Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
heraus?«
» Wir retten den König.« Agga machte einen Schritt auf ihn zu. Ihre Augen funkelten grimmig, doch er konnte ihre Angst riechen – so stark schwitzte sie sonst nicht. » Wir schätzen Euch sehr, Herr Nival, nicht aber den tollwütigen Mörder, zu dem Ihr geworden seid.«
» Vorsicht.« Unter der Treppe erschien Mora, eine schimmernde Gestalt in einem hellen Kleid. » Reizt ihn nicht. Er kann jeden von uns mit einem einzigen Tritt töten.«
» Pfeif deine Hunde zurück«, sagte Nival und bemühte sich, seine Wut hinunterzuschlucken. Sie war unverkennbar da; es war, als würde tief in ihm ein Kessel mit schwarzer Tinte zu brodeln beginnen. Die Dämpfe stiegen ihm in die Nase. Zaubertinte, eine schwarze, giftige Brühe, heiß und ätzend.
» Wir haben keine Wahl«, sagte Mora sanft, so unerträglich zärtlich, dass ihm Übles schwante. » Wir müssen dich außer Gefecht setzen, mein Junge. Wenn wir es nicht tun, wer sonst? Wärst du noch bei Verstand, würdest du uns zustimmen. Bitte, Nival. Ich muss eingreifen. Ich kann dir nicht länger trauen.«
Er versuchte, ruhig zu atmen. Die Alten wagten nicht, näher zu kommen, aber der Hausflur war schmal und eng und bot ihnen keinen Platz zum Ausweichen. Kasidov stand auf der untersten Treppenstufe, Lireck und Borlin hinter dem Käfig und Agga, die sich ebenfalls die Treppe hinuntergeschlichen hatte, zwischen ihm und der Haustür. Nival ballte die Fäuste und entspannte die Hände mit größter Anstrengung wieder.
» Wir wollten ihn überrumpeln«, sagte Lireck. » Was jetzt? Können wir uns darauf verlassen, dass er uns nichts tut, wenn es hart auf hart kommt? Wie schlimm steht es um ihn?«
» Ich weiß es nicht«, seufzte Mora. » Ich will ungern euer Leben riskieren, Freunde, aber wir können ihm nicht gestatten, ins Schloss zurückzukehren. Auf gar keinen Fall. Egal, was es uns kostet. Nur noch ein paar Tage bis zum Laranstag – ich glaube, dann wird sie es ihn tun lassen. Beim Fest, wenn der Aufruhr am größten ist. Du wirst den König töten, und die Menge wird dich in der Luft zerreißen – willst du wirklich, dass es so endet?«
Agga hatte sich bereits entschieden. Er hörte ihren Atem schneller werden, bevor sie den Knüppel auf ihn heruntersausen ließ, doch Nivals Reflexe waren jahrelang erprobt. Er ließ sich fallen, tauchte unter ihrem Schlag hindurch und packte den Knüppel, während die Magd noch um ihr Gleichgewicht rang. Er stieß sie fort, schubste Kasidov zur Seite und sprang die Treppe hinauf, wobei er mehrere Stufen auf einmal nahm. Die Lampe zersprang klirrend, und sofort wurde es wieder dunkel. Hinter ihm entstand ein Tumult.
» Bist du verletzt?«
» Dieser Idiot!«, kreischte Agga. » Schnappt ihn euch!«
Nival sah sich um. Die Türen zu den Zimmern der alten Männer waren nur zu erahnen. Er riss die erste auf und stürmte ans Fenster. Natürlich wäre es kein Problem gewesen, sich den Weg unten durch seine schwachen Gegner zu bahnen, aber er war sich darüber im Klaren, dass er sie nur allzu leicht töten konnte.
Dann tu es doch. Was bilden die sich ein?
Tief aus dem brodelnden schwarzen Kessel stieg ein Gedanke auf, ein finsterer, bitterer Gedanke: Hat Mora nicht schon immer versucht, dich zu beherrschen? War sie es nicht, die dich dazu brachte, deine Aufgabe zu vergessen und ein Leben in Knechtschaft und Schmerz zu führen? Du hättest Pivellius längst töten können, du wärst schon seit Jahren wieder bei den Tensi, wenn du nicht auf ihr Gefasel von » Feindschaft begraben« und » neue Wege beschreiten« gehört hättest.
Er lehnte sich aus dem Fenster und kletterte auf das Sims. Kleine Steinchen bröckelten unter seinen Füßen und fielen auf die Straße.
Er griff nach der Regenrinne, die sich unter seinem Gewicht nach vorne bog, und kletterte rasch daran hinunter. Doch kaum hatten seine Füße die Straße berührt, umschlangen ihn zwei Arme von hinten. Arme, so stark, so unerbittlich, dass sie ihm fast den Brustkorb zerquetschten, während sie ihm seine eigenen Arme an den Körper pressten. Es konnte nur einen geben, der so viel Kraft besaß. » Rinek?«, wollte er herausbrüllen, doch noch nicht einmal dafür reichte sein Atem.
Nival versuchte, sich aus dem Griff herauszuwinden, aber es war unmöglich, er war wie in einem Schraubstock gefangen. » Oh verdammt, Rinek!«, brachte er heraus.
Ohne darüber nachzudenken, was er tat, trat er kräftig nach hinten, gegen das Bein des Angreifers.
Seine Schuhsohle traf
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