Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
an, wobei sie vorgab, Sion, die neben ihm saß, nicht zu bemerken. » Es war kein Problem, eine Anstellung als Dienstmädchen im Schloss zu ergattern«, verkündete die junge Frau stolz. » Obwohl Scharech-Par ständig darauf herumreitet, dass er Larans wahrer Erbe ist, sind nicht alle davon begeistert, einem Tijoaner zu dienen, erst recht nicht nach den jüngsten Geschehnissen im Hof.«
» Ha!«, sagte eine Stimme irgendwo hinter Rinek, dort, wo ein anscheinend leerer Stuhl aufgestellt worden war.
» Vielen bleibt allerdings nichts anderes übrig, als im Schloss zu arbeiten, denn in der Stadt geht alles drunter und drüber. Die Aufbauarbeiten kommen nicht voran, weil so viele Menschen geflohen sind, aber die Drachen treiben zurück in die Stadt, wen immer sie erwischen, und dazu gesellen sich noch die Flüchtlinge aus dem Gebirge und aus den umliegenden Städten. Das macht es nicht besser, denn die Neuen nisten sich in den Ruinen ein, anstatt dass sie damit beginnen, irgendetwas aufzubauen. Wenigstens sind die meisten Feuer inzwischen gelöscht.« Sie seufzte. » Und ich habe noch schlimmere Nachrichten.«
» Welche?«, fragten Rinek und der König gleichzeitig.
Es war noch immer nicht ganz klar, wer das Kommando innehatte. Pivellius beharrte darauf, der Herrscher dieser Stadt zu sein, doch den Befehlen eines Unsichtbaren Folge zu leisten fiel ihnen allen schwer, und nicht nur Agga erstattete lieber Rinek Bericht als dem leeren Stuhl.
» Tijoanische Soldaten treffen nach und nach in der Stadt ein.«
Rinek schlug die Hand vor die Stirn. » Das wäre auch zu schön gewesen, wenn wir nur Drachen und Zauberer gegen uns hätten. Soldaten, natürlich, sonst könnte er die Stadt nicht halten. Wo kommen sie bloß so schnell her?«
» Aus Yan«, antwortete Sion. » Von der Grenze ist es nicht so weit bis nach Lanhannat.«
» Natürlich«, murmelte der König trostlos. » Das musste ja geschehen. Während sich unsere Truppen irgendwo in der Ebene befinden. Ist überhaupt noch jemand von meinen Soldaten am Leben?«
» Die Drachen hindern sie daran, nach Schenn zurückzukehren«, erklärte Sion. » Aber wir haben sie nicht alle massakriert.«
» Wir?«
Dazu schwieg die Drachenfrau, und Rinek lenkte schnell ab, bevor Pivellius weiter nachhaken konnte.
» Also müssen wir einen guten Plan entwickeln, wie wir die Soldaten aus der Stadt und die Zauberer aus dem Schloss werfen. Sagt nicht, das sei unmöglich.« Rinek hatte noch keinen blassen Schimmer, wie er dieses Ziel erreichen konnte, aber schwierigen Herausforderungen konnte er nun mal nicht widerstehen. » Wir haben hier den rechtmäßigen König, ein paar alte Krieger, mich mit meinem, äh, Holzbein, und wir haben Informationen von der Gegenseite …«
» Ich bin keine Verräterin!«, fauchte Sion. » Ich bin …«
Alle sahen sie erwartungsvoll an.
» Ja?«, fragte Lireck.
» Das würde ich auch gerne wissen«, murmelte Agga.
» Seine, ähm … Getreue?« Sion suchte so krampfhaft nach einem passenden Wort, das sie nicht vollends blamierte, dass Rinek ein Grinsen unterdrücken musste. Ein wenig Unsicherheit stand ihr gut, weckte in Rinek die Hoffnung, sie könnte vielleicht auch anschmiegsam und zärtlich sein. Er konnte die Augen nicht von ihr abwenden, als sie ihr glitzerndes Haar zurückwarf.
» Getreue?«, wiederholte Agga skeptisch.
» Ein Plan«, erinnerte Rinek rasch. » Wo setzen wir an? Wir brauchen zuerst mehr Informationen. Wie viele Soldaten in der Stadt sind, wie Scharech-Par sie einsetzen will. Hat er vor, sie die Stadt wieder aufbauen zu lassen, um sich beliebt zu machen, oder werden sie alles plündern? Wie will er die Flüchtlinge versorgen? Oder kümmert ihn dieses Problem gar nicht erst? Wie will er für Ruhe sorgen? Als Dienstmädchen kannst du vielleicht dabei sein, wenn Scharech-Par mit seinen Untergebenen spricht, aber wenn du dich bei allen wichtigen Gesprächen vordrängelst, wird das bald auffallen.« Er wandte sich zu dem leeren Stuhl um. » Majestät? Agga wird schon genug damit zu tun haben, uns mit Nahrungsmitteln zu versorgen – es sei denn, jeder hier ist auf Dauer mit Fisch zufrieden. Ihr wärt der ideale Spion.«
Eine Pause trat ein, während die Anwesenden auf die Reaktion des Königs warteten.
» Hm«, machte Pivellius schließlich.
Rinek beschloss, sich nicht allzu lange mit den Empfindlichkeiten eines Herrschers abzugeben. » Sobald wir mehr wissen, stricken wir uns einen Plan zurecht. Eins noch, mein König.
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