Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
Erliegt nicht der Versuchung, Euch an Scharech-Par oder die Zauberin heranzuschleichen und einen von ihnen umzubringen. Magier sind stets geschützt, und der Tijoaner war schon einmal tot und ist wieder auferstanden, als wenn nichts wäre. Damit würdet Ihr nur Eure Anwesenheit enthüllen, dabei ist Eure Unsichtbarkeit im Moment die beste Waffe, die wir besitzen.«
Ein Scharren auf dem Boden verriet, dass Pivellius aufgestanden war.
» Bitte seid leise. Man kann Euch zwar nicht sehen, dafür aber hören.«
» Ich bekomme das schon hin«, knurrte der König. » Wenn ich will, bin ich leiser als ein Geist. Macht Euch da nur keine Sorgen.«
» Während Ihr oben das Schloss auskundschaftet, werden wir uns im Labyrinth weiter umsehen. Es gibt doch Gefangene hier unten? Jeder Verbündete, den wir gewinnen, kann uns weiterbringen.«
» Ich erlaube nicht, dass verurteilte Verbrecher entlassen werden!«, rief Pivellius.
» Das müssen wir aber«, sagte Rinek. » Wer wird sie versorgen, wenn sie in ihren Zellen bleiben? Wir sind schon eine ganze Weile hier, und bisher ist mir nicht aufgefallen, dass jemand Wasser und Nahrungsmittel verteilt. Wenn wir sie nicht rauslassen, werden sie verhungern und verdursten.«
» Die meisten Kerker sind feucht genug. Die verdursten schon nicht.«
» Wir lassen sie raus und stellen ihnen frei, sich uns anzuschließen«, sagte Rinek, ohne auf den Einwand zu achten. » Solange ich hier das Sagen habe, erlaube ich nicht, dass Gefangene ums Leben kommen.«
» Äh, und wenn sie gefährlich sind?«, fragte Agga zaghaft.
» Ich glaube kaum, dass sie gefährlicher sind als ich. – Bleibt hier«, befahl er den Alten. » Bereitet Lagerplätze für weitere Verbündete vor. Ganz in der Nähe ist eine schöne, geräumige Höhle, in der Chamija noch vor kurzem einen Drachen gefangen gehalten hat. Wenn ich mich recht erinnere, war sie angenehm trocken. Agga, wenn du ein paar Decken aus dem Schloss stehlen könntest, würde uns das wirklich weiterhelfen. Sion, du kommst mit mir.«
Ob der König sich an die Arbeit machte, konnte Rinek nicht überprüfen, aber die anderen schwärmten folgsam aus.
Die Drachenfrau seufzte. » Das ist nicht dein Ernst, oder? Mit diesen Greisen und einem Dienstmädchen willst du einen Krieg führen? Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du verrückt bist?«
» Mehr als einmal«, gab er zu.
» Der König hat recht. Du könntest schlimme Wesen auf die Menschen dort draußen loslassen. Sind die Lanhannater nicht gebeutelt genug?«
Rinek antwortete nicht. Hier brannten Fackeln an den Wänden – jemand kümmerte sich also um diesen Bereich des Labyrinths. Er sprang leichtfüßig eine Treppe hinauf, für die er früher dreimal so lange gebraucht hätte, und fing an, alle Türen aufzureißen, die auf den Gang führten. Hinter den meisten befand sich altes Gerümpel oder gähnende Leere, aber hin und wieder lohnte es sich.
» Ein Weinkeller, wie nett.«
» Du siehst nicht aus wie ein Trinker.«
» Bin ich auch nicht. Aber das kann nützlich sein, wenn wir in Feierlaune sind. Und hier, das finde ich ebenfalls nicht übel. Was wohl in den Kisten ist?«
» Das ist kein Geist.«
Rinek drehte sich um. Auf der Schwelle, den Weg nach draußen versperrend, hatten sich drei Männer aufgebaut, die zerrissene Uniformen der königlichen Wache trugen.
» Nein«, sagte ein anderer. » Nach einem Geist sieht das nicht aus. Eher nach einem Plünderer.«
» Wie viele von euch gibt es hier unten?«, fragte Rinek.
» Das wüsstest du wohl gerne.« Der eine schwang einen Knüppel. » Genug, um alle Eindringlinge davon abzuhalten, sich hier breitzumachen.«
» Ihr lebt hier? Also zündet ihr die Fackeln in den Gängen an?«
» Um die Geister abzuschrecken«, erklärte der Mann und beäugte Rinek misstrauisch.
Ihm war klar, dass er in seiner abgerissenen Kleidung wie ein Bettler aussah. Sion trat aus dem Schatten, wo sie die Kisten untersucht hatte; erschrocken fuhren die drei zurück, dann erkannten sie, dass es sich nur um eine Frau handelte. Rinek zweifelte nicht daran, dass seine Begleiterin auch in dieser Gestalt mit ihnen allen fertig werden würde, aber er wollte keinen Kampf. Er brauchte Krieger.
» Ihr könnt euch uns anschließen«, sagte er. » Wir sind unterwegs zu den Gefangenen, um sie freizulassen. Wer nicht bleiben und sich meinem Kommando unterstellen will, den werden wir aus diesem Labyrinth entfernen. Das gilt auch für euch.«
» Was bildet der Kerl sich ein?
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