Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
Kammer zurück, bevor unsere Tarnung auffliegt. Morgen stehen uns wichtige Gespräche bevor.«
» Den Drachen anschreien«, murmelte Arian höhnisch. » Ja, in der Tat, wie kann ich es nur wagen. Was glauben diese verrückten Felsleute, dass Drachen von Zauberern in Menschen verwandelt werden können? Wie unsinnig ist das denn? Das ist noch unglaublicher, als dass irgendein Mensch sich zum Diener eines Drachen machen lässt.«
» Scharech-Par ist ein Drache«, sagte Linn. » Das hast du doch mitbekommen.«
Der Prinz lächelte noch ein wenig breiter, als hätte er es mit Kindern zu tun, die ein bisschen begriffsstutzig waren. » Ihr seid verrückt«, sagte er. » Ihr alle. Es ist ansteckend, Linnia. Ich sollte dich einfach packen und mitnehmen. Schließlich ist es meine Pflicht, auf dich aufzupassen.«
» Raus hier«, sagte Nival mit Autorität, und zu Linns Erstaunen gab Arian nach und verschwand durch dieselbe Tür, durch die er eingetreten war.
» Es war ein Fehler, ihn mitkommen zu lassen. Ich traue ihm nicht. Leider tut er nichts, um sich bei uns beliebt zu machen.« Er zögerte. » Ich sollte mich inzwischen an seine Anwesenheit gewöhnt haben, aber jetzt erst merke ich, wie gut ich mich gefühlt habe, als er weg war.«
» Ja«, sagte sie. » Ich weiß. Doch nun sind nur wir beide hier.«
Sie wollte ihn küssen, aber Nival drehte das Gesicht weg. » Ich kann nicht.« Er sprach so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte, und der Zauber in seiner Stimme war plötzlich verschwunden.
Endlich haben wir ein Bett, dachte sie, ein richtiges Bett, und Arian schläft nebenan. Sie wollte sich nicht erlauben, enttäuscht zu sein, denn auf einmal war er wieder der scheue Nival, der Mann, der verschwinden würde, wenn sie ihn festhielt.
» Wegen Arian.« Es war eine Feststellung, keine Frage. Die Nähe des Prinzen machte ihn wieder zu einem Fremden, der unter ihrer Berührung erschauerte, zu jenem Mann, den sie gerettet hatte und der deshalb so fremd war, dass sie nicht wusste, ob sie diese Hürde jemals würde überwinden können.
Nival schwieg, und sie wusste, dass ein einziges falsches Wort ihn aus dem Zimmer treiben konnte.
» Weißt du noch«, flüsterte sie, » als wir auf unser Du getrunken haben?«
» Ja.« Endlich wieder ein kleines Lächeln in seiner Stimme. » Wie könnte ich jene Nacht jemals vergessen.«
» Komm«, flüsterte sie. » Ich erwarte nichts. Nur dass du bei mir bist. Sonst nichts.« Nur dass du vergisst, dass Arian dort hinter der Wand ist, vielleicht mit einem Ohr an der Tür … Dass du ihn vergisst, nicht, dass du ihm vergibst. Hab keine Angst, wollte sie sagen, wie zu einem scheuen Tier, das zitternd nach einem Ausweg Ausschau hielt, aber auch das wäre eine Demütigung gewesen, die sie ihm nicht antun konnte.
Sie legte sich neben ihn auf die weichen Kissen und lehnte die Wange an seine Schulter.
Wirst du mir jemals verzeihen, was ich für dich getan habe?, dachte sie, und auf einmal war sie fast froh über seinen Schmerz, denn wenn sie ihn doch nicht vollständig geheilt hatte, wenn diese dunklen Türen in seiner Seele sich manchmal öffneten und alles verdarben, wenn er dagegen ankämpfen musste, alleine, ohne dass sie ihm dabei helfen durfte – dann war alles, was er daraus machte, seine eigene Entscheidung, etwas, das er nicht ihr verdankte. Vielleicht hatte ihre Liebe ja doch eine Chance.
Sie erwachten Seite an Seite. Linn streckte sich gähnend und betrachtete Nival, bevor er die Augen aufschlug. Keine einzige Narbe verunstaltete seine Wangen. Das blonde Haar lag federleicht über seinen Lidern, und wieder kam er ihr vor wie ein Vogel, der gleich aus dem Fenster fliegen könnte – kein Geier, sondern vielleicht eine Affendrossel, die schelmisch flötete und dann in die Wolken stieg. Wolken, in denen es vor Drachen wimmelte. Wie konnte man einen anderen Menschen nur so sehr lieben? Und es gleichzeitig aushalten, diese Liebe an die Kette zu legen? Die Hände auszustrecken und ihn nie festzuhalten? Er kam ihr vor wie ein Tag im Sommer, hell und voller Gesang, der vorüber war, ohne dass man nach ihm greifen konnte.
Nival blinzelte. » Guten Morgen, schöne Frau«, sagte er schläfrig.
Sie versuchte, seine Stimmung einzuschätzen. Waren die düsteren Schatten verflogen? Konnte sie offen mit ihm reden?
» Willst du in meinen Kopf hineinschauen und meine Gedanken lesen?«, fragte er munter. » Das würde nichts nützen. Ich denke Lonarisch. Ich denke Drachisch. Ich denke
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