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Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2

Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2

Titel: Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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durch einen Nebenausgang in den Schlosshof. Auch die Wächter am Tor hielten ihn nicht auf. Niemand durchsuchte ihn, und dass seine Mundwinkel nervös zuckten, erregte keinen Verdacht. Alle waren es gewöhnt, dass Nival immer etwas durcheinander und schreckhaft war.
    Wenigstens das muss ich nicht spielen, dachte er, als er den Weg hinunter ins Tal einschlug. Die Tore waren um diese Zeit meist schon geschlossen, aber die Wächter ließen ihn durch die kleine Seitentür in die Stadt. Auch sie waren es gewöhnt, regelmäßig mit Pasteten bestochen zu werden, und auch sie kamen gar nicht auf die Idee, ihn zu filzen.
    Das dicke Buch unterm Arm hastete er durch die dunkler werdenden Straßen.
    Das Alte Viertel, einer der ältesten Stadtteile, hatte früher durch besonders schöne Fassaden mit Schnitzereien im Holzwerk und Mosaiken an den Fensterrahmen Reisende aus dem ganzen Königreich angelockt. Jetzt war es ein finsterer Krater im Herzen der Stadt Lanhannat. Rußgeschwärzte Mauern neigten sich beängstigend über die schmalen Straßen und drohten jederzeit einzustürzen. An einigen Stellen musste Nival über ganze Schuttberge klettern.
    Er fluchte leise, als er mit dem Mantel an einem langen Nagel hängen blieb und der Stoff vernehmlich riss. In seinem zweiten Beruf als Geselle eines königlichen Schreibers musste er angemessen gekleidet sein, aber einen Schneider konnte er sich eigentlich nicht leisten. Er hatte darauf gehofft, dass er sein Haus noch vor dem Winter wieder herrichten lassen konnte; alle weiteren Ausgaben brachten dieses Ziel in Gefahr. Der König hatte ihm schon zu lange keine Edelsteine oder Perlen mehr geschenkt.
    Die Kurze Gasse, ehemals eine von drei Häusern umstellte Sackgasse, war jetzt zur linken Seite und nach vorne hin offen. Nur das dritte Haus stand noch. Die eingerissene Mauer im ersten Stock hatte Nival grob mit Brettern verkleidet, doch von dem einstigen Glanz des Gebäudes war nichts mehr übrig. Seit das Haus gegenüber, das seiner Tante gehört hatte, bis auf die Grundmauern abgebrannt war, ging es seinem Heim wie Mora: Es dämmerte dahin und träumte von vergangenen Tagen. Trübes Licht drang durch die Bretterritzen, zu wenig, um die Straße und die umliegenden Trümmer zu erhellen.
    Sein scharfes Gehör rettete Nival das Leben. Als es hinter ihm raschelte, warf er sich nach vorne, fing sich mit den Händen auf und wirbelte herum. Ein Krachen verriet ihm, dass der Metallstab, der nun das Steinpflaster getroffen hatte, dick genug gewesen wäre, um ihm den Schädel zu zerschmettern.
    Sie waren zu dritt. Finstere Gestalten, die in der Dunkelheit kaum auszumachen waren. Das war der zweite Fluch, der dieses Viertel heimgesucht hatte: Zusammen mit seiner Schönheit hatte es auch seine Sicherheit verloren. Keine Nachtwächter patrouillierten durch die Ruinen der vormals wohlhabenden Gegend, und kurzerhand hatten die Banden, die sich zuvor in den düsteren Vierteln der Stadt herumgetrieben hatten, ihren Wirkungsbereich ausgedehnt. Die Alte Stadt war nicht nur glanzlos und verloren, sondern mittlerweile ein gefährliches Pflaster.
    » Was hat er da unter dem Arm?«, fragte einer der Angreifer. » Was hat er da, he?«
    » Bloß ein Buch«, sagte Nival höflich. » Kann einer von euch etwa lesen? Falls nicht, kann ich es euch gerne beibringen.«
    » Ein Gelehrter, sieh an«, höhnte einer der Räuber. Er klopfte mit dem Stab auf die Pflastersteine. Funken sprühten auf. » Die verdienen doch ganz gut – oder ist das bloß ein Gerücht? So wie das Gerücht, man sollte nicht allein durch die Straßen spazieren, wenn man nicht lebensmüde ist?«
    Nival wich ein paar Schritte zurück.
    » Ich … ich habe kein Geld«, stammelte er und horchte wieder. Jemand scharrte mit den Füßen, etwas weiter rechts als zuvor. Sie versuchten, ihn einzukreisen. Das bedeutete, dass sie besser sahen als er – und was das hieß, wusste er. Nachtglanz. Natürlich war es verboten, aber was kümmerte das dieses Gesindel? Nachtglanz, in die Augen gerieben, ließ einen im Dunkeln sehen wie eine Katze. Bei Einbrechern war dieses Zeug ungeheuer beliebt; auf dem Schwarzmarkt erzielte es unglaublich hohe Preise. Wenn jemand dafür Geld ausgegeben hatte, würde er nicht ruhen, bis sich diese Investition ausgezahlt hatte.
    » Bitte«, jammerte er und setzte einen Fuß nach vorne, um besser abspringen zu können, » bitte, tut mir nichts.«
    » Du wohnst hier«, sagte der Dritte. » Dass das mit gewissen Kosten verbunden ist,

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