Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Festtag entehren.« Er verbeugte sich leicht und lächelte in die Gesichter der Zuschauer, die ihn entgeistert anstarrten. » In fünf Tagen, am Tag fünf des Weinmondes, werde ich Euch draußen vor der Stadt erwarten, lieber Vetter. Bringt einen Drachen mit, wenn Ihr könnt.«
Scharech-Par wandte sich um und schritt durch die Menge davon.
Jikesch wagte einen Blick nach oben – der blaugrüne Drache schwebte noch eine Weile über den Köpfen der Menge, dann segelte er lautlos davon. Wie ein Hund seinem Herrn folgt.
An Feiern war nicht mehr zu denken. Auf dem hastigen Rückweg ins Schloss schirmten die Wachen den König von allen Seiten ab. Jikesch blieb bei seinem ehemaligen Herrn, auch wenn er ungern verpasste, wie Arian mit seinen Rittern die Umgebung durchkämmte, um Scharech-Par festzunehmen.
» Das ist der Gipfel!«, schäumte Pivellius. » Wie kann er es wagen! Nie und nimmer stammt dieser Hochstapler von Laran ab. Der Held starb im Großen Krieg, er war nicht verheiratet, er hatte keine Kinder! Was erdreistet dieser Tijoaner sich!«
Jikesch hockte vor ihm auf dem Boden und schwieg.
Heute, hämmerte es immer noch in seinem Kopf. Heute ist der Tag.
Es würde keinen anderen Tag geben als diesen, und es war dringender als zuvor. Pivellius würde kein Duell mit Scharech-Par überstehen, ob mit Drache oder ohne. Aber Arian vielleicht schon.
» Nehmt«, sagte Jikesch. Er hielt dem König einen Drachenhornbecher hin. Seine Hand zitterte so sehr, dass der Wein über den Rand schwappte. » Nehmt. Es ist Zeit. Dies ist der Weg.«
Pivellius starrte ihn an. » Ich bin der König«, sagte er. » Der einzige rechtmäßige König.«
» Ja, Herr. Dies ist der Weg durch die Dunkelheit. Der Weg durchs Labyrinth. Der Weg hinaus aus der Gefahr. – Es tut mir leid«, flüsterte er, als Pivellius das Gefäß an die Lippen setzte und den Inhalt in einem Zug leerte.
» Aber es ist der einzige Weg.«
Der alte Mann begriff es nicht sofort. Er stand da, den Becher noch in der Hand, während ihm ein roter Tropfen über den Mundwinkel in den Bart lief. Dann begegneten sich ihre Augen, und Pivellius starrte den Narren an.
Es hätte der Moment seines größten Triumphs werden sollen. Für diesen Moment war der Tensi hergekommen, hatte er seine Familie aufgegeben, hatte er gelebt und gearbeitet – und trotzdem konnte Jikesch nichts fühlen, weder Freude noch Bedauern, weder Mitleid noch Angst.
» Du!«, schrie der König, streckte anklagend die Hand aus und brach zusammen.
Der Becher rollte über den glatten Marmorboden.
» Majestät!« Die Fürsten eilten zu dem Gestürzten. Jemand packte Jikesch am Arm und zerrte ihn zur Seite.
» Er ist tot! Nein!«, schrie jemand. » Oh nein, nein, nein!«
» Er wurde vergiftet!«
» Es war der Narr. Haltet den Narren!«
Jikesch versuchte nicht zu fliehen. Es musste so geschehen. Ein Schritt nach dem anderen, ein Mosaiksteinchen neben dem anderen, bis sich das Muster ergab. Er hatte getan, was Chamija von ihm wollte. Er hatte sich seinen finstersten Wunsch erfüllt, und zugleich hatte er die Rettung des Königs in die Wege geleitet. Nun musste er noch die nächsten Schritte gehen.
Sie hatten ihn in eine Zelle geschleift, unten im finstersten Verlies. Nun hockte er dort und wartete. Wie lange würde es dauern, bis sie den König in die Gruft gebettet hatten? Es musste schnell gehen, in dieser angespannten Lage wahrscheinlich noch schneller als sonst. Der Plan war eigentlich recht simpel. Sobald Jikesch erfuhr, dass die Bestattungsfeier vorbei und die Totenwache abgezogen war, würde er mit einem Draht seine Zelle öffnen und sich durch das Labyrinth der unterirdischen Tunnel und Gewölbe zur Gruft der Könige begeben. Bis dahin war der König hoffentlich aus seinem todesähnlichen Schlaf erwacht. Wenn das Gift, das Mora ihm gegeben hatte, genauso wirkte, wie es sollte, würde Pivellius drei Tage schlafen. Das war genug für die Feier und die Totenwache. Natürlich würde der König anschließend wütend sein, aber Jikesch vertraute darauf, dass er ihn dazu bringen konnte, ihm zuzuhören und mitzukommen. Durch den Gang, dem er damals als Kind gefolgt war, um seinem Gefängnis zu entrinnen, würde er den König aus dem Hügel herausführen, in Sicherheit.
Mit Mora zusammen würden sie einen Weg finden, Pivellius später die Rückkehr zu ermöglichen. Irgendwie würde es ihnen gelingen, Chamija zu bekämpfen und mit Scharech-Par fertigzuwerden. Doch selbst wenn nicht, würde der alte
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