Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
angesehen. Sogar König Scharech-Par ist ein Zauberer.«
Nival schwieg eine Weile. » Hüte dich vor ihr.«
Vielleicht war es ein Fehler gewesen, seine Gegenwart zu meiden. Denn sobald er anwesend war, zerplatzten alle Träume, und zurück blieb nichts als Ärger. Eine bessere Heilmethode gegen unerwünschte Gefühle konnte es nicht geben. » Oh Nival, bei allen Göttern, lass das! Ich weiß, dass sie aus Tijoa ist, mir ist durchaus klar, dass sie genauso gut eine Spionin sein könnte wie eine gestrandete Schreiberin. Ich bin nicht so dumm, wie du glaubst. Aber ich finde auch, dass sie eine Chance verdient hat, immerhin sitzt sie tatsächlich ohne ihr Verschulden hier fest.«
» Und wenn sie gar nicht ist, was sie scheint?«
Er konnte es nicht lassen. Geheimnisse waren sein Leben, aber Linn war nicht bereit mitzuspielen. » Hör auf, in Rätseln zu sprechen. Was wirfst du ihr vor?«
Er antwortete nicht. Zweimal öffnete er den Mund und schloss ihn wieder. Sein Gesicht verdüsterte sich, und etwas Dunkles trat in seine Augen. Angst?
» Wenn du nichts zu sagen hast, dann lass es. Mir scheint, hier denken sowieso zu viele Männer über Chamija nach. Es gibt jetzt Wichtigeres. Was ist mit dem Prinzen? Wir müssen ihm helfen, Nival, wir müssen für ihn tun, was wir können.«
» Nein«, wiederholte er. » Du solltest nicht einmal daran denken. Der König will es nicht, und Arian würde es auch nicht wollen. Für einen wie ihn würdest du alles riskieren – dein Leben und meins und das von Mora? Das Leben aller Zauberer, die sich noch in dieser Stadt verstecken?«
» Für einen wie ihn«, wiederholte Linn bitter. » Das meinst du ernst? Dass es sich nicht lohnt – für einen wie ihn?«
» Genau das meine ich«, sagte Nival steif. » Er liegt im Sterben. Das ist der Lauf der Dinge. Wenn der König die Magier als seine Feinde betrachtet, dann hat er dieses Schicksal selbst gewählt.«
» Du würdest nicht kämpfen? Du würdest nicht riskieren, dass er seine Meinung ändert, wenn wir jetzt seinem Sohn helfen?«
Nival seufzte. » Lass es gut sein, Linnia. Ich kenne Pivellius besser als du. Die Frage ist, was machen wir jetzt mit dir? Wie schaffen wir dich aus dem Schloss?«
Sie vermochte es immer noch nicht zu fassen, wie Nival Arians Tod einfach so hinnehmen konnte. Natürlich war es riskant, ihm zu helfen, aber wenn man die Macht hatte, sein Schicksal zu wenden, durfte man doch nicht aus Feigheit darauf verzichten!
Das Gefühl von Innigkeit und Nähe war wie weggewischt. So kühl war er, so berechnend. Ein Lügner und Schauspieler. Nur seine Unsicherheit war nicht gespielt – die Feigheit war echt.
» Ich bleibe hier«, beharrte Linn. » Ich möchte, dass keine einzige Narbe zurückbleibt. Wenn ich ein Halstuch trage, wird man nichts sehen. Gunya und Dorwit werden glauben, dass ich es trage, um die hässlichen Wunden zu verdecken. Und wenn meine Haare erst wieder lang genug sind, werden sie sowieso nichts bemerken. Ich werde in Zukunft auf einen Zopf verzichten und sie offen tragen.«
Nival nickte langsam. » Bleibt nur noch die schnelle Heilung – auch das wirft Fragen auf.«
» Dann warte ich eben noch ein paar Tage, bevor ich mich wieder in der Öffentlichkeit zeige. Wenn wir eine Erklärung hätten für die Garde … hat mich eigentlich noch keiner vermisst?«
» Ich habe Gerüchte gestreut«, gab Nival zu. » Ein paar Leute haben dich angeblich gesehen, wie du in die Stadt gegangen bist, um dich von deiner Bekannten pflegen zu lassen. Mora wird schon etwas einfallen, um etwaige Besucher abzuwimmeln.«
» Niemand wird mich besuchen«, murmelte Linn. » Ich habe hier keine Freunde. Außer Chamija.«
Er erschrak sichtlich. » Das geht auf keinen Fall. Sie darf nicht runter zu uns in die Stadt kommen! – Nein, Linnia, du solltest dich lieber als Dienstmagd verkleiden, dann könntest du heute Abend mit mir zusammen das Schloss verlassen.«
Was war nur mit ihm los? Er war noch nervöser als sonst und schrak bei jedem Wort zusammen.
» Nein!« Sie dämpfte rasch die Stimme. » Nein, ich bleibe hier. So kräftig bin ich dann doch nicht, dass ich den weiten Marsch in die Stadt jetzt schon auf mich nehmen möchte. Etwas zu essen wäre mir dagegen schon recht.«
» Oh, wie rücksichtslos von mir!« Nival eilte an den Schrank und holte ein Bündel heraus, dessen Inhalt er auf dem Tisch ausbreitete. » Der König hat heute fast nichts gegessen … ich habe dir etwas mitgebracht.«
Er beobachtete sie,
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