Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
kaum verhungern lassen.«
» Vielleicht doch. Oder sie verlangen auch für ihre Gastfreundschaft Bezahlung, und was haben wir noch anzubieten? Gar nichts.«
» He«, rief Arian dazwischen, » sprecht ihr jetzt nicht mehr mit mir?«
» Gib den Mut nicht auf.« Nival legte die Arme um sie und sagte es noch einmal: » Gib nicht auf, Linnia. Wir sind noch lange nicht am Ende.« Mit einem Seufzer wandte er sich an den Prinzen: » Ja, ich war einer der Schreiber, ein Geselle von Findun. Und? Die Gerüchte über meinen Tod waren übertrieben, wie Ihr seht.«
Sie verbrachten die Nacht auf der dünnen Matte, die die vom Sumpf aufsteigende Feuchtigkeit nicht abhalten konnte, nah beieinander, und in Nivals Umarmung fühlte Linn sich getröstet. Sie wagte sogar zu schlafen, obwohl es schwer war, sich fallenzulassen, nachdem sie in den vergangenen Nächten immerzu hatten fürchten müssen, in den Sumpf zu stürzen. Arian lehnte an der Wand, und als ein lauter Ruf sie weckte, sah er so müde aus, wie sie sich fühlte, dunkle Ringe unter den Augen.
Es war mitten in der Nacht. Schlaftrunken schälte sie sich aus Nivals Umarmung. Vor ihnen stand der Fremde, in der Hand hielt er die Maske. Aufgeregt rief er etwas. Hinter ihm drängten sich die übrigen Hausbewohner – die beiden Floßführer und die Frau.
Nival richtete sich auf und antwortete, zu Linns Erstaunen nicht in derselben Sprache, die er am Abend benutzt hatte, sondern mit Silben, die ihr vertraut waren, leise zischend. Die Sprache der Drachen.
Die Reaktion der Einheimischen war überwältigend. Sie beugten die Knie, senkten demütig die Köpfe, und gleich darauf begannen die Annehmlichkeiten der Gastfreundschaft, die Linn so vermisst hatte: Da wurden zwei große Zuber herangeschleppt und mittels einer raffinierten Rohrleitung mit Wasser gefüllt – warmem, zwar nicht klarem, aber auch nicht übelriechendem Wasser –, irgendetwas wurde gebrutzelt und verströmte einen unbekannten, nichtsdestotrotz köstlichen Duft.
» Was ist denn jetzt los?«, fragte Arian verblüfft. » Ist ihnen auf einmal klar geworden, wer ich bin?«
» Ich glaube kaum.« Linn war jetzt hellwach und beobachtete recht verdutzt das eifrige Treiben.
Die Frau gab dem Mädchen zu verstehen, sie sollte die Kleider ausziehen, damit sie sie waschen und ausbessern könne. Zu ihrer Erleichterung wurde Arian aus dem Raum geführt; ein Plätschern verriet ihr, dass er im Nebenzimmer sein eigenes Bad bekam.
Wohlig räkelte sie sich in dem warmen Wasser. » Was hast du ihnen denn bloß gesagt?«
Nival, der es sich in seiner Wanne gut gehen ließ, wirkte ebenso verblüfft wie sie.
»› Die Stimme des Drachen! ‹ , hat der Kerl gerufen, mehr nicht, und ich habe bloß geantwortet: › Deshalb weckt Ihr uns? ‹ , und dann sind sie alle durchgedreht und wurden auf einmal so … so ehrfürchtig. Verstehst du, was hier vor sich geht?«
» Der Mann hat wohl die Maske aufgesetzt«, überlegte Linn. » Er hat sofort erkannt, dass die Stimme einem Drachen gehört.«
» Ich war bloß empört, weil sie uns mitten in der Nacht geweckt haben, und dann noch wegen so etwas. Sind sie etwa keine magischen Masken gewöhnt?«
» Ich wusste ja, dass du viele Sprachen beherrschst, aber seit wann gehört die Sprache der Drachen dazu?«
» Wieso? Sie sprechen Lonarisch, das sagte ich dir doch bereits. Der Ruf in der Maske wird wohl von jedem verstanden.«
Linn rubbelte sich den aufgeweichten Schlamm von der Haut. Wolken von Schaum verdeckten ihren Körper; auch von Nival war außer dem Kopf nichts zu sehen. Gerade tauchte er unter, um sich die Haare zu waschen. Linn musste warten, bis er wieder zum Vorschein kam.
» Ihr habt nicht Lonarisch gesprochen. Vorhin klang das ganz anders. Ich konnte mal ein bisschen zaubern, Nival, vergiss das nicht.«
Er stutzte. » Ich habe einfach geantwortet. Mir ist dabei gar nicht aufgefallen, dass wir in eine andere Sprache verfallen sind. Ob sie wohl auch zaubern können?«
» Frag sie lieber, warum sie auf einmal so freundlich zu uns sind.«
Linn stieg aus dem Zuber und wickelte sich in das bereitliegende Tuch, das überraschend dick und weich war. Sie konnte Nivals Blick auf sich spüren, während sie ihm den Rücken zudrehte und sich nach etwas zum Anziehen umschaute – ihre eigenen schmutzigen Kleider waren verschwunden, also musste sie sich wohl mit dem großen Tuch begnügen, bis sie ihre Tunika zurückbekam.
» Komm her«, flüsterte Nival. » Oh bei Barradas, bist du
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