Geheimnisse entdecken. Hoffentlich konnte sie nicht sehen, ob er einen Nachmittag und eine Nacht im Stall verbracht hatte oder nur eine Stunde nach dem Morgengrauen, völlig erschöpft von dem Aufstieg zur Burg. Er fühlte sich immer noch angeschlagen, trotz der Heilung; der Kampf würde ihm wahrscheinlich tagelang in den Knochen stecken. Die Wächter hätten Chamija sagen können, wann er nach Hause gekommen war, doch er hoffte, dass sie sich nicht die Blöße geben würde, die Männer zu fragen. Was hatte die tijoanische Schreiberin schon mit dem Narren zu tun? Noch hatte sie hier keinerlei Befehlsgewalt.
» Gut«, sagte sie leise, und als der Schmerz ihn endlich freiließ, fiel Jikesch zurück auf den Marmorboden und blieb dort leise ächzend liegen. » Also wenden wir uns dem Problem zu. Wir haben Gäste in der Stadt.«
» Aha«, sagte er schwach.
» Nein«, sie lächelte, » oh nein, was du wieder denkst! Ich werde dich gewiss nicht zwingen, sie umzubringen. Ich bin keine blindwütige Mörderin! Alle meine Handlungen sind … präzise. Die beiden Männer, um die es mir geht, wurden überwacht, doch irgendwie sind sie aus dem Netz meiner Beobachter entkommen.«
» Das kann ich mir kaum vorstellen«, wagte Jikesch anzumerken.
» In der Tat«, meinte Chamija langsam, » ist das auch fast nicht vorstellbar, habe ich doch das Versprechen eines einflussreichen Mannes auf meiner Seite.«
» Hat auch er«, flüsterte Jikesch, » einen Bund mit Euch geschlossen?«
Ihre Augen leuchteten auf. » Oh ja, das hat er. Aber bei ihm, wie bei den meisten, genügen ein Handschlag und einige Waren, die begehrenswert erscheinen und die Verheißung von noch mehr Macht und Reichtum in sich bergen. Bist du eifersüchtig, mein Lieber? Glaubst du, ich gebe jedem einen Kuss, so wie dir, und ich verknüpfe mit jedem mein Schicksal, mit heiteren kleinen Narren genauso wie mit finsteren Gestalten, mit denen ich mich nicht beschmutzen mag? Dein Wunsch, mein Herzblatt«, sie küsste ihn zärtlich auf die Stirn, » ist mein Wunsch. Oh, wir sind uns so ähnlich, mein süßer Spaßvogel! Voller Geheimnisse und Gelächter und dunklem Wissen. Schon als ich dich das erste Mal gesehen habe, wie du Charrin die Bilder von Brahan erklärt hast, hast du mein Herz erobert. Ich würde viel lieber dich heiraten als den grantigen Prinzen, aber es geht nun mal nicht anders. Auch meine Wünsche, musst du wissen, sind sehr stark und treiben mich wie die Wellen des Ozeans durch mein Leben. Lange Jahre …«
» Was«, er wagte nur zu flüstern, » ist denn Euer Wunsch?«
» Euch zu retten«, sagte Chamija. » Das hättest du wohl nicht erwartet? Ich werde die Menschheit retten, und ja, es würde mir gefallen, dafür geehrt zu werden, so wie ihr Brahan und Laran verehrt.« Sie lachte leise. » Oh, wenn ihr wüsstet, wie es wirklich war! Ich werde nicht zulassen, dass die Drachen diese Welt in die Fänge bekommen. Doch dafür sind Schritte nötig, die nicht immer leicht zu gehen sind. Manchmal denke ich, was bin ich bloß für eine Närrin, es überhaupt zu versuchen. Aber«, ihr Lächeln war so schön, so verträumt, so zärtlich, dass Jikesch hätte heulen mögen, » wir beide werden tun, was getan werden muss. Nein, du stimmst mir nicht zu, wie hätte ich das erwarten können? Du fürchtest dich vor dem Schmerz.«
Er wollte stillhalten und sie ins Unrecht setzen, aber natürlich zuckte er zurück, als sie die Hände nach ihm ausstreckte.
» Glaubst du, ich bin böse?«,
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