Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
hat man dir längst mitgeteilt, oder?«
Also waren sie hier, um ein Exempel zu statuieren. Rasch warf Nival einen Blick zum Haus hinüber, aber er konnte nicht erkennen, ob die Tür unbeschädigt war. Er konnte nur hoffen, dass sie noch nicht bei Mora gewesen waren, und dort würden sie auch nicht hingelangen – nur über seine Leiche.
Nival packte das Buch mit beiden Händen, als zwei der dunklen Schatten über die Steine stiegen und auf ihn zuschlichen.
» Entweder wir erledigen ihn, und die alte Dame bezahlt«, meinte der Vorderste, » oder wir erledigen die alte Schachtel, und er bezahlt. Was meint ihr, für welche Variante sollen wir uns entscheiden? Was sagst du dazu, Gelehrter? Gibt dein schlaues Buch dir irgendeinen Rat?«
Die Metallstange fauchte, als der Kerl sie durch die Luft schwang.
Nival presste den Ledereinband an die Lippen und küsste ihn. » Zu früh, mein Schatz«, murmelte er. Sein Herz hämmerte wie wild. Aber keinen Moment verlor er sich in der Angst. Dies war nicht sein erster Kampf, und er würde dafür sorgen, dass es auch nicht sein letzter wurde.
Als die Stange auf ihn herunterfuhr, warf er sich nach hinten. Gleichzeitig fasste er den Gurt, mit dem das Buch verschlossen war, am äußersten Ende und wirbelte es durch die Luft.
» Ha!«, rief der Bandit, der ihn fast erreicht hatte, » er versucht doch tatsächlich …«
Nival sprang nach vorn, unter der Eisenstange hindurch, die durch die Luft pfiff, und drosch dem Mann das Buch mitten ins Gesicht.
Es gab ein knackendes Geräusch, als würde eine Eierschale brechen.
Wölfisches Geheul ertönte. » Meine Nase, verdammt!«, schrie der Angreifer. » Schnappt ihn euch!«
Die schmalen Lichtstreifen, die durch die Ritzen der reparierten Haustür fielen, reichten immerhin, um Nival zu zeigen, dass der nächste Angreifer ebenfalls eine Waffe aus Metall besaß – vermutlich ein Messer. Er drehte sich um die eigene Achse, während er das Buch um sich herumfliegen ließ. Der Räuber stürmte einfach vorwärts, durchbrach die Buchbarriere und streckte die Hände nach seinem Opfer aus.
Nival ließ seine einzige Waffe fallen und warf sich wieder nach hinten, kam mit beiden Händen auf brüchigen Steinen auf und prallte gegen den dritten Banditen. Ein scharfer Schmerz durchfuhr ihn, als sie zusammen zu Boden stürzten.
Verflucht, das auch noch! Der Mann hielt ihn fest und rammte ihm das Messer noch tiefer in den Rücken.
Nival schrie und versuchte, sich aus dem Griff seines Gegners zu befreien, aber seine größte Stärke, seine Schnelligkeit, konnte er momentan nicht ausspielen. Von vorne kamen die beiden anderen über die Trümmer. Der Kerl, der ihn gepackt hielt, warf ihn jetzt zur Seite; der Schmerz, als Nival rücklings auf die Steine prallte, war so groß, dass ihm beinahe schwarz vor Augen wurde. Die grellen Farbblitze, die durch die Nacht zuckten, verwandelten sich in Lichtfunken auf Metall. Er wollte sich zur Seite rollen, lag jedoch so ungünstig zwischen den Steinen, dass er sich nicht rühren konnte. Über ihm holte der Mann mit der Eisenstange aus.
5
Ein helles gelbes Viereck ergoss sich auf die Trümmer. In der offenen Tür stand eine kleine Gestalt, dunkel vor dem Licht.
» Nival?«, fragte Mora mit zittriger Stimme, die einer viel älteren Frau zu gehören schien. » Nival, alles in Ordnung?«
Er brachte kaum mehr als ein Stöhnen heraus. » Vorsicht, Nachtglanz«, krächzte er.
Der Mann mit der Eisenstange drehte sich um.
» Wen haben wir denn da? Ein altes Mütterchen?«
Mora trat einen Schritt auf die Straße hinaus. » Oh, so alt bin ich gar nicht«, sagte sie. » Ich sehe und höre noch sehr gut. Was macht ihr da mit meinem Neffen?«
Alle drei Banditen wandten sich jetzt ihr zu.
» Die alte Schachtel spricht mit uns«, sagte einer. » Nun, dann sprechen wir doch auch mal mit ihr, was meint ihr?«
Die kleine Frau blickte den dreien ungerührt entgegen. Sie musterte den Kerl mit der beeindruckenden Waffe.
» Was ist mit deiner Nase passiert? Bist du hingefallen? Ich habe etwas dafür, wenn du mich nett bittest.«
» Ich werd dir …«, begann er, doch in diesem Moment trat Mora vor und warf ihm ein glitzerndes Pulver ins Gesicht. » Caness«, zischte sie. Der Mann schlug die Hände vor die Augen und taumelte zurück.
» Was …«, rief einer der Angreifer, doch jetzt bewarf sie auch die beiden anderen. » Caness! Caness! Quiria Beh! Beh!« Sie band ihre Schürze ab und schlug damit nach den Räubern, die
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