Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
bewusst, dass sie etwas zu lange brauchte, um sich von seiner Narbenfreiheit zu überzeugen, und hastig zog sie die Hand zurück. Nival hatte vor Verlegenheit rote Wangen bekommen.
» Macht sich denn keiner darüber Gedanken?«, fragte sie. » Das muss doch jemandem auffallen.«
» Mein Kragen verdeckt die Stelle.«
» Und wenn du Jikesch bist?«
» Der König ist daran gewöhnt, dass ich sehr schnell genese. Ich glaube, er hält mich nicht für einen richtigen Menschen. Auf die Idee, dass Magie im Spiel sein könnte, ist er zum Glück noch nicht gekommen.«
» Das ist vielleicht nur eine Frage der Zeit.«
» Genau darüber muss ich mit dir reden.« Nival fuhr sich wieder durch die Haare, wie eine Katze, die sich vor lauter Verlegenheit zu putzen beginnt.
» Als ihr eingetroffen seid, galt alle Aufmerksamkeit dem Prinzen. Aber was ist mit den beiden Rittern, mit den Leuten in Quintan? Hat jemand gesehen, wie schwer du verletzt warst?«
» Ja«, antwortete sie. » Arian weiß es. Und er hat mit den anderen darüber gesprochen, ob ich die Reise überhaupt antreten kann.«
» Verdammt.« Nival sprang auf und wanderte unruhig durch die kleine Kammer. » Das ist übel, ganz übel.«
» Weil es den anderen auffallen könnte?« Jetzt begriff sie, warum er sich dafür entschuldigt hatte, dass er ohne ihr Einverständnis mit der magischen Behandlung begonnen hatte. Eine so rasche Genesung war verdächtig und konnte bedeuten, dass sie das Schloss und vielleicht sogar die Stadt verlassen musste.
» Wenn du dich zurückziehst, für eine Weile«, sagte Nival, » und wenn du die Behandlung jetzt abbrichst, werden sie sehen, was sie erwarten: eine vernarbte Stelle.«
» Wie Okanion? Tut mir leid, Nival, aber ich habe nicht vor, wie er auszusehen. Glaubst du wirklich, dass ich so bleiben will?«
Er sprach weiter, als hätte er ihren Einwand nicht gehört. » Es wird ihnen nicht einmal auffallen, wie schnell die Heilung geschieht. Aber du dürftest dich vorerst nirgends blicken lassen.«
Sie berührte vorsichtig ihren Nacken. Ihre Finger wollten unablässig über die Stelle streichen, um sich an das zerstörte Gewebe zu gewöhnen.
» Nein«, widersprach sie, » ich will die Behandlung nicht abbrechen. Ich möchte, dass es heilt. Richtig heilt.«
Nival seufzte. » Dann musst du gehen. Es tut mir leid. – Du solltest sowieso lieber von hier verschwinden«, fügte er leiser hinzu, als wüsste er etwas, das er ihr verschwieg.
Linn schüttelte den Kopf. » Was soll das, fängst du schon wieder damit an? Ich brauche die Garde! Ich habe es nicht geschafft, allein mit dem Drachen fertigzuwerden. Mein Schwert hat versagt. Wenn Arian ihn nicht getötet hätte …« Sie runzelte die Stirn. » Wie geht es ihm überhaupt?«
» Schlecht.«
» Wie schlecht?«
» Der König war in der Gruft«, berichtete Nival leise. » Unten im Keller, in der Gruft der Erben Brahans. Er lässt die Kammer schmücken, in der sein Sohn beigesetzt werden soll. Die Tischler arbeiten schon am Sarg. Kunstvoll soll er aussehen, denn sie werden den Prinzen durch die ganze Stadt tragen, die große Runde, wie es einem Drachentöter zusteht.«
Linns Hand schloss sich um das Töpfchen mit der Salbe. Nival folgte der Bewegung mit den Augen.
» Vergiss es«, sagte er. » Zehn Ärzte hocken an seinem Bett wie die Geier. Du kannst Arian nicht magisch behandeln.«
» Warum nicht? Nival, wir haben hier ein Heilmittel, das die schlimmsten Brandwunden schließen kann! Warum sollten wir ihn nicht retten können? Solange er noch atmet, ist er nicht verloren!«
» Er ist der Prinz.«
» Wie, er ist der Prinz? Du willst ihn nicht retten, weil er der Prinz ist?«
» Du kennst Pivellius nicht«, sagte Nival leise. » Glaubst du, er würde es dir danken? Er würde dich dem Henker ausliefern, ohne mit der Wimper zu zucken.«
» Aber wenn wir seinen einzigen Sohn retten? Hast du dann nicht endlich erreicht, wofür du die ganze Maskerade hier aufführst? Dass der König einsieht, wie nützlich Magie sein kann?«
» Er ist noch nicht so weit«, sagte Nival. » Außerdem, wenn sie merkt, dass hier jemand über Zaubermittel verfügt …«
» Wer, sie?«
Sein Blick wurde unruhig.
» Chamija«, flüsterte er, als wäre dieser Name ein unaussprechliches Geheimnis.
Linn konnte ihre Belustigung kaum verbergen. » Ach, Chamija. Sie weiß durchaus, dass hier noch der eine oder andere Zauber geschieht. Glaubst du, es interessiert sie? In Tijoa ist Zauberei alltäglich und
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